Eine schwierige Familie. Elisa Scheer

Читать онлайн.
Название Eine schwierige Familie
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737583329



Скачать книгу

grinste. „Ja – den Eindruck hat sie auf uns auch gemacht. Trotzdem steht immer noch die Frage im Raum, wieso Sie sich schlechter stehen als Ihr Schwager, der diese beiden – mit Verlaub – missgünstigen Weiber am Hacken hat.“

      Gersch grinste kurz. „Prägnant formuliert. Mei… so halt. Vielleicht kann ich nicht so gut mit Geld umgehen wie Bene.“

      Katrin legte den Kopf schief. „Sie sind Mathematiker, oder? Obwohl, wenn ich mich hier so umschaue – eher Informatiker, oder?“

      „Nein, Mathematik stimmt schon.“

      „Und Ihr Schwerpunkt?“

      „Theorie- und Modellbildung. Auch einige Aspekte der klassischen Spieltheorie. So etwas lässt sich hier sehr gut in großem Stil durchrechnen. Verstehen Sie denn etwas davon?“

      Katrin wedelte elegant mit der Hand, von Patrick leicht verblüfft beobachtet. „Sie haben vorhin gesagt, der Mann mit System…“

      „Was?“

      „Hat Ludwig zu Ihnen gesagt, oder?“

      „Ja, stimmt. Hab ich aber nicht verstanden.“

      „Ach nein. Und Ihre Frau wittert überall Suchtverhalten, bei Ludwig, bei Conny – bei Ihnen auch?“

      „Was? Welche Sucht soll das denn sein? Ich rauche ja nicht einmal, und auf Viehzeug steh ich auch nicht. Noch mehr Mäuler zu füttern…“

      „Katrin, worauf willst du hinaus?“. murmelte Patrick.

      Sie grinste ihn an. „Was machst du aus Sucht, System und Mathematik mit Schwerpunkt Modellbildung?“

      Patrick erwiderte das Grinsen. „Alles klar.“ Er drehte sich wieder zu Torsten Gersch: „Tja, wie weit sind Sie denn mit der Suche nach dem perfekten System? Welches Spiel soll´s denn sein?“

      Gersch zog ein verächtliches Gesicht. „Wie sich der Laie so etwas eben vorstellt… aber mathematisch sind solche Systemtheorien schon interessant. Theoretisch eben.“

      „Ach ja – und Sie probieren Ihre Theorien nie auch einmal in der Praxis aus?“

      „Und wenn es noch nicht so klappt, dann können schon auch mal zweitausend Euro über den Tisch gehen?“, fügte Katrin hinzu.

      Gersch stöhnte. „Ja, gut – und? Wenn ich ab und zu mal ein Spielchen mache, was hat das bitte mit dem Tod von Ludwig zu tun? Glauben Sie, ich finanziere meinen Einsatz mit Drogengeschäften oder was? Das beweisen Sie mir erstmal – und das möchte ich sehen!“

      Patrick und Katrin sahen sich an: Da hatte er leider nicht unrecht. Sogar wenn Gersch spielsüchtig war, hatte das mit dem Mord an Ludwig nichts zu tun - noch nichts… oder?

      *

      Die Sonderbar machte einen ganz ordentlichen Eindruck, fand Sophie, als sie sich prüfend umsah. Etwa zehn Tische, davon drei besetzt, ganz leise Musik. Kein Raben – das fing ja schon mal gut an. Sie sah auf die Uhr: Sieben, exakt.

      Nun gut… sie wandte sich an den Mann hinter der Bar. „Ich bräuchte einen ruhigen Tisch für zwei Personen – das heißt, vielleicht ist auch einer reserviert, auf den Namen Raben?“

      Kopfschütteln. „Tut mir Leid, reserviert ist nichts, das wüsste ich.“

      „Vielleicht, wenn Sie mal den Wirt fragen?“

      Grinsen. „Ich bin der Wirt. Heusler, Grüß Gott. Aber das ist kein Problem, ich bin heute nicht ausgebucht. Und die Atmosphäre ist hier eigentlich immer recht ruhig. Schauen wir mal… wir wäre es mit dem letzten Tisch am Fenster?“

      Sophie schaute – ja, der war gut. Sie bedankte sich und bestellte schon einmal ein großes Wasser.

      Sobald sie saß, schaute sie wieder auf die Uhr. Sechs nach sieben. Unglaublich. Mit der Pünktlichkeit würde sie schon einmal anfangen! Nein, Unsinn. Zumindest nicht so. Eine Strafpredigt war schließlich nicht das, was man unter Coaching verstand.

      Zwölf nach sieben… sie schaute zur Tür und erblickte Raben. Der hatte offensichtlich ihren Blick auf die Uhr bemerkt, denn als er am Tisch ankam, war er noch etwas rosig im Gesicht und entschuldigte sich verlegen.

      Sophie wehrte ab, doch er bestand darauf, sobald er saß, zu erklären, warum er sich verspätet hatte: „Wissen Sie, meine Schwester – also, Conny, Sie haben sie ja kennengelernt, nicht? Jedenfalls hatte ich vergessen, ihr das Geld für den Tierarzt zu geben, und deshalb hat sie mich noch etwas aufgehalten. Ja, und dann musste ich auf dem Weg hierher natürlich noch zum Geldautomaten.“

      Sophie nickte gnädig. „Schon okay. Eins verstehe ich allerdings nicht so ganz: Das sind doch die Katzen Ihrer Schwester, oder?“

      „Oh ja! Kaum, dass wir sie ab und an mal streicheln dürfen… die meisten sind allerdings eher uncharmant. Sie haben sicher auch schlechte Erfahrungen gemacht, im Tierheim oder bei ihren früheren Besitzern.“

      „Dann ist die Fürsorge Ihrer Schwester ja umso verdienstvoller. Nur frage ich mich, warum sie ihre Katzenfürsorge nicht selbst finanziert?“

      Raben sah perplex drein. „Conny? Aber dafür verdient sie doch nicht genug!“

      „Ach so.“ Nach einer wohlberechneten Pause sah sie Raben ins Gesicht. „Warum eigentlich nicht? Sie hat doch einen Job? Arbeitet sie nicht im Kratzbaum?“

      „Sicher.“ Raben bestellte sich bei der Bedienung ein alkoholfreies Bier. „Aber die zahlen kaum mehr als den Mindestlohn, und Conny arbeitet da auch nur etwa fünfzehn Stunden in der Woche. Das ist praktisch ein Minijob.“

      „Ah ja. Stimmt, und in ihrer Freizeit hilft sie auf dem Gnadenhof aus… Mir kommt das aber schon etwas so vor, als dürften Sie ihr Gutmenschentum finanzieren, oder?“

      Raben zuckte die Achseln. „Kann schon sein, aber was soll ich machen?“

      „Dazu kommen wir später. Wohlfeile Ratschläge gibt es hier nicht, das wäre kein Coaching.“

      „Was ist Coaching dann?“

      „Hilfe zur Selbsthilfe. Training, um Denkmuster und Verhaltensweisen zu hinterfragen und bei Bedarf zu optimieren oder zu verändern.“

      „Das klingt anstrengend.“

      Sophie grinste über den Tisch. „Ist es auch. Sie wissen doch, was nicht wehtut, wirkt auch nicht.“

      Raben griff unzufrieden nach der Speisekarte. Sophie beobachtete ihn, bis er aufsah: „Möchten Sie nichts essen?“

      „Eigentlich nicht. Mir ist es schon etwas zu spät dazu. Aber tun Sie sich keinen Zwang an.“

      Er lächelte verlegen. „Ich habe nämlich noch nicht…“

      Ja, das konnte sie sich vorstellen, wahrscheinlich war die Küche genauso unerfreulich wie der Rest des Hauses. Und obendrein voller Katzenfutterreste.

      Die Bedienung eilte herbei, sobald Raben die Karte zugeklappt hatte. Gut geschultes Personal, registrierte Sophie und nickte dem Wirt hinter der Theke billigend zu. Raben bestellte sich die Blätterteigpastete mit Hackfleischfüllung und fragte nach Pommes frites dazu. Sobald die Bedienung davongeeilt war, wandte er sich wieder Sophie zu und registrierte ihr leises Kopfschütteln.

      „Was ist?“

      „Können Sie darauf denn gut schlafen?“

      „Worauf?“

      „Auf so viele Kohlenhydrate. Also, ich könnte das nicht, aber vielleicht sind Sie da ja robuster.“

      „Robuster… wahrscheinlich ist das egal, ich schlafe sowieso nicht besonders.“

      „Vielleicht genau deshalb… aber gut, das ist auch nicht unser Thema. Conny braucht also Ihre Unterstützung.“

      Nicken.

      „Und Paula? Die auch?“

      „Nein,