Название | OPERATION LONDON (Outbreak 2) |
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Автор произведения | Luke Duffy |
Жанр | Языкознание |
Серия | Outbreak |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958353572 |
Marty und Bull rückten jetzt in der dunklen Gasse neben ihm auf. In den Gärten zu beiden Seiten waren die Hecken so hoch gewachsen, dass sie über den Männern hinweg ragten – ein Vorteil, damit sie verborgen blieben, solange sie warteten und das Chaos beobachteten, das sie selbst verursacht hatten.
Auf der Hauptstraße wütete das Feuer, während es weitere Leichname verzehrte. Glas barst und erste Dächer stürzten ein, nachdem die immense Hitze die Sparren verbrannt hatte.
»So viel zum Thema Kontakt meiden«, meinte Marty trocken.
Bull schaute ihn grinsend an. Sein Gesicht wurde durch den Flammenschein hell erleuchtet. Vor der Einmündung in die Gasse sah man unzählige dunkle Gestalten, die auf der Straße an ihnen vorbeizogen … geradewegs in die Feuersbrunst hinein. Zurückgezogen im Schatten harrten die drei aus und beobachten ein paar Minuten lang ehrfürchtig, wie von Hunderten siechen Menschenkörpern nichts mehr als verkohlte Knochen übrig blieb.
»Kommt, weiter«, flüsterte Danny jetzt, klopfte Marty auf die Schulter und wandte sich ab, um seine Gefährten in die Dunkelheit hineinzuführen. »Auf diesem Weg gelangen wir zurück auf die Straße, von der aus wir losgegangen sind. Hoffentlich ist jetzt keiner mehr dort, denn dann haben wir freie Bahn bis zur Abholstelle.«
Jeder von ihnen machte sich daraufhin zum Aufbruch bereit. Sie sahen noch einmal nach ihren Waffen und nach der Munition, um sicherzugehen, dass sie sich, falls nötig, auch zur Wehr setzen konnten.
»Ich habe in dem ganzen Trubel drei Magazine verschossen«, murrte Bull kopfschüttelnd, während er sich aufraffte.
Jetzt gingen sie los, Bull bildete das Schlusslicht. Am anderen Ende der Gasse sah man von dem verheerenden Brand nur noch einen orangefarbenen Halo über den Hausdächern. Vereinzelt knackte und knirschte es, wenn Gebäude einstürzten, doch ansonsten war die Nacht wieder still, als die Männer in der Dunkelheit flohen und in unbebaute Gefilde zurückkehrten.
Kapitel 3
»War das, was du zu mir gesagt hast, wirklich ernst gemeint?«
Sie drehte sich um und sah ihn intensiv an. Man konnte ihn kaum erkennen, aber sie sah seine undeutlichen breiten Umrisse am anderen Ende des Sofas, die sich von den Schatten abhoben. Tina hörte, wie er mit den Fingern Reste des Thunfischs aus einer Konserve zusammenklaubte, und kurz darauf sein Schmatzen.
Seit sie in das Vorstandsbüro im Obergeschoss umgezogen waren und die Tür verbarrikadiert hatten, sprachen sie kaum noch miteinander. Sie hatten schweigend dagesessen, während das Licht draußen vor den breiten Fenstern des großzügig dimensionierten Raums langsam immer schwächer geworden und schließlich dem bedrückenden Dunkel der Nacht gewichen war.
»Du hast behauptet, ich sei fett, und angedroht, mich zurückzulassen. Du hast wirklich ein paar ziemlich hässliche Dinge über mich gesagt. War das alles ernst gemeint?«
Sie überlegte kurz und nickte dann.
»Ja, Christopher«, antwortete sie leise, nachdem ihr bewusst geworden war, dass er ihre Kopfbewegung nicht sehen konnte. »Es war ernst gemeint, aber ich wollte dir dennoch nicht wehtun.«
Sie hörte nun, wie er ruckartig die Luft einsog. Christopher wollte sich gerade dazu äußern, doch Tina kam ihm zuvor. Sie realisierte, dass ihre Erklärung nicht deutlich genug gewesen war, und wollte nicht zuhören müssen, wie er sich mit selbstgerechter Überheblichkeit emotional hochschaukelte.
»Ich meine …«, hob sie an, um sich zu berichtigen. »… ich habe gemeint, was ich gesagt habe … dass du fett bist, aber ich hätte dich natürlich nicht dort zurückgelassen, damit dich diese Dinger fressen.«
Daraufhin blieb es wieder mehrere Minuten lang still zwischen den beiden. Zuerst fragte sich Tina, ob Christopher wohl gerade abwägte, wie er fortfahren sollte, aber dann hörte sie, wie er leise schniefte. Er weinte also mal wieder.
Zunächst war sie sich ihrer eigenen Empfindungen nicht ganz sicher gewesen. Denn anfänglich hatte sie ihn bedauert, als er mit dem Kopf in den Händen dasaß, während seine hängenden Schultern bebten, doch dann schlugen ihre Gefühle um, als sie sich wieder ins Gedächtnis rief, was sich zuvor an diesem Tag zugetragen hatte. Sie war schließlich nicht zum ersten Mal seinetwegen in Schwierigkeiten geraten, und es würde unter Garantie auch nicht zum letzten Mal geschehen sein.
Ihr Mitgefühl verwandelte sich daraufhin im Handumdrehen zu Zorn, während sich die Minuten dahinzogen. Doch dies war eindeutig der falsche Zeitpunkt, um ihrem dünnhäutigen Bruder gegenüber die Contenance zu verlieren. Tina hielt die Luft an und zählte deshalb langsam von zehn an rückwärts, während er weiterhin neben ihr heulte. Sie versuchte, sich darauf zu konzentrieren, dass sie bis auf Weiteres in Sicherheit waren und ein anständiges Versteck besaßen. Dabei bemühte sie sich nach Kräften, Bilder von aufgerissenen Mündern und schnappenden Zähnen zu verdrängen.
»Nicht weinen, Chris«, sprach sie nun in einem ruhigen Tonfall, von dem sie hoffte, dass er einigermaßen liebevoll und tröstend auf ihn wirkte.
»Ich kann einfach nicht anders«, rang er sich schließlich schluchzend ab. »Du bist echt fies zu mir gewesen.«
»Ich weiß, aber wir wurden gerade gejagt, und die kamen immer näher. Ich musste dringend etwas unternehmen, und Worte waren nun mal alles, was ich gerade hatte.«
»Du hast mich beschimpft und ich dachte wirklich, du würdest mich im Stich lassen.« Seine Stimme überschlug sich nun fast. »Du bist doch meine Schwester und solltest eigentlich immer auf mich achtgeben. So habe ich dich noch nie zuvor reden gehört … deine Worte haben mich echt tief gekränkt, Tina.«
Sein Tonfall machte sie zunehmend aggressiver. Nicht einmal jetzt begriff er den Ernst ihrer Lage und die Tragweite seines Verhaltens. Er suhlte sich einfach viel zu gern in Selbstmitleid, um das größere Ganze überblicken zu können, und war zu egoistisch, um zu verstehen, dass sich die Welt nun einmal nicht nur um ihn allein drehte. Dennoch strengte sich Tina an, ihre aufkeimende Wut herunterzuschlucken und Ausgeglichenheit hervorzukehren. Obwohl sie ihn weder verletzen noch aufregen wollte, konnte er nicht weiter dort hocken, sich selbst bedauern und die Opferrolle einnehmen. Denn je länger er rumheulte und sich beklagte, wie schwer ihn ihre Worte und Taten getroffen hatten, desto schwerer würde sie sich damit tun, ihr Temperament zu zügeln.
»Warum hast du das alles denn überhaupt gesagt, Tina? Du hast mir wehgetan, als du diese Gemeinheiten von dir gegeben hast. Ich war wirklich überzeugt davon, du würdest mich dort draußen hängenlassen. Ich habe mich vollkommen wertlos gefühlt und gedacht, ich sei dir komplett egal.«
Sie holte tief Luft und starrte dabei durch das Fenster nach draußen. Mit ihrem rechten Zeigefinger klopfte sie fortwährend auf die Radialarterie an ihrem linken Handgelenk, während sie versuchte, cool zu bleiben. Ihre Konzentration richtete sie ganz und gar darauf, gleichmäßig zu atmen und ihren Blutdruck zu senken. Im Laufe der Jahre hatte sie den einen oder anderen Trick im Umgang mit ihren Ängsten und Zwängen gelernt, doch in diesem Moment war es pure flammende Rage, die sie zu übermannen drohte.
»Mum hätte mir so etwas nie an den Kopf geworfen. Sie hätte bestimmt nicht gedroht, mich alleinzulassen. Sie wäre niemals …«
Nun fuhr Tina explosionsartig hoch und sprang vom Sofa. »Mum ist aber mausetot, Chris, und ohne mich wärst du es auch schon längst!«
Sie stürzte zu seinem Platz hinüber. Während ihre dunklen Umrisse bedrohlich über ihm aufragten, versank er immer tiefer in den Polstern, weil sie so heftig aufbrauste. Selbst in dieser praktisch vollkommenen Dunkelheit konnte er ihre zusammengebissenen weißen Zähne sehen und sich vorstellen, wie sie gerade abfällig das Gesicht verzog.
»Siebenundzwanzig Jahre lang hat sie dir den Arsch abgeputzt und dich gemästet, bis du kaum noch stehen konntest«, brüllte ihm Tina ins Gesicht, während sie vorwurfsvoll