Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

Читать онлайн.
Название Afrikanische Märchen auf 668 Seiten
Автор произведения T. von Held
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742763129



Скачать книгу

Tier; deshalb entfernte Kimyera sich weiter, als es

       seine Absicht gewesen war, und bald fing der Gedanke

       an seine Mutter und Muyanas Weib an ihn zu ängstigen;

       deshalb schickte er Sebarija zurück zu ihnen.

       Endlich war der Büffel erlegt. Als aber Kimyera mit

       Muyana an den Platz kamen, von welchem sie am

       Morgen ausgezogen waren, fanden sie keine Spuren

       der Weiber oder Sebarijas vor. Tag und Nacht such-

       ten sie; doch alles war vergeblich; endlich gaben sie

       ihre Bemühungen als erfolglos auf und zogen weiter.

       Als Kimyera einige Tage darauf wieder auf der Jagd

       war und sein Wild erlegt hatte, traf er an einem Felsen

       ein Weib, das trug auf dem Kopfe einen Krug mit

       Wasser. Kimyera rief ihr zu und bat um einen Labtrunk.

       Lächelnd gab das Mädchen dem schönen Jüngling

       zu trinken und erzählte ihm bald von dem Lande

       Ganda, dessen Tochter sie war, auch von der Königin

       Naku, in deren Diensten sie stand, und deren Gastfreundschaft

       weit und breit berühmt war.

       »Wird sie auch mich mit Freundlichkeit empfangen?

       « fragte Kimyera. »Ich komme aus Unyoro und

       möchte mich im Lande Ganda niederlassen.«

       »Naku wird dich auch aufnehmen; sie ist gütig

       gegen alle Fremden; das ist des Landes Sitte. Was

       aber, Fremdling, ist es, was du in deinem Gurt

       trägst?«

       »Eine Flöte!« entgegnete Kimyera. »Auf ihr ahme

       ich die Stimmen der Vögel nach, welche mir die lieblichsten

       scheinen.«

       Und bei diesen Worten fing er an, dem Mädchen

       seine Weisen vorzuspielen.

       Freudig überrascht von dem Wohllaute seiner

       Kunst schlug die Zuhörerin in die Hände und rief:

       »Naku wird dich mit Freuden aufnehmen, o Fremdling.

       Folge mir, und komme zu ihr, denn dein Glück

       ist gemacht.«

       »Erst muß ich meinen Gefährten aufsuchen,« entgegnete

       Kimyera, »danach komme ich mit ihm zu deiner

       Königin.«

       Freudig grüßend schritt er von dannen, indessen

       das Mädchen in das Dorf lief und dort ihre seltsame

       Begegnung mit dem schönen Jüngling verkündete.

       Kimyera suchte seinen väterlichen Freund Muyana

       auf, fand ihn bald und unterrichtete ihn von allem,

       was vorgefallen war.

       Nachdem die Wanderer sich gewaschen hatten,

       machten sie sich auf den Weg, um die Königin Naku

       und Sebuwana, ihren Gatten, zu begrüßen. Naku war

       auf das Angenehmste überrascht, als sie Kimyera sah,

       und empfing ihn überaus freundlich, zumal seine gewinnende

       Art und die Schönheit seines Körpers ihr

       Herz höher schlagen ließ. Indem sie sich ihrem Gatten

       zuwandte, sprach sie:

       »Laß uns diese unsere neuen Gastfreunde freundlich

       empfangen, denn mir will es scheinen, daß sie

       einem erlesenen und edlen Stamme angehören; wie

       käme sonst ein Jüngling zu einer so hohen Gestalt

       und solch edlem Wuchs wie dieser? Er soll eins unserer

       schönsten Häuser bewohnen, Bananenwein, Milch

       und Früchte werden ihm täglich in Fülle gereicht werden,

       nichts soll ihm mangeln, damit er erkennt, wie

       gern und freudig wir ihn bei uns aufnehmen.«

       Was Naku angeordnet hatte, geschah, und Sebuwana

       selber sah danach, daß alles auf das Sorgsamste

       bereitet wurde.

       »Ist dies dein Instrument, mit welchem du so lieblich

       zu spielen verstehst?« fragte Naku den Fremden,

       indem sie auf die Flöte wies, welche er im Gürtel

       stecken hatte.

       »Jawohl, Königin Naku,« entgegnete Kimyera,

       »und wenn es dir zum Vergnügen gereicht, so laß

       mich dir meine Kunst zeigen.«

       Indem er sich auf dem Leopardenfell niederließ,

       welches für ihn ausgebreitet lag, begann er seiner

       Flöte die lieblichsten Weisen zu entlocken, die jemals

       Nakus Ohr getroffen hatten. Unfähig, ein Wort zu

       sagen, saß die Königin mit fliegendem Atem und

       halbgeöffneten Lippen und starrte unverwandt auf den

       Jüngling. Alle Leute, die zuhörten, blickten einander

       verwundert an, als könnten sie nicht begreifen, was

       vor ihren Ohren erklang. Naku, als der Spieler geendet

       hatte, ging leisen Schrittes auf ihn zu, legte sanft

       ihre Hand auf seine Schulter und sprach:

       »Macht und Herrschaft, o Kimyera, steht dir zu!

       Dem Wohllaut deiner Flöte zu widerstehen, ist unmöglich.

       So bleibe denn bei uns für ganz und geliebt

       von mir, Sebuwana und dem ganzen Volke Gandas.«

       Dann wandte sie sich an Muyana und ließ sich von

       ihm alles erzählen, was dieser von der Herkunft Ki-

       myeras wußte. In tiefen Gedanken versunken, saß sie

       hernach noch lange wachen Auges in ihrer Hütte und

       dachte des Fremden. Am folgenden Tage aber hielt

       eine wunderbare Scheu sie ab, sich ihren Gästen zu

       nahen oder dieselben zu sich bescheiden zu lassen.

       Deshalb trat erst spät am Abend Muyana zu ihr und

       sprach:

       »Sage mir, Königin Naku, ist es Sitte deines Landes,

       Fremde so freundlich zu empfangen, wie du uns

       empfangen hast, um sie hernach nicht mehr zu beachten?

       Oder haben Kimyera und ich dich unwissentlich

       beleidigt? Mache mich bekannt mit den Gebräuchen

       im Lande Ganda, oder laß uns fortziehen, wenn unser

       Anblick dir widerwärtig ist.«

       »Nein, Muyana,« entgegnete die Königin sanft,

       »habe Geduld, und du wirst mich verstehen lernen.«

       Darauf ließ sie sich von Muyana in die Hütte Kimyeras

       begleiten, der, verwirrt und erfreut ob der Ehre

       solches Besuches, ihr eilend entgegentrat und Matten

       wie Felle ausbreitete, damit sie sich niederließe. Darauf

       schälte er ihr eine Banane,