Das Passagen-Werk. Walter Benjamin

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Название Das Passagen-Werk
Автор произведения Walter Benjamin
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9788026829706



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collection en se laissant guider par la fortune, comme les bibliophiles en bouquinant … M. Thiers a procédé autrement: avant de réunir sa collection, il l’avait formée tout entière dans sa tête; il en avait dressé le plan, et ce plan, il a passé trente ans à l’exécuter … M. Thiers possède ce qu’il a voulu posséder … De quoi s’agissait-il? D’arranger autour de soi un abrégé de l’univers, c’est-à-dire de faire tenir dans un espace d’environ quatre-vingts mètres carrés, Rome et Florence, Pompéi et Venise, Dresde et la Haye, le Vatican et l’Escorial, le British-Museum et l’Ermitage, l’Alhambra et le Palais d’été … Eh bien, M. Thiers a pu réaliser une pensée aussi vaste avec des dépenses modérées, faites chaque année pendant trente ans … Voulant fixer avant tout sur les murailles de sa demeure les plus précieux souvenirs de ses voyages, M. Thiers fit exécuter … des copies réduites d’après les plus fameux morceaux de peinture … Aussi, en entrant chez lui, se trouve-t-on tout d’abord au milieu des chefs-d’œuvre éclos en Italie durant le siècle de Léon X. La paroi qui fait face aux fenêtres est occupée par le Jugement dernier, placé entre la Dispute du Saint-Sacrement et l’Ecole d’Athènes. L’Assomption du Titien décore le dessus de la cheminée, entre la Communion de saint Jérôme et la Transfiguration. La Madone de Saint-Sixte fait pendant à la Sainte Cécile, et dans les trumeaux sont encadrées les Sibylles de Raphaël, entre le Sposalizio et le tableau représentant Grégoire IX qui remet les Décrétales à un avocat du consistoire … Ces copies étant réduites à la même échelle ou à peu près … l’œil y retrouve avec plaisir la grandeur relative des originaux. Elles sont peintes à l’aquarelle.« Charles Blanc: Le cabinet de M. Thiers Paris 1871 p 16-18 [H 3, 1]

      »Casimir Périer disait un jour, en visitant la galerie de tableaux d’un illustre amateur ›Tout cela est fort beau, mais ce sont des capitaux qui dorment.‹ … Aujourd’hui … on pourrait répondre à Casimir Périer … que … les tableaux …, quand ils sont bien authentiques; les dessins, lorsqu’on y reconnaît la griffe du maître … dorment d’un sommeil réparateur et profitable … La … vente des curiosités et des tableaux de M. R. …, a prouvé par chiffres que les œuvres de génie sont des valeurs aussi solides que l’Orléans et un peu plus sûres que les docks.« Charles Blanc: Le trésor de la curiosité II Paris 1858 p 578 [H 3, 2]

      Der positive Gegentypus zum Sammler, der doch zugleich dessen Vollendung darstellt, insofern er die Befreiung der Dinge von der Fron, nützlich zu sein, verwirklicht, ist nach diesem Wort von Marx darzustellen: »Das Privateigentum hat uns so dumm und untätig gemacht, daß ein Gegenstand erst der unsrige ist, wenn wir ihn haben, also als Kapital für uns existiert, oder von uns … gebraucht wird.« Karl Marx: Der historische Materialimus Die Frühschriften hg von Landshut und Mayer Lpz 〈1932〉 I p 299 (Nationalökonomie und Philosophie) [H 3 a, 1]

      »An die Stelle aller physischen und geistigen Sinne ist … die einfache Entfremdung aller dieser Sinne, der Sinn des Habens getreten … (Über die Kategorie des Habens siehe Heß in den ›21 Bogen‹.)« Karl Marx: Der historische Materialismus Lpz I p 300 (Nationalökonomie und Philosophie) [H 3 a, 2]

      »Ich kann mich praktisch nur menschlich zu der Sache verhalten, wenn die Sache sich zum Menschen menschlich verhält.« Karl Marx: Der historische Materialismus Lpz I p 300 (Nationalökonomie und Philosophie) [H 3 a, 3]

      Die Sammlungen Alexandre de Sommerards im Fond des Musée Cluny. [H 3 a, 4]

      Das Quodlibet hat etwas vom Ingenium des Sammlers und des Flaneurs. [H 3 a, 5]

      Vom Sammler werden latente archaische Besitzvorstellungen aktualisiert. Diese Besitzvorstellungen dürften in der Tat mit dem Tabu zusammenhängen, wie die folgende Bemerkung es andeutet: »Il … est … sûr que le tabou est la forme primitive de la propriété. D’abord émotivement et ›sincèrement‹, puis comme procédé courant et légal, le tabouage constituait un titre. S’approprier un objet, c’est le rendre sacré et redoutable pour tout autre que soi, le rendre ›participant‹ à soi-même.« N Guterman et H Lefebvre: La conscience mystifiée 〈Paris 1936〉 p 228 [H 3 a, 6]

      Marxstellen aus »Nationalökonomie und Philosophie«: »Das Privateigentum hat uns so dumm und untätig gemacht, daß ein Gegenstand erst der unsrige ist, wenn wir ihn haben«. »An die Stelle aller physischen und geistigen Sinne ist … die einfache Entfremdung aller dieser Sinne, der Sinn des Habens, getreten.« cit Hugo Fischer: Karl Marx und sein Verhältnis zu Staat und Wirtschaft Jena 1932 p 64 [H 3 a, 7]

      Die Vorfahren von Balthazar Claës waren Sammler. [H 3 a, 8]

      Modelle zum Cousin Pons: Sommerard, Sauvageot, Jacaze. [H 3 a, 9]

      Die physiologische Seite des Sammelns ist wichtig. Bei der Analyse dieses Verhaltens ist nicht zu übergehen, daß das Sammeln beim Nestbau der Vögel eine eindeutige biologische Funktion übernimmt. Angeblich findet sich ein Hinweis darauf in Vasaris »Trattato sull’ Architectura«. Auch Pawlow soll sich mit dem Sammeln beschäftigt haben. [H 4, 1]

      Vasari soll – im Trattato sull architectura? – behaupten, daß der Begriff »Groteske« von den Grotten komme, in denen Sammler ihre Schätze aufbewahren. [H 4, 2]

      Das Sammeln ist ein Urphänomen des Studiums: der Student sammelt Wissen. [H 4, 3]

      Über das Verhältnis des mittelalterlichen Menschen zu seinen Sachen führt Huizinga gelegentlich der Erläuterung des literarischen Genres »Testament« aus: »Diese literarische Form ist … nur verständlich, wenn man nicht vergißt, daß die mittelalterlichen Menschen tatsächlich daran gewohnt waren, durch ein Testament selbst über das Geringste[!] ihrer Besitztümer separat und ausführlich zu verfügen. Eine arme Frau vermachte ihr Sonntagskleid und ihre Kappe ihrem Kirchspiel; ihr Bett ihrem Patenkind, einen Pelz ihrer Pflegerin, ihren Alltagsrock einer Armen, und vier Pfund Turnosen [sic], die ihr Vermögen ausmachten, samt einem weiteren Kleid und einer Kappe den Minoriten. (Champion: Villon II p 182) Ist nicht auch hierin eine ganz triviale Äußerung derselben Denkrichtung zu erkennen, die jeden Fall von Tugendhaftigkeit als ein ewiges Beispiel aufstellte, die in jeder Gewohnheit eine gottgewollte Einrichtung sah?« J Huizinga: Herbst des Mittelalters München 1928 p 346 Was an dieser bemerkenswerten Stelle vor allem auffällt, ist, daß ein derartiges Verhältnis zu den Mobilien etwa im Zeitalter standardisierter Massenproduktion nicht mehr möglich wäre. Man käme damit von selbst auf die Frage, ob nicht die Argumentierungsformen, auf die der Verfasser anspielt, ja gewisse Denkformen der Scholastik überhaupt (Berufung auf die ererbte Autorität) mit den Produktionsformen zusammenhingen? Der Sammler, dem sich die Dinge durch sein Wissen um ihre Entstehung und ihre Dauer in der Geschichte anreichern, verschafft sich zu ihnen ein ähnliches Verhältnis, das nun archaisch wirkt. [H 4, 4]

      Vielleicht läßt sich das verborgenste Motiv des Sammelnden so umschreiben: er nimmt den Kampf gegen die Zerstreuung auf. Der große Sammler wird ganz ursprünglich von der Verworrenheit, von der Zerstreutheit angerührt, in dem die Dinge sich in der Welt vorfinden. Das gleiche Schauspiel ist es gewesen, das die Menschen des Barockzeitalters so sehr beschäftigt hat; insbesondere ist das Weltbild des Allegorikers ohne das leidenschaftliche Betroffensein durch dieses Schauspiel nicht zu erklären. Der Allegoriker bildet gleichsam zum Sammler den Gegenpol. Er hat es aufgegeben, die Dinge durch die Nachforschung nach dem aufzuhellen, was etwa ihnen verwandt und zu ihnen gehörig wäre. Er löst sie aus ihrem Zusammenhange und überläßt es von Anfang an seinem Tiefsinn, ihre Bedeutung aufzuhellen. Der Sammler dagegen vereint das Zueinandergehörige; es kann ihm derart gelingen, über die Dinge durch ihre Verwandtschaften oder durch ihre Abfolge in der Zeit zu belehren. Nichtsdestoweniger aber steckt – und das ist wichtiger als alles, was etwa Unterscheidendes zwischen ihnen bestehen mag – in jedem Sammler ein Allegoriker und in jedem Allegoriker ein Sammler. Was den Sammler angeht, so ist ja seine Sammlung niemals vollständig; und fehlte ihm nur ein Stück, so bleibt doch alles, was er versammelt hat, eben Stückwerk, wie es die Dinge für die Allegorie ja von vornherein sind. Auf der andern Seite wird gerade der Allegoriker, für den die Dinge ja nur Stichworte eines geheimen Wörterbuches darstellen, das ihre Bedeutungen dem Kundigen verraten wird, niemals genug an Dingen haben, von denen eines das andere um so weniger vertreten kann, als