Austausch - Programm. Jürgen Ruhr

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Название Austausch - Programm
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750224544



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flüsterte ich erneut und atmete hörbar auf. Mit Albert Pöting an unserer Seite konnte jetzt nichts mehr schiefgehen.

      Kyle nickte. „Pöting“, wiederholte er und zeigte mir seine weißen Zähne.

      „Überraschung“, rief ich in den Raum, nachdem ich die Tür aufgerissen hatte.

      Doch die Überraschung war mehr auf meiner Seite, denn vom Schreibtisch blickte mich jetzt eine Frau an, die ich nur zu gut kannte: Frau Kriminalhauptkommissarin Elisabeth Unruh.

      Maangj schob mich zur Seite und trat ebenfalls in den Raum. Er lächelte die Frau an, die uns zwei jetzt mit zornrotem Gesicht abwechselnd ansah.

      „Können sie nicht klopfen?“, herrschte sie uns an. „Los, vortreten!“

      Vor ihrem Schreibtisch standen zwei Stühle, auf die Kyle und ich uns setzten.

      „Habe ich setzen gesagt?“, schrie sie wieder und schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. „Nein, das habe ich nicht!“

      Der Südafrikaner und ich sprangen fast synchron auf. „Albert Pöting?“, fragte ich, immer noch einigermaßen verdutzt, sie hier anzutreffen. „Wo ist Albert? Das ist doch sein Büro?“

      „Ruhe. Hier stelle ich die Fragen. Pöting hat Urlaub. Und sie sind die Autohaus-Anzünder, die wir gestern Nacht endlich geschnappt haben. Schwarz und Weiß, na das passt ja. Wo ist eigentlich der Beamte?“

      „Welcher Beamte?“, fragte ich. Wenn Albert Pöting in Urlaub war, vertrat ihn die Hauptkommissarin Unruh. Mir wurde flau im Magen und ich musste an meine erste Begegnung mit ihr denken. Die Frau war - gelinde gesagt - furchtbar und ich verstand nicht, dass man sie nicht schon längst aus dem Polizeidienst entfernt hatte.

      „Ruhe, sie haben keine Fragen zu stellen. Wo ist der Polizist, der sie hergebracht hat?“

      „Unten im Keller.“

      „Aha. Los, hinsetzen.“

      Wir nahmen auf den unbequemen Stühlen Platz, während Elisabeth Unruh in einigen Papieren blätterte. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie Maangj immer noch lächelte und gelegentlich nickte.

      „Sie, was grinsen sie so? Wie ist ihr Name?“

      Der Schwarze sprang auf und legte die Hände an die Hosennaht. „Kyle Maangj, Ma’am“, trompetete er dann. „Major of South African Police Service, Ma’am.“

      „Hinsetzen. Danach habe ich nicht gefragt. Was soll das sein?“, sie wiederholte seine Angaben so, wie sie die verstanden hatte. „Mäjscha off Sauss Afrikaan Poliss Sörvisch.“ Dann winkte sie ab: „Uninteressant. Ich hatte gefragt, warum sie so boshaft grinsen.“

      Erneut sprang Kyle auf, nahm Haltung an und sprach: „Ich grinse nicht boshaft, sondern ich lächle sie lediglich freundlich und ehrfurchtsvoll an. Mir gefällt ihr Auftreten, das ist so ... so ... selbstbewusst.“

      „Quatsch“, schrie die Unruh und hieb erneut auf den Schreibtisch. „Sie wollen sich über mich lustig machen. Aber das wird ihnen noch vergehen!“

      Maangj ließ sich wieder auf den Stuhl fallen und unterdrückte mühevoll sein Lächeln. Ihm schien das alles hier einen Riesenspaß zu bereiten, während ich mich darüber ärgerte, mit dieser Frau meine Zeit zu vergeuden. Aber wie hatte der Oberstaatsanwalt noch gesagt? Maangj solle auch unsere Polizeiarbeit kennenlernen. Nun, hier fand er das beste Beispiel dafür, warum es in Deutschland an allen Ecken und Enden hakte.

      „Frau Kommissarin Unruh“, versuchte ich zu erklären und vermied es, zu lächeln oder zu freundlich auszusehen. Doch ich kam nicht weit.

      „Kriminalhauptkommissarin“, plärrte sie. „Und sie reden nur, wenn sie gefragt werden.“

      Eine Weile herrschte Schweigen. Die Unruh sah uns abwechselnd an, schüttelte hin und wieder den Kopf und schien in ihren Gedanken versunken zu sein. Maangj unterdrückte mühsam das Lächeln und fixierte einen Punkt auf ihrem Schreibtisch.

      „Warum zünden sie immer Autos an?“, fragte die Kommissarin schließlich.

      Kyle Maangj schien entschieden zu haben, dass die Polizei in Deutschland allgemein eine Lachnummer war und antwortete: „Sehen sie, Frau Hauptkriminalkommissarin, die Nächte sind so kalt, da kann ein wärmendes Feuer doch nicht schaden.“ Jetzt grinste er auch wieder und sah mich Beifall heischend an. Ich schüttelte unmerklich den Kopf.

      Die Unruh dagegen nickte leicht. „Wenn ihnen kalt ist, dann brauchen sie doch keine Autos anzuzünden. Wir haben doch Obdachlosenheime, da lässt es sich bequem übernachten. Wo kommen sie überhaupt her?“

      „Kapstadt“, grinste Maangj und fügte erklärend hinzu: „Südafrika, deswegen auch South African Police Service.“

      „Ja, bleiben sie mir vom Leib mit ihrem Kauderwelsch. Ich kann ja verstehen, dass sie kaum Deutsch können, doch auch als Flüchtling dürfen sie nicht mal eben so Autos in Deutschland anzünden. Das macht man einfach nicht, denn sonst wird man bestraft.“ Sie hob drohend den Zeigefinger und wedelte damit in der Luft herum. „Hier in Deutschland herrschen noch Recht und Gesetz, mein Lieber. Aber es ist schon merkwürdig, dass ein Schwarzer und ein Weißer aus Südafrika in Mönchengladbach einfach so Autos anzünden. Auch wenn ihnen kalt ist!“

      Sie blickte mich jetzt an, überlegte erneut und bemerkte: „Ihr Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor. Bestimmt von einer der Fahndungslisten. Das typische Verbrechergesicht. Wie heißen sie?“

      Jetzt sprang ich auf und legte die Hände an die Hosennaht. „Jonathan Lärpers, Frau Kriminalhauptkommissarin. Und ich komme nicht aus Südafrika, sondern aus Mönchengladbach. Ich bin Privatdetektiv und wir ha...“

      „Was sie sind, frage ich später“, unterbrach mich Elisabeth Unruh, während ich immer verzweifelter wurde. Wir jagten einen Brandstifter und mutmaßlichen Versicherungsbetrüger und die Unruh hielt uns hier mit ihrer inkompetenten Art nur auf. „Also, was sind sie für einer?“, fragte sie nun doch. Gut, dass ich noch vor dem Schreibtisch stand, so musste ich nicht erneut aufspringen.

      „Privatdetektiv. Ich habe den Auftrag, den Brandstifter, der am Autohaus Wolpensky immer wieder die Luxuswagen anzündet, dingfest zu machen.“ Es war das erste Mal, dass sie mich einen längeren Satz zu Ende sprechen ließ und ich nutzte die Gelegenheit aus. „Wir haben den Täter überführt, als er letzte Nacht wieder Fahrzeuge anzündete und alles auf Video aufgezeichnet.“ Langsam sank ich auf den Stuhl zurück. Jetzt müsste die Unruh doch endlich schalten, schließlich ließ sich doch alles überprüfen.

      Es dauerte einige Minuten, in denen die Kommissarin angestrengt nachdachte. „So, so“, gab sie schließlich von sich. „Da haben sie sich ja eine schöne Räuberpistole ausgedacht. Wenn sie wirklich über Beweise verfügen würden, dann wüsste ich doch davon. Meine Beamten hätten sie mir doch schon längst vorgelegt!“

      „Wir wurden weder vernommen, noch konnten wir in der Nacht etwas erklären“, gab ich von mir und stand diesmal nicht auf. „Sie können sich gerne die Fotos und Videos ansehen.“

      „Das sind doch Fakes“, grummelte Elisabeth Unruh. „Jedes Kind weiß, wie man solche Aufnahmen manipuliert. Da setzen sie sich an ihren Computer, nehmen das Programm XY und schon ...“

      „Hallo?“, warf ich ein und wurde jetzt wirklich wütend. „Wir haben die Nacht in der Zelle verbracht, da gab es keinen Computer, um solche Videos herzustellen.“ Wie sehr sehnte ich mich jetzt nach Albert Pöting Junior, mit dem wir wenigstens einigermaßen vernünftig hätten reden können. Dann kam mir eine Idee, die diese ganze Farce abkürzen würde, sollte mir die Ausführung gelingen. Unauffällig bedeutete ich Kyle jetzt zu schweigen, dann erhob ich mich langsam.

      „Frau Kriminalhauptkommissarin Unruh“, begann ich. „Mein Partner und ich sind bereit, alles zu gestehen. Es sollte lediglich der Oberstaatsanwalt Herrmann Eberson anwesend sein. Dann erfahren sie alles zu den Bränden und können endlich den Fall abschließen. Und eine Belobigung oder Beförderung für sie wird vermutlich auch noch dabei herausspringen!“