Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Название Afrikanische Märchen auf 668 Seiten
Автор произведения T. von Held
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742763129



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alles vermag ich!«

       Nun war der gefangen von einem Vogel, der sich

       einst gebrüstet und für allmächtig gehalten hatte.

       Der Löwe und die Schildkröte.

       Eine Naosage.

       Vier außerordentlich große Elfenbeinzähne, so groß,

       daß jeder Zahn von zwei Männern getragen werden

       mußte, lagen bereit als Wettlaufpreis, und man sagte:

       »Wohlan, laufet um die Wette, alle Tiere! Wer zuletzt

       ermüdet, bekommt das Elfenbein.«

       Da kamen viele Tiere und liefen um die Wette,

       wurden aber müde und gaben den Wettlauf auf, so

       daß nur noch der Löwe übrig blieb. Dieser freute sich

       und sprach:

       »Mir gehört der Preis!«

       Da erhob sich die Schildkröte und sprach:

       »Noch nicht! Wir wollen noch miteinander wettlaufen,

       damit ich jenes Elfenbein bekomme.«

       Der Löwe weigerte sich, lachte und sprach:

       »Wie? Wirst du wettlaufen können?«

       Die Schildkröte entgegnete:

       »Du wirst es schon sehen; lauf nur zu!«

       Die Schildkröte kletterte unbemerkt auf des Löwen

       Rücken, und so liefen sie denn, – liefen, liefen und

       liefen, bis der Löwe müde wurde und ausruhen

       mußte.

       Da rief die Schildkröte:

       »Ruht nicht aus; sonst bekomme ich die Elfenbeinzähne.

       «

       Weiter und weiter lief wiederum der Löwe, bis er

       ganz und gar ermattet wieder zu den Elfenbeinzähnen

       kam. Da machte er Halt, drehte sich um und fragte:

       »Schildkröte, wo bist du?«

       Die Schildkröte antwortete hinter ihm:

       »Ach, ich bin schon lange hier.«

       Da sah sich der Löwe besiegt und ließ ihr den

       Preis.

       Klugheit des Hasen.

       Naosage.

       Es war einmal ein Mann der hatte eine sehr schöne

       Tochter, zu der sprach er:

       »Koche zehn Körbe voll Essen! Wer es aufißt, soll

       dich heiraten.«

       Sie kochte das Essen.

       Da kamen sehr viele Leute, die das Mädchen gern

       heiraten wollten; aber sobald sie einen Korb voll von

       dem Essen genossen hatten, waren sie satt und mußten

       das Unternehmen aufgeben.

       Da machte sich der Hase auf den Weg, nahm seine

       Axt, seine Hacke, einen Schlauch und ein Buschmesser,

       ein Tuch, Hirse und ein Körbchen. Unterwegs traf

       er das Ichneumon, welches sagte:

       »Zerteile dein Tuch; morgen wird es dir vergolten.«

       Da zerriß der Hase das Tuch und gab dem Ichneumon

       davon.

       Als er weiter ging, traf er einen Vogel; der sagte:

       »Gib mir Schnecken zu essen; morgen wird es dir

       vergolten.«

       Der Hase suchte und gab dem Vogel Schnecken.

       Weiter auf seinem Wege begegneten dem Hasen

       Termiten, die riefen:

       »Schlag uns diese Bambusrohre um; morgen wird

       es dir vergolten.«

       Der Hase nahm sein Buschmesser und fällte die

       Bambusrohre.

       Bald darauf begegnete ihm ein Perlhuhn, das bat:

       »Gib mir von deiner Hirse; morgen wird es dir vergolten.

       «

       Der Hase gab ihm alle Hirse, die er hatte. Ein

       Löwe begegnete dem Hasen, der sprach zu ihm:

       »Gib mir eine Antilope; morgen wird es dir vergolten.

       «

       Da stellte der Hase eine Falle auf, fing eine Antilope

       und gab sie dem Löwen.

       Dann traf er den Elefanten. Dieser sagte:

       »Haue mir einen Affenbrotbaum um; was morgen

       geschehen wird, wirst du dann sehen.«

       Der Hase tat, wie ihm der Elefant geboten hatte.

       Nun kam er in das Dorf, in welchem jenes schöne

       Mädchen wohnte.

       Das Mädchen kochte dem Hasen zehn Körbe voll

       Essen, stellte sie ihm hin und sprach:

       »Jetzt iß!«

       Der Hase entgegnete:

       »Stelle das Essen ins Haus; denn am Tage kann ich

       nicht essen.«

       Da stellte sie es ins Haus.

       Die Sonne ging unter. Der Hase trat nun ins Haus

       und begann zu essen. Da hörte er klopfen und rief:

       »Herein,« und es kam jener Vogel, dem er Schnecken

       gesucht hatte. Der aß einen Korb voll.

       Dann klopfte es wieder, und der Hase rief:

       »Herein!«

       Da kamen die Termiten, die aßen zwei Körbe voll.

       Wieder klopfte es; es kam der Löwe, der aß drei

       Körbe voll.

       Als der Elefant kam, aß er, was übrig war.

       Das Ichneumon trank den Krug voll Bier.

       Die Sonne durchbrach die Wolken, als der Hase

       aus dem Hause heraustrat. Die Leute kamen von allen

       Seiten herausgelaufen, um ihn zu sehen. Er aber holte

       sich Maniok, röstete ihn und sprach:

       »Das war ein Stück Arbeit, all die Körbe voll Speisen

       aufzuessen! Jetzt habe ich aber Hunger!«

       Und er heiratete jenes schöne Mädchen.

       Warum der Löwe und der Leopard vor dem

       Hyänenhunde fliehen.

       Naosage.

       Ein Hyänenhund bekam vier Junge, und ein Leopard

       warf drei Junge. Der Hyänenhund ging hin, suchte

       sich eine Höhle und legte seine Jungen darein. Da

       kam der Leopard und sprach:

       »Komm' laß uns unsere Jungen zusammenlegen!«

       Der Hyänenhund weigerte sich und sprach:

       »Nein; denn du wirst meine Jungen dem Menschen

       verraten!«

       Der Leopard entgegnete:

       »Keineswegs! Sondern wenn ich ein Tier greifen

       werde, dann werde ich es im Maule heimtragen!«

       Da gab der Hyänenhund seine Zustimmung. Sie

       legten ihre Jungen zusammen und gingen aus, um zu