Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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tun, aber er musste sich so verhalten, als wüsste er es. Deshalb nahm er seinen Kombitraf hervor, blieb stehen und legte ihn an einen der Steinquader, nachdem er ihn auf geringste Wirkung justiert hatte. Dann löste er ihn aus, und ein greller Blitz zuckte daraus hervor.

      Erschrocken fuhren die Evutuumer zurück.

      »Was soll das?«, fragte Doyrirkhra in zyrpherischer Sprache, damit die anderen ihn nicht verstanden.

      Mrothyr setzte die Waffe gleich noch einmal an, schaltete sie jedoch auf Desintegratorwirkung, so dass nun ein grüner Blitz aus dem Projektor schoss. Er reichte nur wenige Zentimeter weit, löste jedoch ein wenig von dem Stein auf. Die Evutuumer sahen es und flüsterten ehrfurchtsvoll miteinander.

      »Unsere Freunde sind zweifellos davon überzeugt, dass ich ein Spezialinstrument einsetze«, antwortete Mrothyr in der gleichen Sprache. »Ich will Zeit gewinnen, das ist alles.«

      »Aber du solltest Energie sparen. Es ist nicht notwendig, die Waffe jedes Mal auszulösen.«

      »Natürlich nicht, aber gerade zu Anfang konnte ich nicht darauf verzichten.«

      »Ja. Du hast Recht.«

      Die beiden Zyrpher bemühten sich nun, als Experten aufzutreten. Sie untersuchten den Turm und krochen in alle Winkel und Nischen, um dort angeblich Messungen vornehmen zu können. Sie ließen außen am Turm kleine Gerüste errichten, um bestimmte Steinquader erreichen zu können, und sie erkannten von Stunde zu Stunde deutlicher, dass der Turm nicht zu retten war.

      Drei Tage verstrichen, ohne dass sie eine Fluchtmöglichkeit gefunden hatten. Die Evutuumer begleiteten sie auf Schritt und Tritt.

      »Wir sind am Ende«, flüsterte Mrothyr. Er kauerte zusammen mit Doyrirkhra in einem Winkel des Bauwerks. Wenige Meter von ihnen entfernt schleppten Bauarbeiter Steinquader an ihnen vorbei. »Ich weiß nicht mehr weiter.«

      »Ich auch nicht«, antwortete der Priester.

      »Du musst doch irgendeinen Vorschlag haben.«

      »Ich habe aber keinen.«

      Verzweifelt überlegten sie, was sie tun konnten, ohne dabei zu mehr als einer Notlösung zu kommen.

      »Wir müssen A'thruif vorschlagen, den Turmbau zu erweitern«, sagte Mrothyr. »Er muss das Fundament entlasten. Dazu ist es notwendig, im unteren Bereich Seitenarme zu bauen, Stützen, die einen Teil der Last aufnehmen.«

      »Und du meinst, das hilft?«

      »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwiderte der Freiheitskämpfer. »Baustatik ist ein Buch mit sieben Siegeln für mich. Ich will ja auch nur Zeit gewinnen, bis sich irgendwann die Möglichkeit zur Flucht ergibt.«

      Die Steinwand neben ihnen zerbröckelte.

      »Flucht?«, fragte A'thruif. Er schob seinen massigen Kopf durch die entstandene Öffnung. »Ihr habt durch falsche Entscheidungen den gesamten Turmbau gefährdet, und jetzt wollt ihr euch der Verantwortung durch die Flucht entziehen? Ihr habt mich tief enttäuscht.«

      Erschrocken fuhren die beiden Männer zurück. Mrothyr griff nach seinem Kombitraf, doch A'thruif warf sich auf ihn und entriss ihm die Waffe. Zugleich brüllte er aus Leibeskräften, und nun kamen Dutzende von Bauarbeitern herbei und stürzten sich auf die beiden Zyrpher.

      Eine Stunde später standen Mrothyr und Doyrirkhra auf der Spitze des Turmes inmitten von roten Regenwolken. Hunderte von Evutuumern hatten sich um sie herum versammelt. Die Freundlichkeit war aus ihren Gesichtern gewichen. Alle sahen grimmig und erzürnt aus.

      »Wir haben lange genug beteuert, dass wir keine Experten sind«, rief Doyrirkhra verzweifelt. »Warum habt ihr nicht auf uns gehört? Ihr könnt uns nicht die Schuld geben für die Fehler, die ihr gemacht habt.«

      Der Priester trat dicht an die beiden Zyrpher heran. Sein Gesicht verzerrte sich vor Hass. Roter Regen tropfte von seiner vorspringenden Stirn.

      »Glaubst du, dass du den Turm dadurch retten kannst, dass du uns tötest?«, fragte Mrothyr den Priester.

      »Nein, aber euer Tod wird andere davon abhalten, uns zu betrügen.«

      Mehrere Arbeiter rückten ein Holzgestell heran und fesselten Doyrirkhra daran. Mrothyr erkannte voller Entsetzen, dass es sich dabei um eine Art Katapult handelte.

      »Hört auf«, rief er. »Lasst den Wahnsinn. Wir werden einen Weg finden, euch zu helfen, aber macht Schluss damit.«

      »Sei still«, befahl der Priester, »oder ich lasse dir den Mund verbinden.«

      Einige Vögel strichen durch den Nebel heran. Erschrocken flatterten sie in die Höhe, als sie die Evutuumer sahen. Mrothyr stemmte sich gegen seine Fesseln, konnte sie jedoch nicht lösen, und auch Doyrirkhra wehrte sich mit aller Macht gegen das unvermeidlich erscheinende Ende, als die Arbeiter das Holzgestell noch etwas näher an die äußere Kante des Turmes heranrückten.

      »Es dauert lange, bis ihr unten seid«, erklärte der Priester mit hasserfüllter Stimme. »Der Turm ist mehr als hundertfünfzig Meter hoch. Ihr habt also genügend Zeit, eure Verbrechen zu bereuen, bevor ihr unten aufschlagt.«

      »Ihr Barbaren«, keuchte der Wonko. »Glaubt nur nicht, dass die Götter euch gestatten werden, über die Wolken hinauszublicken. Sie werden euch ein Zeichen setzen und den Turm zerstören, so dass ihr euch in Demut vor ihnen beugen werdet.«

      »Vollstreckt das Urteil«, befahl der Priester. Er stieß beide Arme und die beiden Tentakel in die Höhe. »Schleudert sie in den Abgrund.«

      Mrothyr beobachtete, wie A'thruif mit einer Axt ein Seil durchschlug, mit dem die Arbeiter das Katapult gespannt hatten. Doyrirkhra schrie laut auf.

      »Nein! Nein – tut es nicht.«

      Der Hebelarm des Katapults fuhr zischend nach vorn und schlug dann laut krachend gegen eine Sperre. Doyrirkhra löste sich von dem Haltebalken und flog in hohem Bogen in den Nebel hinaus.

      »Nein! Nicht«, schrie er in panischem Entsetzen, als er in die Tiefe stürzte.

      Die Evutuumer brüllten laut. Jubelnd streckten sie die Arme in die Höhe, als hätten sie einen großen Sieg errungen. Obwohl sie lärmten und wild durcheinander schrien, glaubte Mrothyr zu hören, wie der Wonko tief unter ihm auf die Felsen schlug.

      »Jetzt er«, befahl der Priester, als es wieder ruhiger geworden war. Er zeigte auf Mrothyr.

      »Das wagst du nicht«, sagte der Freiheitskämpfer. In seinen Augen glomm ein Licht, das den Priester erschrocken vor ihm zurückweichen ließ.

      »Verbindet ihm die Augen«, befahl der Blaue. »Schnell. Beeilt euch.«

      Mehrere Arbeiter traten von hinten an Mrothyr heran und schlangen ihm ein dunkles Tuch um den Kopf, so dass der Priester diese gelben, unheimlich leuchtenden Augen nicht mehr sehen musste.

      Mrothyr schloss mit dem Leben ab. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ihn jetzt noch irgendein Umstand retten konnte.

      »Vollstreckt das Urteil«, rief der Priester.

      Mehrere Männer packten den Freiheitskämpfer und stellten ihn auf das Katapult.

      »A'thruif – zerschlage das Seil«, hallte ein Ruf.

      Mrothyr vernahm die Schritte eines Mannes, der sich ihm näherte. Dann folgte ein dumpfer Schlag, und er erhielt einen wuchtigen Stoß gegen den Rücken, der ihn hoch in die Luft hinausschleuderte. Er vernahm das Gebrüll der Evutuumer, und dann stürzte er in die Tiefe.

      In diesen Sekunden der höchsten Verzweiflung gelang es ihm, die Fesseln zu sprengen. Er registrierte kaum, dass seine Arme plötzlich frei waren. Er schlug wild um sich, um sich zu fangen, und alles in ihm sträubte sich gegen den Gedanken, dass er in wenigen Sekundenbruchteilen auf die Felsen aufschlagen und sterben würde. Er spürte, wie ihm der Regen ins Gesicht schlug, und er hörte den schrillen Schrei eines Vogels.

      Trauer erfasste ihn. Er würde nicht mehr erleben, wie sein Volk frei wurde.

      *