Название | Eine schwierige Familie |
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Автор произведения | Elisa Scheer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783737583329 |
„Eher ein bisschen älter“, vermutete Patrick. „Fragen wir halt die Mutter. Paradies, am Markt… da bin ich ja mal gespannt, ob wir das finden.“
So schwer war es dann aber nicht; am Markt gab es zwar viele Geschäfte, aber nur eins, das irgendetwas mit „Paradies“ zu tun hatte – das Reisebüro „El Paradiso“, angeblich Spezialist für Kuba und Südamerika.
Viel Betrieb herrschte nicht, als sie eintraten, anscheinend buchten die Leute tatsächlich zunehmend nur noch im Internet. Patrick erkundigte sich bei der ersten Beraterin nach Frau Gersch und wurde nach hinten verwiesen. Katrin folgte ihm zwischen den Schreibtischen hindurch nach hinten und um die Ecke, wo eine Frau Mitte dreißig vor einem Rechner saß und konzentriert Daten in eine Exceltabelle eingab. Sie drehte sich um, als die beiden näher traten. „Hier ist eigentlich kein Publikumsverkehr. Wenn Sie bezüglich einer Reise Beratung wünschen, sind Ihnen meine Kolleginnen vorne im Kundenbereich sicher gerne behilflich.“
Sie wollte sich schon wieder ihrer Tabelle zuwenden, aber Patrick trat schnell einen Schritt vor. „Mein Name ist Weber, Kripo Leisenberg. Meine Kollegin, Frau Kramer. Ich denke, Sie wissen, warum wir hier sind.“
Teresa Gersch seufzte resigniert, nahm die Finger von der Tastatur und verschränkte die Hände im Schoß. „Wegen Ludwig“, antwortete sie dann ergeben.
„Ich denke, Sie möchten doch auch wissen, wer seinen Tod verschuldet hat?“ Katrin fand, dass sie sich ekelhaft säuselnd anhörte, aber wenn sie so zu dieser Frau durchdringen konnte?
Viel nützte es nicht: Sie erntete nur ein Schulterzucken. „Der Ludwig war doch selbst schuld. Wenn einer schon Drogen nimmt… er hat eben zu viel genommen oder etwas Schlechtes erwischt. Ich weiß gar nicht, warum Sie das großartig untersuchen.“
„Mochten Sie Ihren Bruder nicht?“, platzte Patrick heraus.
„Nicht besonders. Den hat doch keiner gemocht, der hat sich ja auch nur für sich selbst interessiert. Die Conny hat mir erzählt, der hat sogar seine Geschwister beklaut, bloß um seine Sucht zu finanzieren!“
Das Wort „Sucht“ hatte sie so erbittert hervorgestoßen, dass sich Patrick und Katrin kurz vielsagend anschauten.
„Das heißt, Ihre Schwester hat Sie bereits kontaktiert?“
„Ja, natürlich. Um sich auszuheulen, wie immer.“
„Ach ja?“, machte Katrin. „Ich hatte gar nicht den Eindruck, dass Ihre Schwester so arg an Ihrem Bruder hing?“
„Hat sie auch nicht, wie denn! Nee, die Conny hat sich über das Übliche ausgeschleimt, dass der Tierarzt so teuer ist, dass es im Rabenhaus so furchtbar ausschaut, dass Paula eine eiskalte Kuh ist… sowas halt. Als ob ich für immer den gleichen Quatsch so viel überflüssige Zeit hätte… den Ludwig hat sie nur so nebenbei erwähnt, ich glaube, eigentlich ist ihr das wurscht. Die Conny spinnt doch sowieso, mit all diesen blöden Katzenviechern. Die reinste Sucht ist das!“
Schon wieder dieses Wort…
„Kennen Sie vielleicht jemanden, der Ludwig besonders gehasst hat?“
Teresa Gersch grinste unfroh. „Außer seinen Geschwistern, meinen Sie? Ich wüsste nicht. Vielleicht hat er seinen Dealer betrogen oder sowas… ich meine, er muss doch in seltsamen Kreisen verkehrt haben?“
Dagegen ließ sich zunächst nicht viel sagen; Patrick und Katrin verabschiedeten sich artig und verließen den Laden, nur um draußen vor einem Eiswagen zu landen.
„Hm“, machte Patrick mit nahezu erotischem Timbre in der Stimme, „der hat Pistazie… sorry, aber das brauche ich jetzt.“
Katrin stellte sich sofort neben ihm an. „Ich vielleicht nicht? Bei dieser kranken Familie kann man ja fresssüchtig werden! Ich mag Schokolade und Haselnuss, in so einer Knusperwaffel.“
Sobald der Eisverkäufer – mit einem Schiffchen auf dem Kopf wie in den 50er Jahren – ihnen die beiden Waffeln überreicht und das Geld kassiert hatte, schlenderten sie zu den Bänken mitten auf dem Platz und setzten sich. „Mit Sucht hat sie´s ja, die Gute“, sagte Patrick dann, sorgfältig um seine schmelzende Eiskugel herumleckend.
„Co-Abhängige“, vermutete Katrin, den Mund voller Schokoladeneis. „Schau, in dieser Familie haben sie doch alle irgendeine Sucht. Ludwig Drogen, Conny Katzen, Paula den eigenen Vorteil…“
„Und der Prof?“
„Harmonie. Der kleistert doch alle Konflikte einfach zu. Gescheiter wäre es, er würde alle seine Geschwister rauswerfen, damit sie mal selbstständig werden.“
„Jetzt hat er ja nur noch zwei an der Backe… und wenn er doch dahinter steckt? Wenn ich solche Geschwister hätte, würde ich bestimmt zum Mörder werden.“
„Hast du welche?“ Katrin biss von der Haselnusskugel ab, Patrick schaute geschmerzt zu.
„Was guckst du so?“
„Männer sehen nicht gerne, wenn Frauen so brutal zubeißen.“
„Ach…?“ Katrin grinste schmutzig. „Was können wir dafür, wenn ihr nie an etwas anderes denken könnt?“
„Wieso, woran denke ich denn?“
„Wie alle Männer, wenn eine Frau eine Eiswaffel lutscht: an einen Blowjob.“
Patrick sah sie wie vom Donner gerührt an. „W-was?“
„Musst du nicht leugnen. Und keine Sorge, ich fühle mich von deinen Gedanken nicht belästigt und renne nicht zur Gleichstellungsbeauftragten.“
„Ach nein – nicht belästigt?“ Patrick grinste halb erleichtert, halb interessiert.
„Nö. Das nehme ich alles gar nicht ernst. Und, hast du welche?“
„Welche was?“
„Kurze Aufmerksamkeitsspanne? Geschwister! Ob nervig oder nett.“
„Einen Bruder. Der ist harmlos. Geht noch in die Schule.“
„Was? Der ist ja dann ganz schön viel jünger… ein Nachkömmling, sozusagen?“
„Stimmt. Mein Vater hat nochmal geheiratet, und aus der Ehe ist der Moritz, der ist jetzt fünfzehn. Ein ganz netter Kerl.“
„Und seine Mutter?“ Katrin klang richtig mitfühlend.
„Wieso?“ Patrick verspeiste knurpsend die Waffelreste und stand auf. „Die ist okay. Warum willst du das wissen? Denkst du an böse Stiefmutter oder so? Sorry, alles ganz harmlos.“
Auch Katrin erhob sich. „Na gut. Präsidium und auswerten?“
„Was sonst?“
„Bist du sauer, weil ich so neugierig war?“
„Quatsch. Ich hab ja nichts zu verbergen. Übrigens hast du Recht, denke ich – diese Teresa ist auf Suchtverhalten fixiert. Aber die Tochter tickt ja auch nicht ganz sauber, oder?“
„Meinst du? Mir kam das wirklich nur wie die ganz normale Muffigkeit vor. Und zufrieden ist die bestimmt auch nicht mit sich, bei dem Babyspeck.“
„Du hörst dich an, als hättest zu zuviel Germany´s Next Top Model geguckt“, spottete Patrick, als sie zum Wagen zurückgingen.
„Ich bestimmt nicht, aber Larissa, wetten? In dem Alter ist niemand mit seinem Aussehen zufrieden, vor allem, wenn solche bescheuerten Sendungen dann noch unerreichbare Maßstäbe aufstellen.“
„Meinst du echt?“
„Klar. Patrick, das Mädel ist in der Pubertät!“
„Moritz auch, aber der ist nicht so albern.“
„Der ist ja auch ein Bub. Aber die werden zunehmend auch mehr aufs Äußere fixiert. Strebt er nicht nach einem Sixpack? Hat er sich noch kein Abo für eine Muckibude gewünscht? Keine morgendlichen