Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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Für den Bruchteil von Sekunden lag blendende Helle über der Stadt, und Mrothyr sah Doyrirkhra.

      Der Wonko-Priester stand etwa hundert Meter von ihm entfernt vor einem flachen Gebäude. Er hielt die Waffe in der Hand. Nach vorn gebeugt spähte er zu einer Gruppe von Evutuumern hinüber, die sich in der Nähe des Tempels versammelt hatten.

      Mrothyr richtete sich unwillkürlich auf. Der Schlag seines Herzens beschleunigte sich.

      Doyrirkhra hat versucht, dich zu töten, schrie es in ihm.

      Alles in ihm sträubte sich gegen den Gedanken, dass der Mann, den er für einen Freund gehalten hatte, so etwas getan haben sollte. Doch es war keine andere Schlussfolgerung möglich.

      Er will sich als Gott etablieren, dachte Mrothyr. Und er glaubt, das nur mit dem Kombitraf tun zu können, mit der neuen Technik, mit der er die Evutuumer beeindrucken will. Was für ein Narr er doch ist. Er begreift nicht, dass da ein anderer ist, der mächtiger ist als wir. Er hat uns gerettet, weil er ganz bestimmte Pläne mit uns hat, und er wird nicht dulden, dass wir unsere eigenen Wege gehen.

      Wieder blitzte es auf. Dieses Mal feuerte Doyrirkhra mit dem Desintegratorstrahler. Das grüne Licht war so hell, dass Mrothyr sehen konnte, wie drei evutuumische Männer unter der Einwirkung des Energiefeuers zusammenbrachen.

      Er stand auf.

      »Hör auf damit«, brüllte er in die Nacht hinaus. »Doyrirkhra, du darfst sie nicht töten.«

      Er beugte sich nach vorn und horchte, doch er vernahm nur den eintönig rauschenden Regen. Die Stadt schien wie ausgestorben zu sein, doch er wusste, dass sie es nicht war. Irgendwo lauerte der Wonko darauf, ihn töten zu können.

      Mrothyr glitt von dem Dach herunter und eilte durch die Dunkelheit. Das Wasser spritzte unter seinen Füßen hoch, bis er sich dessen bewusst wurde, dass er zu laut war. Er blieb stehen, und jetzt hörte er die Schritte eines anderen. Er wartete eine Weile und ging dann langsam und vorsichtig weiter.

      Allmählich wurde es heller, und er konnte die Konturen der Häuser erkennen. Unmittelbar vor einem Haus lag ein toter Evutuumer auf dem Bauch. Das Geweih ragte steil und mit spitzen Hörnern von seinem Rücken in die Höhe. Mrothyr schob sich an ihm vorbei zu dem Haus hin, schnellte sich in die Höhe, packte die Dachkante und zog sich hinauf, um sich flach auf das Dach zu legen. Dann wartete er. Etwa eine halbe Stunde verstrich, und es wurde immer heller.

      Plötzlich hörte er ein Geräusch hinter sich. Er fuhr herum und sah, dass Doyrirkhra sich auf das Dach hangelte. Der Wonko hielt die Waffe in der Hand. Mrothyr zögerte keinen Moment. Er wusste, dass er den anderen nicht angreifen konnte, ohne in das Energiefeuer zu laufen. Ihm blieb unter den gegebenen Umständen nur die Flucht.

      Er drehte sich zur Seite und ließ sich über die Dachkante kippen. Im Fallen sah er den toten Evutuumer, und er warf sich zur Seite. Er landete dicht neben dem Toten im Schlamm und schnellte sich sofort zur Hausmauer hinüber.

      Über ihm ertönte ein triumphierendes Lachen.

      »Du wirst mich nicht daran hindern, ein Gott zu sein«, schrie Doyrirkhra in den Regen hinaus, und seine Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er den Verstand verloren hatte.

      Es war der Sturz vom Turm, erfasste Mrothyr. Das war zuviel für ihn. Der Schock war zu groß. Sein Geist hat sich verwirrt.

      Doyrirkhra glaubte offenbar, dass er vor ihm im Schlamm lag. Er stürzte sich mit einem wilden Schrei vom Dach herunter auf die Gestalt, die mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf dem Boden ruhte. Der Freiheitskämpfer hörte, wie er aufprallte. Dann war es still.

      Langsam drehte er den Kopf zur Seite.

      »Ihr Götter, habt Erbarmen mit ihm«, flüsterte er.

      Doyrirkhra war dem toten Evutuumer auf den Rücken gesprungen, direkt in die Hörner des Geweihs hinein. Sie hatten ihn wie Dolche durchbohrt.

      7.

      Als Mrothyr sich aus dem Schlamm erhob, sah er zahlreiche Gestalten, die durch den Regen herankamen. Sie waren überall, und sie rückten ihm näher und näher.

      Kurz entschlossen beugte er sich über den toten Wonko und nahm diesem den Kombitraf aus den Fingern, doch er erkannte sofort, dass ihm die Waffe nichts mehr nützen würde. Ein rotes Licht zeigte an, dass die Batterie entladen war. Er konnte keinen einzigen Schuss mehr daraus abfeuern.

      Zwei Tentakel legten sich um seine Arme und zogen ihn von den Toten weg. Sie drückten ihn an die Mauer des Hauses.

      »Ihr habt die Stadt der Toten geschändet«, sagte einer der Evutuumer. Er war ein alter Mann, der als einziger von allen einen kräftigen Kinnbart hatte. Seine beiden Nasenrücken waren mit schwarzer Farbe beschmiert. »Dafür seid ihr des Todes.«

      »Ich habe versucht, eben das zu verhindern«, erwiderte Mrothyr. »Aber er hat den Verstand verloren. Er wollte hierbleiben, und als ich mich dagegen aussprach, hat er versucht, mich zu töten.«

      »Wir werden nicht darüber reden«, erklärte der Bärtige. »Niemand hat dir erlaubt, dich in dieser Stadt aufzuhalten. Für das, was du getan hast, gibt es nur eine Strafe. Den Tod.«

      Mrothyr schüttelte wütend den Kopf.

      »Macht euch nicht zum Narren«, rief er, überzeugt davon, dass er auf irgendeine Weise freikommen würde. »Auch A'thruif und Ashkahir haben versucht, mich hinzurichten. Sie haben mich vom Turm geworfen, aber ihre Mühe war vergeblich. Ich lebe noch. Und ihr werdet nicht erfolgreicher sein als sie.«

      Die Evutuumer wichen erstaunt vor ihm zurück. Sie redeten leise durcheinander. Auch der Bärtige schien unsicher geworden zu sein. Es war offensichtlich, dass diese Männer von dem Geschehen am Turm gehört hatten.

      »Wie ist es möglich, dass du noch lebst?«, fragte der Bärtige schließlich. »Überall in den Städten spricht man davon, dass ihr hingerichtet werden solltet, aber dass ihr auf geheimnisvolle Weise entkommen seid.«

      »Vielleicht kann ich fliegen?«, spöttelte Mrothyr. Er schüttelte die Tentakel ab. »Vielleicht habe ich Kräfte, wie sie keiner von euch hat? Auf jeden Fall rate ich euch, mich nicht anzurühren. Es könnte gefährlich für euch werden. Geht zur Seite und lasst mich gehen. Ich habe mit der Stadt der Toten nichts zu tun, und ich habe nichts anderes vor, als sie so schnell wie möglich zu verlassen.«

      »Er soll verschwinden«, rief einer der anderen Männer. »Was haben wir davon, wenn wir ihn bestrafen?«

      »Lass ihn laufen«, bat eine junge Frau. Sie trat entschlossen vor. Beschwörend blickte sie den Alten an. »Er hatte nicht vor, uns zu beleidigen, und der andere hat bereits den Tod gefunden. Lass es genug sein.«

      »Bogenschützen«, rief der Bärtige und stieß die Frau zur Seite. »Kommt her.«

      Sieben Männer schoben sich durch die Reihen der anderen. Sie alle trugen schwere Bögen.

      »Sieben Pfeile sollen ihn treffen«, entschied der Alte. »Wenn er wirklich über besondere Kräfte verfügt, werden ihn die Pfeile nicht verletzen, und wenn sie das nicht tun, soll er frei sein.«

      Damit war das Urteil gesprochen, und keiner der anderen wagte, dagegen zu protestieren. Mrothyr erhob erneut Einwände, aber der Alte hörte nicht auf ihn. Wenige Meter von dem Freiheitskämpfer entfernt stellten sich die Bogenschützen auf.

      »Spannt die Bögen«, rief der Alte.

      Es wird mir nichts geschehen, dachte Mrothyr. Da ist jemand, der mich retten wird. Das hat er getan, als man mich vom Turm geworfen hat, und das wird er auch jetzt tun. Er wird nicht zulassen, dass sie mich umbringen.

      Doch dann fielen seine Blicke auf den toten Doyrirkhra, und Zweifel kamen in ihm auf.

      »Tötet ihn!«

      Die Pfeile schossen schwirrend von den Sehnen. Er sah sie auf sich zukommen, und er beobachtete, wie sie dicht vor ihm abgelenkt wurden. Sie prallten neben ihm von der Hauswand ab.

      Entsetzt wichen die Evutuumer vor