Название | Afrikanische Märchen auf 668 Seiten |
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Автор произведения | T. von Held |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742763129 |
und Kraut im Überfluß, auch zumeist ein schattiges
Plätzchen, um zu ruhen, und kenne eigentlich keinen
wahren Kummer, also habe ich alle Ursache zufrieden
zu sein.«
»Du kannst doch unmöglich behaupten wollen,«
fuhr der Löwe auf, »daß du mich nicht beneidest um
meine Kraft und Stärke wie um meine Würde?«
»Ich beneide dich in der Tat nicht«, entgegnete die
Ziege gleichmütig, »denn bisher war mir weder deine
Kraft noch deine Würde bekannt!«
»Wie? du weißt nicht, daß ich der stärkste von
allen Bewohnern des Waldes bin? Du weißt auch
nicht, daß, wenn ich die Stimme erhebe, alle, welche
es hören, in Furcht erzittern?«
»Nein, von alledem weiß ich nichts! Fast möchte
ich glauben, daß du deine Macht überschätzst; denn
ich kenne Wesen, deren Waffen weit gefährlicher sind
als die, mit denen du kämpfst. Deine Zähne sind zwar
groß, deine Krallen scharf, dein Aussehen gewaltig
und dein Gebrüll erschreckend, und dennoch glaube
mir, gibt es ein kleines Geschöpf in diesem Walde,
das gefürchteter ist als du, und solltest du dich im
Streite mit ihm messen, so würdest du wahrscheinlich
unterliegen.«
»Unsinn!« rief der Löwe ärgerlich, »du reizt mich
zur Wut mit deiner albernen Rede. Noch heute bei
meinem Gastmahl gaben alle Tiere zu, daß sie mit mir
sich nicht vergleichen könnten, und ich sollte meinen,
daß auch du mir recht geben wirst, wenn ich sage, daß
ein einziger Griff von mir dich töten kann!«
»Darin hast du unbedingt recht, und ich darf keinen
Anspruch darauf machen, für besonders stark zu gelten.
Das Wesen aber, von dem ich sprach, ist jedenfalls
nicht dein Gast gewesen.«
»Von wem redest du eigentlich?« fragte der Löwe
verächtlich.
»Von der Schlange!« entgegnete die Ziege ruhig.
»Von der? Von dem kleinen, kriechenden Dinge,
welches Mäuse und kleine Vögel frißt und sich zwischen
Gras und niedrigem Gebüsch hindurchwindet?«
»Ja, ja, von derselben!«
»Ich bitte dich, denke doch daran, wie ein kleiner
Teil meines Körpergewichtes das unscheinbare Ding
zermalmen könnte!«
»Ich möchte dir nicht zu dem Versuche raten. Seine
Zähne sind gefährlicher als die deinen.«
»Willst du in meinem Kampfe mit der Schlange
gegen mich wetten?«
»Ja!«
»Und wenn du verlierst –?«
»So bin ich für immer dein Sklave, und du kannst
über mich verfügen, wie es dir beliebt. Aber wenn du
unterliegst, – was dann?«
»Wähle, was du dann verlangst.«
»Schön! Dann will ich hundert Bananentrauben
haben. Am besten wär's freilich, du brächtest sie
gleich mit auf den Kampfplatz.«
Auf diese letzten Worte zu antworten, hielt der
Löwe für überflüssig.
»Wo aber ist die Schlange, die den Kampf mit mir
aufnimmt?« fragte er daher.
»Ganz nahe!« antwortete die Ziege. »Hole du nur
die Bananen, und wenn du zurückkehrst, wirst du die
Schlange hier vorfinden.«
Stolz schritt der Löwe von dannen, um die Bananen
zu holen, indessen die Ziege in das Gebüsch ging,
wo die Schlange in tiefem Schlaf zusammengerollt
unter einem Baume lag.
»Schlange,« rief die Ziege, »wach' auf! Der Löwe
will mit dir kämpfen. Er hat mit mir um hundert Bananentrauben
gewettet, die er mir geben muß, wenn er
verliert; ich habe aber mein ganzes Leben in seinen
Dienst gestellt für den Fall, daß er Sieger bleibt.
Wenn du meinem Rate folgst, so ist kein Zweifel
daran, daß du über den Löwen triumphieren wirst.«
»Gut,« entgegnete die Schlange schläfrig, »was soll
ich denn tun?«
»Krieche auf einen Baum, der hier in der Nähe
steht, und wenn der Löwe kommt, so rufe ihn, damit
er ganz dicht zu dir trete. In seinem unbegrenzten
Hochmut und voll von dem Glauben an seine Unnahbarkeit
wird er sich ganz sorglos dir nähern und sich
auch noch nicht erschrecken, wenn du deinen Kopf
dem seinen ganz nahe bringst. Dann bohre deine Giftzähne
tief in seine Augenbrauen, und du wirst alsbald
des Kampfes Sieger sein.«
»Schon gut!« sagte die Schlange, die inzwischen
ganz munter geworden war, »aber was soll denn mein
Lohn sein?«
»Ich werde dein Freund und Diener fürs Leben
sein.«
»Einverstanden! Führe mich!«
Darauf führte die Ziege die Schlange auf den
Kampfplatz und zu dem Baume, den sie vorher schon
bezeichnet hatte.
Bald darauf kam der Löwe und hinter ihm her in
langer Reihe die Tiere, welche ihm dienten und für
ihn die Bananen trugen. Nachdem der Löwe diese
Tiere entlassen hatte, wandte er sich zur Ziege.
»Nun, Zieglein,« sagte er freundlich herablassend,
»wo ist deine starke Freundin? Ich brenne darauf, sie
zu sehen.«
»Bist du der Löwe?« fragte da eine feine Stimme
von dem Baume.
»Jawohl! Wer aber, wenn ich fragen darf, bist du,
daß du mich nicht kennst?«
»Ich bin die Schlange; meine Augen sind schwach,
und ich kann mich nicht schnell bewegen. Tritt näher,
damit ich dich sehen kann.«
Der Löwe brach in ein laut schallendes und hochnäsiges
Gelächter aus; dann trat er näher. Die Schlange
streckte ihren Kopf weit vor