Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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Bereschit rabba, Parascha VIII, Kap. V.)

      Es sprach Rabbi Simon: »In der Stunde, da Gott den ersten Menschen erschaffen wollte, teilten sich die Engel in viele Parteien und Gruppen. Einige sagten: Er soll nicht erschaffen werden; andere sagten: Er soll erschaffen werden.

      Die Liebe sprach: Er werde erschaffen, denn er wird menschenfreundlich sein; die Wahrheit dagegen sprach: Er werde nicht erschaffen, denn es wird nur Lug und Trug geben. Die Gerechtigkeit sprach: Er werde erschaffen, denn er wird Recht üben. Der Friede sprach: Er werde nicht erschaffen, denn es wird Streit und Zank geben. Was tat Gott? Er nahm die Wahrheit und warf sie zur Erde. Die Dienstengel sprachen vor Gott: »Herr der Welten! was verachtest du die Ordnung und die hochgeschätzte Wahrheit?« – Lass die Wahrheit von der Erde aufsteigen. Das ist ja auch der Gedanke des Psalmisten: Die Wahrheit sprosse aus der Erde. (Ps. 85, 12.)

      (Bĕreschit rabba 38, 13.)

      R. Chijja, der Enkel R. Addas aus Jafa, sagte: Terach verfertigte Götzenbilder (zum Verkaufe). Einst ging er fort und ließ Abraham als Verkäufer an seiner Stelle. Da kam ein Mann und wollte einen Götzen kaufen. Abraham sprach nun zu ihm: »Wie alt bist du?« Er antwortete: »Ich bin fünfzig oder sechzig Jahre alt.« Da sprach Abraham weiter: »Wehe diesem Manne, der sechzig Jahre alt ist und sich vor einem Eintägigen bücken will.« Und beschämt schlich (der Käufer) davon.

      Eines Tages kam eine Frau und brachte in ihrer Hand eine Schüssel Mehl. Sie sprach zu ihm: »Hier hast du dies, opfere es ihnen (den Götzen).« Da stand er auf, nahm einen Stock in seine Hand, zerschlug alle Götzenbilder und gab dem größten (Götzen) den Stock in die Hand. Als der Vater kam und zu ihm sprach: »Wer hat ihnen dies getan?« antwortete er (Abraham): »Was soll ich es vor dir leugnen? Eine Frau kam, brachte eine Schüssel Mehl und sprach zu mir: ›Hier hast du dies, bringe es ihnen dar!‹ Als ich es ihnen brachte, sprach der eine: ›Ich will zuerst essen‹, und der andere sprach: ›Ich will zuerst essen.‹ Da erhob sich der Größte unter ihnen, nahm einen Stab und zertrümmerte sie.« (Der Vater) sprach: »Was spottest du meiner? Wissen denn diese etwas?« Da sprach er (Abraham): »Hören deine Ohren nicht, was dein Mund spricht?«

      (Bamidbar rabba 2, 10.)

      Der Heilige, gelobt sei er, schuf vier Richtungen für die Welt: Osten, Westen, Norden und Süden. Osten, von hier kommt das Licht in die Welt; Westen, von hier kommen die Mengen Schnee und die Mengen Hagel und Kälte und Wärme in die Welt; Süden, von hier kommen die segensreichen Taue und die segensreichen Regen in die Welt; Norden, von hier kommt die Finsternis in die Welt. Und ebenso wie der Heilige, gelobt sei er, die vier Seiten der Welt geschaffen hat, so umgab er auch seinen Thron mit vier Tiergestalten, und oberhalb von ihnen allen (setzte er) den Thron der Herrlichkeit. Dementsprechend schrieb der Heilige, gelobt sei er, dem Mose die Anordnung der Fahnen (Lagerabteilungen) vor. Der Heilige, gelobt sei er, sagte dem Mose: »Dem Osten, von dem das Licht in die Welt kommt, stehe Juda gegenüber, der ein Mann der Herrschaft ist«; denn es heißt: »Und die in der vorderen Reihe gegen Osten lagern, das ist die Fahne des Lagers Juda« (Num. II, 3), und zu ihm (gehört) der Stamm Jissachar, der sich mit der Tora befasst … Und neben ihm (lagert) Subulun, der Reichtümer besitzt … Alle Gezählten vom Lager Judas usw. zogen als erste; denn die Tora wird Anfang genannt … Du findest also überall, dass Juda den Anfang machte. Beim Lagern war die Fahne Judas die erste; … beim Aufbruch (war sie) die erste … Juda war der erste beim Opfern; denn es heißt: »Und er war derjenige, der am ersten Tage opferte« usw. (Num. VII, 12). Juda machte beim Kriege den Anfang; denn es heißt: »Wer wird von uns zuerst gegen die Kananiter aufbrechen?« Und Gott sprach: »Juda wird aufbrechen« (Rich. I, 1). Und wenn der Verkünder (der Erlösung) kommen wird, empfängt Juda zuerst die Botschaft; denn es heißt: »Sieh’ da, auf den Bergen das Nahen des Verkünders, der Heil verheißt. Feiere, Juda, deine Feste« (Nach. II, 1)! Also (das alles) kommt von Osten her.

      (Midrasch echa rabbati, Kap. I, 4, 6, 7, 8.)

      »Die Große unter den Völkern.« Heißt es nicht bereits: »Die Große«, was wollen die Worte sagen: »Die Große unter den Völkern?« Sie war groß an Erkenntnis. »Wohin in der Provinz ein Jerusalemer kam«, sagte R. Huna im Namen des R. Jose, »wurde ein prachtvoller, (mit Decken überzogener) Stuhl vor ihm hingestellt, damit man seine Weisheit höre.«

      Ein Athener kam nach Jerusalem und traf da ein Kind, dem er Geld gab mit den Worten: »Geh und hole uns Feigen und Weinbeeren.« »Du hast recht,« entgegnete das Kind, »wenn du sagst: Hole uns, dir nämlich für dein Geld und mir für meinen Gang.« Als das Kind wiederkam, sprach er: »Nimm und teile.« Das Kind nahm und legte die schlechten vor sich hin, die guten aber nahm es und legte sie vor den Mann hin. »Die Leute haben recht«, versetzte der Athener, »wenn sie sagen: die Jerusalemer sind sehr gescheite Leute. Weil das Kind wusste, dass es das Geld nicht von dem seinigen gegeben, so nahm es sich die schlechten, und die guten legte es vor mich hin. Wir wollen aber Lose werfen, komme ich in dein Gebiet, so nehme ich mir das deinige, kommst du (aber) in mein Gebiet, so nimmst du das meinige.« Sie taten so, und jeder behielt, was er hatte.

      Ein Athener kam nach Jerusalem und traf da ein Kind, welchem er Geld gab mit den Worten: »Geh und bringe mir etwas, wovon ich esse, mich sättige und noch übrig behalte für die Weiterreise.« Das Kind brachte ihm Salz. »Salz«, rief der Athener, »ich sagte dir doch nicht, dass du mir Salz bringen solltest.« Das Kind antwortete ihm: »Sagtest du mir nicht, dass ich dir bringen sollte, wovon du essen, dich sättigen und übrig behalten wolltest für den Weg? Bei deinem Leben! Du kannst essen, dich sättigen und noch einiges für die Weiterreise übrig behalten.«

      Ein Athener kam nach Jerusalem und fand da einen zerbrochenen Mörser. Er nahm ihn und brachte ihn zu einem Schneider. »Nähe mir«, sprach er zu ihm, »diese zerbrochenen Stücke zusammen.« Der Schneider hob eine Hand voll Sand auf und antwortete: »Drehe mir daraus Faden, so will ich sie zusammenflicken!«

      a) Die guten Werke. (24)

      (Pirke de Rabbi Elieser, Abschn. 34.)

      Drei Freunde hat der Mensch, solange er am Leben ist, nämlich seine Kinder und Enkel, sein Hab und Gut und seine guten Werke.

      Ist die Stunde des Todes nahe, so ruft er seine Angehörigen zu sich und spricht: »Ach, rettet mich von den Schrecken des Todes.«

      Sie antworten: »Weißt du nicht, o Vater, dass ›es keine Macht wider den Tod gibt‹ (Kohelet VIII, 8); steht es denn nicht also geschrieben (Psalm 49, 8), dass der Bruder und der Freund nicht vermögen, den Menschen (vom Tode) loszukaufen … Das göttliche Wort hat es gesagt: ›Geh, schlaf in Frieden und bereite dich auf den Tag des Gerichts vor.‹ Oh, die göttliche Barmherzigkeit stehe dir bei.« (Dan. 12, 13.)

      Und der Sterbende denkt an die aufgehäuften Reichtümer und ruft: »Ich habe mich doch Tag und Nacht um euch gemüht! Oh, rettet mich von den Schrecken des Todes.«

      Die Reichtümer antworten: »Weißt du es nicht: Gold und Juwelen vermögen nichts in der Stunde des göttlichen Zornes.« (Spr. 11, 4.)

      Nun ruft der Sterbende seine guten Werke an und spricht: »Oh, rettet mich von den Schrecken des Todes. Stützet mich, kommt, begleitet mich, rettet mich, stets habe ich auf euch vertraut.«

      Die guten Werke antworten: »Gehe nur in Frieden, Freund, ehe du dort zum Gerichte angekommen bist, werden wir schon dort sein.«

      So heißt es in der Schrift (Jes. 58, 8): »Deine Tugend geht dir voraus auf dem Wege, bis die Herrlichkeit Gottes dich aufgenommen hat.«