Unbändig berührt. Jessica Martin

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Название Unbändig berührt
Автор произведения Jessica Martin
Жанр Языкознание
Серия Berührt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958238527



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wollte Frank mit strenger Stimme und hochgezogenen Augenbrauen wissen, woraufhin Noah schluckte, die Hände auf den Rücken legte und den Blick senkte.

      »Tut mir leid, Herr. Daran hab ich nicht gedacht. Ich bin ein bisschen aufgeregt.« Ohne, dass es einer Aufforderung bedurfte, drehte er sich zu Marek um. »Bitte entschuldige. Ich wollte nicht unhöflich sein.«

      »Ist okay.« Schmunzelnd wuschelte er Noah durch die Haare, was dieser hasste, aber kommentarlos hinnahm. Nur die leichte Falte zwischen seinen Augenbrauen verriet seine Verärgerung. Zur Belohnung holte Marek die Kerze im Tiegel raus, die seinen Kumpel so interessiert hatte, und hielt sie den beiden hin. »Ich habe sie noch nicht ausprobiert, daher weiß ich nicht, wie praktisch der Tiegel wirklich ist, aber nehmt sie ruhig mit. Vielleicht auch nur als Anschauungsmaterial.«

      In der Regel wurden die Spielzeuge, die während einer Vorstellung benutzt wurden, erklärt und konnten hinterher von den Zuschauern noch angesehen werden. Manchmal war es auch erlaubt, sie auszuprobieren, aber meist waren sie Privateigentum und das teilte keiner gern. Schon gar nicht mit Fremden.

      Marek holte noch ein paar jungfräuliche Kerzen verschiedener Hitzegrade hervor und als Frank seine Wahl getroffen hatte, schloss er die Schranktüren wieder. »Habt ihr ein sauberes Laken zu Hause oder bekommt ihr das gestellt?«

      »Haben wir zu Hause«, meinte Frank nach kurzem Überlegen. »Danke, Mann.«

      »Kein Ding. Also, um neun auf dem Parkplatz?«

      Beide nickten, daher brachte Marek sie zur Tür und sie verabschiedeten sich. So richtig Lust auf die Party hatte er immer noch nicht, aber er konnte seine Freunde nicht hängen lassen, daher ging er ins Schlafzimmer und durchwühlte seinen Schrank nach einem passenden Outfit.

      Kapitel 7

      Jonas

      Jonas konnte nicht glauben, dass er es wirklich tat. Das hier lag weit außerhalb seiner Wohlfühlzone. Oder von dem, was er für seine Wohlfühlzone gehalten hatte. Aber die Begegnung mit dem Pärchen kurz vor Ende der gestrigen Sprechstunde hatte ihm in Erinnerung gerufen, dass sein jüngeres Ich sich nach dem hier mal gesehnt hatte.

      Ein Mann Anfang zwanzig war als Notfallpatient reingekommen und hatte ziemlich panisch ausgesehen, sodass er ihn einfach nicht hatte wegschicken können. Der abgebrochene Zahn hatte sich letztlich zwar nur als ein bisschen abgeplatzter Zahnschmelz sowie ein ordentlicher Bluterguss am Kiefer herausgestellt, doch noch größer war offenbar die Angst vor der Behandlung gewesen.

      Jegliche Beruhigungsversuche von Jonas' Seite her waren überhaupt nicht zu seinem Patienten durchgedrungen. Erst die liebevolle Strenge von dessen Freund hatte ihn aus der Panik holen können und so weit beruhigt, dass es Jonas möglich gewesen war, ihn zu behandeln. Allerdings hatte die Dynamik der beiden ihn irgendwie an dem vermeintlich kleinen Sportunfall und der bloßen Freundschaft zweifeln lassen.

      Da es ihm nicht zugestanden hatte, beides zu hinterfragen, hatte er es mit Small Talk versucht. Nachdem er sie gewarnt hatte, dass der Bluterguss erst in ein paar Tagen abheilen und es daher so lange noch wehtun würde, war dem Freund seines Patienten ihre eigentliche und damit wohl hinfällige Wochenendplanung rausgerutscht. Und da Jonas neugierig war, hatte er nachgehakt, bis er genug Infos gehabt hatte, um den Rest im Internet recherchieren zu können, und nun stand er hier. Leider schien er seinen Mut zu Hause vergessen zu haben, denn er konnte sich einfach nicht dazu durchringen, den letzten Schritt zu tun.

      Während er noch innerlich debattierte, ob er es durchziehen oder doch lieber nach Hause fahren sollte, tippte ihm jemand auf die Schulter, sodass er herumwirbelte.

      Eine junge Frau in schwarzem Minirock und durchsichtiger Bluse stand vor ihm und deutete fröstelnd auf den Eingang der ehemaligen Lagerhalle, den er blockierte. »Wollen Sie rein oder überlegen Sie noch?«

      »Gehen Sie ruhig vor«, sagte er nach kurzem Zögern und trat einen Schritt beiseite.

      Sie nickte lächelnd und ging an ihm vorbei. Doch statt rasch ins Innere der Halle zu schlüpfen, hielt sie die Tür auf und blickte ihn auffordernd an. »Los, rein mit Ihnen.«

      »Okay«, murmelte er und folgte ihr mutig. »Ist mein erstes Mal.«

      »Dachte ich mir«, meinte sie grinsend. »Keine Sorge, wir beißen nicht. Es sei denn, Sie wollen das, dann findet sich hier drinnen sicher jemand.«

      Jonas' Wangen wurden flammend heiß, doch er schüttelte den Kopf. »Kein Beißen.«

      Sie kicherte und wandte sich zu dem Tisch um, der in dem kleinen Foyer stand und an dem man vorbeimusste, um in die Haupthalle zu gelangen, wie Jonas vermutete. Dem Tisch gegenüber befanden sich die Toilettenräume, aber so feige war er dann doch nicht, dass er dahin flüchtete, auch wenn der Gedanke kurz in ihm aufkeimte. Er konnte ja wenigstens mal gucken, was hier so los war und, na ja, ob er es noch konnte. Besser gesagt: noch war.

      »Viel Spaß«, trällerte die junge Frau, nachdem sie ihren Obolus bezahlt hatte und ihr mehrere Papierarmbänder umgebunden worden waren.

      »Danke. Ihnen auch!«, rief er ihr nach und fing dann den Blick des jungen Mannes mit zerzausten Haaren und beeindruckend viel Ohrschmuck hinter dem Tisch auf. »Ähm... Hi.«

      Der Mann grinste. »Hi. Dein erstes Mal?«

      Sein Hals war wie zugeschnürt, daher nickte er lediglich. Angesichts der hautengen Klamotten seines Gegenübers fühlte Jonas sich völlig unpassend gekleidet. Zwar hatte er eine dunkelblaue Jeans an, aber er konnte darin atmen, und statt eines aufgemalten Shirts trug er ein weißes Hemd. Offenbar war jedoch Schwarz die Farbe des Abends. Verdammt.

      Trotzdem händigte er den Eintrittspreis aus, dann klatschte der junge Mann freudig in die Hände.

      »Okay, ich erklär dir, wie es läuft. Wir haben verschiedene Armbänder, damit alle gleich sehen, woran sie bei dir sind. Früher hatten wir die nicht und das war teilweise frustrierend, weil wir hier ein ziemlich bunt gemischter Haufen sind. Jedenfalls bekommst du von mir mindestens zwei Armbänder, die du bitte auch den ganzen Abend über trägst. Du kannst aber jederzeit herkommen und tauschen oder die optionalen abmachen.«

      »Ähm... verstehe. Okay.«

      »Sehr gut. Dann brauche ich mal einen Arm. Ich nehme an, du bist ein Sub?« Als Jonas wieder nickte, lächelt der Kleine aufmunternd. »Hetero, bi oder schwul? Wir haben leider nur die drei Auswahlmöglichkeiten, also wenn du pan bist, nimm bi oder wonach dir heute am ehesten der Sinn steht. Wie gesagt, du kannst jederzeit zum Tauschen herkommen.«

      Überwältigt von diesem Sprechtempo und der wachsenden Menschenschlange hinter sich, schluckte Jonas. »Oh, ähm... bi?«

      »Alles klar.« Sein Gegenüber griff in eine der offenen Pappkisten vor sich und band ihm ein hellblau-lila gestreiftes Armband um. »Lila für bi, hellblau für Sub. Dominante Spielpartner erkennst du an den schwarzen Streifen, hetero Frauen haben zusätzlich pinke, genau wie schwule Männer. Für dich interessant sind also welche Farbkombinationen?«

      »Ähm... schwarz-lila bei Männern und schwarz-pink bei beiden Geschlechtern?«

      »Wunderbar. An der Bar und auf den Tischen stehen sicherheitshalber noch so kleine Aufsteller mit den Farbkombinationen. Also lieber noch mal draufgucken, wenn du dir unsicher bist, bevor du jemanden ansprichst.«

      Als würde er heute den Mut dafür aufbringen. Er war jetzt schon überfordert und noch nicht mal auf der eigentlichen Party. »Ist gut«, sagte er dennoch.

      »Suchst du einen Spielpartner? Oder bist du vergeben oder willst nur zuschauen?«

      »Ich weiß nicht. Ich bin Single, also...«

      »Dann geb ich dir erst mal grün, für auf der Suche, damit du nicht ignoriert wirst, okay? Wenn dir das Interesse zu viel wird, kommst du her und holst dir ein rotes Band.«

      Es schmeichelte Jonas, dass der Typ dachte, er würde viel Interesse auf sich ziehen, daher grinste er debil. »Okay.« Kaum hatte er ausgesprochen, zierte ein weiteres Papierband seinen Arm. »Muss ich noch was wissen?«