Название | Leopold von Ranke: Historiografische Werke |
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Автор произведения | Leopold von Ranke |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027206056 |
Es folgte Armenschule, Kinderlehre, Katechisation. Canisius151 verfaßte seinen Katechismus, der durch wohlzusammenhängende Fragen und bündige Antworten das Bedürfnis der Lernenden befriedigte. Ganz in jenem devot-phantastischen Sinne nun, der das Institut der Jesuiten von Anfang an so eigen charakterisierte, ward dieser Unterricht erteilt. Der erste Rektor in Wien war ein Spanier, Johann Viktoria, ein Mann, welcher einst in Rom seinen Eintritt in die Gesellschaft152 damit bezeichnete, daß er während der Lustbarkeiten des Karneval in Sack gekleidet durch den Korso ging, indem er sich geißelte, solange bis ihm das Blut auf allen Seiten herunterströmte. Bald unterschieden sich in Wien die Kinder, welche die Schulen der Jesuiten besuchten, dadurch, daß sie an den Fasttagen die verbotenen Speisen standhaft verschmähten, von denen ihre Eltern ohne Skrupel genossen. In Köln ward es wieder eine Ehre, den Rosenkranz zu tragen. In Trier begann man Reliquien zu verehren, mit denen sich seit vielen Jahren kein Mensch mehr hervorgewagt hatte. Schon im Jahre 1560 pilgerte die Ingolstädtische Jugend aus der jesuitischen Schule paarweise nach Eichstädt, um bei der Firmelung »mit dem Tau« gestärkt zu werden, »der aus dem Grabe der heiligen Walpurgis träufele.« Eine Gesinnung, die in den Schulen gegründet, durch Predigt und Beichte über die gesamte Bevölkerung ausgebreitet wurde.
Es ist dies ein Fall, wie er vielleicht in der Weltgeschichte niemals wieder auf ähnliche Weise vorgekommen ist. Wenn eine neue geistige Bewegung die Menschen ergriffen hat, ist es immer durch großartige Persönlichkeiten, durch die hinreißende Gewalt neuer Ideen geschehen. Hier ward die Wirkung vollbracht ohne große geistige Produktion. Die Jesuiten mochten gelehrt und auf ihre Art fromm sein, aber niemand wird sagen, daß ihre Wissenschaft auf einem freien Schwunge des Geistes beruhe, daß ihre Frömmigkeit von der Tiefe und Ingenuität eines einfachen Gemütes ausgegangen sei. Sie sind gelehrt genug, um Ruf zu haben, Zutrauen zu erwecken, Schüler zu bilden und festzuhalten; weiter streben sie nicht.153 Ihre Frömmigkeit hält sie nicht allein von sittlichem Tadel frei, sie ist positiv auffallend und um so unzweifelhafter; dies ist ihnen genug. In freien, unbeschränkten, unbetretenen Bahnen bewegt sich weder ihre Pietät noch ihre Lehre: doch hat sie etwas, was sie vorzugsweise unterscheidet: strenge Methode. Es ist alles berechnet, denn es hat alles seinen Zweck. Eine solche Vereinigung von hinreichender Wissenschaft und unermüdlichem Eifer, von Studien und Überredung, Pomp und Kasteiung, von Ausbreitung über die Welt und Einheit der leitenden Gesichtspunkte ist auch weder früher noch später in der Welt gewesen. Sie waren fleißig und phantastisch, weltklug und voll Enthusiasmus, anständige Leute, denen man sich gern näherte, ohne persönliches Interesse; einer beförderte den andern. Kein Wunder, wenn es ihnen gelang.
Wir Deutsche müssen daran noch eine besondere Betrachtung knüpfen. Wie gesagt, unter uns war die päpstliche Theologie so gut wie untergegangen. Die Jesuiten erschienen, um sie herzustellen. Wer waren die Jesuiten, als sie bei uns anlangten? Es waren Spanier, Italiener, Niederländer; lange Zeit kannte man den Namen ihres Ordens nicht man nannte sie spanische Priester. Sie nahmen die Katheder ein und fanden Schüler, die sich ihren Doktrinen anschlossen. Von den Deutschen haben sie nichts empfangen; ihre Lehre und Verfassung war vollendet, als sie bei uns erschienen. Wir dürfen den Fortgang ihres Instituts bei uns im allgemeinen als eine neue Einwirkung des romanischen Europa auf das germanische betrachten. Auf deutschem Boden, in unserer Heimat besiegten sie uns und entrissen uns einen Teil unseres Vaterlandes. Ohne Zweifel kam dies auch daher, daß die deutschen Theologen sich weder unter sich selbst verständigt hatten, noch großgesinnt genug waren, um die minder wesentlichen Widersprüche aneinander zu dulden. Die Extreme der Meinungen waren ergriffen worden; man befehdete sich mit rücksichtsloser Wildheit,154 so daß man die noch nicht vollkommen Überzeugten irre machte und damit diesen Fremdlingen den Weg bahnte, welche mit einer klug angelegten, bis ins einzelste ausgebildeten, keinen Zweifel übrig lassenden Doktrin nun auch ihrerseits die Gemüter bezwangen.
Bei alledem liegt doch auch am Tage, daß es den Jesuiten nicht so leicht hätte gelingen können ohne die Hilfe des weltlichen Armes, ohne die Gunst der Fürsten des Reiches. Denn wie mit den theologischen, so war es mit den politischen Fragen gegangen; zu einer Maßregel, durch welche die ihrem Wesen nach hierarchische Reichsverfassung mit den neuen Verhältnissen der Religion in Einklang gekommen wäre, hatte man es nicht gebracht. Die Summe des Religionsfriedens, wie man ihn gleich anfangs verstand und nachher auslegte, war eine neue Erweiterung der Landeshoheit. Die Landschaften bekamen auch in Hinsicht der Religion einen hohen Grad von Autonomie. Auf die Überzeugung des Fürsten, auf das Einverständnis desselben mit seinen Landständen kam es seitdem allein an, welche kirchliche Stellung ein Land einnehmen sollte. Es war dies eine Bestimmung, welche zum Vorteil des Protestantismus erfunden zu sein schien, aber eigentlich nur dem Katholizismus förderlich geworden ist. Jener war schon gegründet, als sie zustande kam; dieser stellte sich erst her, indem er sich darauf stützte.
Zuerst geschah dies in Bayern; auf das ernstlichste ging Herzog Albrecht V. daran, sein Land wieder völlig katholisch zu machen.
15. Die Bauten der Päpste des 16. Jahrhunderts in Rom
Päpste I, Werke Bd. 37, S. 307 ff.
Man kennt die Pracht und Größe des antiken Rom; aus Trümmern und Erzählungen hat man es sich mannigfaltig zu vergegenwärtigen gesucht. Auch das Mittelalter verdiente wohl einmal einen ähnlichen Fleiß.155 Herrlich war auch dies mittlere Rom mit der Majestät seiner Basiliken, dem Dienst seiner Grotten und Katakomben, den Patriarchien des Papstes, in denen die Denkmäler des frühesten Christentums aufbewahrt wurden, dem noch immer prächtigen Kaiserpalast, der den deutschen Königen gehörte, den befestigten Burgen; welche sich in der Mitte so vieler Gewalten unabhängige Geschlechter trotzig eingerichtet hatten.
Während der Abwesenheit der Päpste in Avignon war dies mittlere Rom ebenso verfallen, wie das antike längst in Trümmern lag. Als Eugen IV. im Jahre 1443 nach Rom zurückkehrte, war es eine Stadt der Kuhhirten geworden; die Einwohner unterschieden sich nicht von den Bauern und Hirten der Landschaft. Man hatte längst die Hügel verlassen; in der Ebene, an den Beugungen der Tiber wohnte man. Auf den engen Straßen gab es kein Pflaster; durch Balkone und Bogen, welche Haus an Haus stützten, waren sie noch mehr verdunkelt; man sah das Vieh wie auf dem Dorfe herumlaufen. Von S. Sylvester bis an die Porta del Popolo war alles Garten und Sumpf; man jagte da wilde Enten. An das Altertum war beinahe auch die Erinnerung verschwunden. Das Kapitol war der Berg der Ziegen, das Forum Romanum das Feld der Kühe geworden;156 an einige Monumente, die noch übrig waren, knüpfte man die seltsamsten Sagen. Die Peterskirche war in Gefahr zusammenzustürzen.
Als endlich Nikolaus V. die Obedienz der gesamten Christenheit wiedergewonnen, faßte er, reich geworden durch die Beiträge der zum Jubiläum strömenden Pilgrime, den Gedanken, Rom dergestalt mit Gebäuden zu schmücken, daß jedermann mit der Anschauung erfüllt werde, dies sei die Hauptstadt der Welt. Es war aber dies nicht das Werk eines einzigen Mannes; die folgenden Päpste haben jahrhundertelang daran mitgearbeitet.
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