OPERATION LONDON (Outbreak 2). Luke Duffy

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Название OPERATION LONDON (Outbreak 2)
Автор произведения Luke Duffy
Жанр Языкознание
Серия Outbreak
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958353572



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in Japan, während der Rest von uns, die wirklichen Menschen, ausgezogen sind und uns dem Leben gestellt haben. Du bist dein Leben lang nur ein Schmarotzer gewesen. Dann ging dieses ganze Elend los und ich musste deinen fetten Arsch plötzlich in Sicherheit bringen.«

      »Aber …«, stotterte er in dem Bestreben, sich zu rechtfertigen.

      »Nichts da, aber, Chris. Mum starb langsam und qualvoll und du hast nicht einen Finger krummgemacht, um ihr zu helfen. Du hast sie einfach in ihrem Zimmer eingesperrt und nichts getan. Du hast nur rumgeheult und dir selbst leidgetan. Ich war diejenige, die Mum von dem Leid erlöst hat, das sie durchmachen musste. Du kannst von Glück reden, dass ich nach Hause gekommen bin, denn sonst würdest du jetzt immer noch dort sitzen und verwahrlosen, weil sich niemand mehr um dich kümmert – oder schlimmer noch, du wärst schon längst von Mum gefressen worden.«

      Sie machte eine Pause und zog sich wieder von ihm zurück. Nach einem tiefen Seufzer stemmte sie ihre Hände in die Hüften und entfernte sich vom Sofa.

      »Sieh dich doch mal an. Du kannst und wirst niemals selbstständig handeln. So warst du schon immer. Du hast immer schon vorausgesetzt, dass sich alle anderen für dich ins Zeug legen und dich dabei mit Samthandschuhen anpacken.«

      »Aber …«

      »Deinetwegen wären wir heute fast draufgegangen, Chris.« Sie sprach nun wieder etwas ruhiger. »Ich musste dich den ganzen Weg hierher hinter mir her schleifen oder dich anschieben. Du bist ein erwachsener Mann, um Gottes willen, und mehr als dreimal so schwer wie ich.«

      Sie wandte sich ab, ging zu den breiten Fenstern und schaute über den Parkplatz hinaus in die Nacht.

      »Was, wenn ich mich dabei verletzt hätte?«, fragte sie, während sie über die Schulter zurück zu Christopher auf dem Sofa schaute. »Wärst du dann imstande gewesen, mich zu tragen und zu retten? Hättest du es auf der Suche nach einem geeigneten Versteck für uns mit welchen von denen da draußen aufnehmen können?«

      Aus der Dunkelheit kam keine Antwort.

      »Klar, das dachte ich mir schon«, fuhr sie geringschätzig fort. »Ich muss alles selbst übernehmen, nicht wahr? Ich bin es, die dafür sorgen muss, dass wir beide in Sicherheit sind und etwas zu essen haben. Ich bin diejenige, die Pläne schmiedet, während du nur dasitzt, wie ein verdammtes Riesenbaby.«

      Sein Schluchzen wurde nun wieder lauter.

      »Jetzt reicht es aber, sei still, Chris. Hör endlich auf, dich selbst zu bemitleiden, und reiß dich am Riemen.«

      »Aber ich kann doch nichts daran ändern, wie ich bin«, jammerte er mit quengeliger Stimme. »Ich weiß, dass ich fett bin, aber das ist eine Krankheit. Das wurde sogar von einem Arzt bestätigt.«

      »Unsinn, Chris. Krebs ist eine Krankheit, Aids ist eine Krankheit, Mann!«, blaffte Tina ihn an. Sie hob eine Hand und zeigte auf die verrenkten, dunklen Gestalten, die unter dem Fenster entlanghumpelten. »Diese armen Schweine da draußen sind eine Krankheit!«

      »Nein, es ist wirklich …«

      »Halt doch endlich die Fresse, Chris. Du bist einfach nur faul und kriegst den Hals nicht voll. Du bist, wie du bist, weil du dich selbst dazu entschieden hast. Als alle anderen erwachsen wurden, Jobs annahmen und aktiv wurden, hast du dich bewusst dazu entschieden, daheimzubleiben und ein fettes Muttersöhnchen zu werden. Du hast Behindertengeld in Anspruch genommen, weil das leichter war, als mit der Realität klarzukommen und Eigenverantwortung zu übernehmen. Dein Zustand ist ganz und gar selbst verschuldet, Chris, und du tust nichts weiter, als anderer Leute Sauerstoff zu verbrauchen.«

      Nach dieser Ansprache blieb es lange Zeit still im Raum. Christopher saß weiterhin auf dem Sofa und vertiefte sich in sein Selbstmitleid, während Tina am Fenster stand und die Infizierten beobachtete, die im Dunkeln herumstolperten.

      Hoch am Himmel stand der Vollmond und er schien so hell, dass sie ein gutes Stück weit sehen konnte. Es wirkte so, als würde sie einen alten Schwarz-Weiß-Film schauen. Die Farben der Natur waren beinahe vollständig verblasst, abgestuft in vielen Schattierungen von Grau bis Schwarz. Unter dem Fenster und auf der Parkfläche verstreut hinkten, wohin sie auch blickte, die Untoten geistlos umher, bekamen die Füße nicht hochgehoben und konnten ihre Köpfe nicht mehr aufrecht halten. Tina betrachtete sie eine ganze Weile, bis sich ihre Nerven endlich beruhigten und ihr Zorn langsam nachließ. Erneut seufzte sie tief, bevor sie sich noch einmal zum Sofa umdrehte.

      »Komm her, Christopher«, befahl sie in einem Tonfall, der ihm suggerieren sollte, dass er keine andere Wahl hatte als zu gehorchen.

      Zuerst geschah nichts, doch nach ein paar Sekunden setzte er sich mühsam in Bewegung. Er wollte seine Schwester offenbar nicht durch Bockigkeit provozieren, indem er sich weigerte, ihre Forderung zu erfüllen.

      »Komm her und wirf einen Blick nach draußen, Chris«, sagte sie weniger gebieterisch.

      Er trottete mit kurzen und zaghaften Schritten zu ihr hinüber, während er die Arme schützend vor seiner Brust verschränkte. Den Kopf ließ er hängen und starrte auf seine Füße.

      »Schon gut, Chris. Ich werde meine Beherrschung nicht wieder verlieren«, versicherte sie ihm, als sie eine Hand auf eine seiner Schultern legte, und sie sanft rieb.

      Er nickte andächtig, ohne aufzuschauen. Er hatte immer noch Angst, den Kopf hochzuheben, und sträubte sich auch davor, aus dem Fenster zu blicken und sehen zu müssen, was dort draußen vor sich ging. Er wusste zwar, was es dort zu sehen gab, wollte es aber trotzdem nicht wahrhaben. Viel lieber wollte er für immer unter diesem Dach bleiben, sich von der Außenwelt abschirmen und so tun, als existiere sie gar nicht.

      »Nur zu«, forderte Tina. »Sieh es dir gut an.«

      Nun hob er langsam den Kopf und blickte widerwillig über das Gelände und die Lagerhallen. Dort schwankten schwerfällig Dutzende deformierte Schatten umher, die sich deutlich von dem hellen Beton der Parkbuchten abhoben. Sie waren einfach überall, und er bildete sich plötzlich ein, dass sie alle seinen Blick erwiderten, während er sich so offen am Fenster zeigte. Er kniff ängstlich seine Lider zusammen und trat hastig von den breiten Glasscheiben zurück. Währenddessen schüttelte er den Kopf und murmelte leise etwas, das Tina nicht verstand.

      »Siehst du? Das ist nur eines unserer Probleme«, begann sie. »Das geht jetzt schon seit Monaten so und du kannst ihren Anblick immer noch nicht ertragen. Ich hasse und fürchte sie genauso wie du, aber ob es mir gefällt oder nicht … ich musste lernen zu akzeptieren, dass wir gezwungen sind, sie zu bekämpfen. Du kannst den Kopf nicht einfach in den Sand stecken und so tun, als würde nichts davon stattfinden. Dadurch, dass du es tust, wirst du irgendwann in den Arsch gebissen.«

      »Aber ich habe solche Angst«, flüsterte Christopher.

      »Ich auch, aber wir müssen damit fertig werden. Was geschieht denn, falls mir mal etwas zustößt? Wie willst du dann überleben? Du musst fähig sein, ihnen die Stirn bieten und auf dich aufzupassen zu können, Chris.«

      Er entgegnete nichts, sondern blieb nur hinter ihr stehen und starrte weiterhin auf seine Füße. Würde sie ihn nur endlich in Ruhe und wieder zum Sofa gehen lassen.

      Tina wandte sich immer noch nicht vom Fenster ab, sondern verharrte in Gedanken versunken mit verschränkten Armen vor der Scheibe. Sie versuchte, sich genau einzuprägen, wie viele Infizierte sich ungefähr in der Umgebung aufhielten, und betrachtete dann die Gebäude auf der anderen Seite des Parkplatzes. Es gab nur eine Ein- beziehungsweise Ausfahrt, soweit sie es erkennen konnte, und falls der Zaun, der den Rest des Areals umgab, noch intakt war, konnten sie sich bis zu einem gewissen Grad von der Außenwelt sicher und abgeschottet wähnen.

      »Morgen werden wir damit anfangen, das Warenlager im Erdgeschoss auszuräumen«, sagte sie, während sie sich zu Chris umdrehte. »Diese Anlage ist ziemlich sicher, hier geschieht uns erst einmal nichts. Das Einzige, worum wir uns Sorgen machen müssen, sind Lebensmittel, womit wir direkt bei meinem nächsten Punkt wären, Chris …«

      Sie hielt inne und wartete darauf, dass er zu ihr hochschaute.

      »Von