Название | Afrikanische Märchen auf 668 Seiten |
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Автор произведения | T. von Held |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742763129 |
»Du zitterst ja,« sagte der Löwe verächtlich.
»Ja,« entgegnete die Schlange, »je mehr ich zittere,
um so schwerer treffe ich,« und dabei schoß sie vorwärts
und bohrte ihren Giftzahn tief in die linke Augenbraue
des Löwen, und im selben Augenblicke ringelte
sich ihr ganzer geschmeidiger Körper um den
Hals des Löwen und vergrub sich in seine dicke
Mähne. Das Gift brannte wie Feuer in dem Kopf und
dem Körper des Verwundeten; als es bis zum Herzen
gedrungen war, fiel er nieder und war tot.
»Gut! sehr gut,« meckerte die Ziege und betrachtete
lüsternen Auges die Bananen. Darauf schworen
Schlange und Ziege sich ewige Freundschaft.
»Jetzt folge mir!« sagte dann die Schlange. »Ich
habe eine kleine Arbeit für dich!«
»Arbeit, beste Freundin? was denn?«
»O sie ist leicht und nicht ermüdend! Wenn du diesen
Pfad hier entlang gehst, so kommst du in ein
Dorf, in dem Menschen wohnen. Dort erzähle, was
ich getan habe und zeige den Leuten den toten Löwen.
Sie werden sich darüber freuen, und du wirst in den
Gärten der Menschen Nahrung im Überfluß finden.
Freilich werden sie dich schlachten, sobald du fett
bist; aber dafür hast du auch ein Leben voller Genuß
und Behaglichkeit gehabt.«
»Mir ist die Arbeit recht,« entgegnete die Ziege,
»und vor dem Ende meines Lebens graut mir auch
nicht. Was dich anbetrifft, so fürchte ich, daß du niemals
Ruhe und Frieden finden wirst; denn Tiere und
Menschen werden dich stets als Feind fürchten und
verabscheuen.«
Darauf schieden sie.
Die Ziege ging den ihr gewiesenen Pfad entlang
und kam bald zu den Menschen und ihren Wohnungen.
Vor dem Dorfe sah sie ein Weib, das war damit
beschäftigt, sich Holz zu sammeln. Als es aufblickte
und ein Tier mit spitzen Hörnern auf sich zukommen
sah, erschrak es und wollte fortlaufen; als es jedoch
sein friedliches Meckern hörte und sah, wie es hin
und wieder stehen blieb, um saftiges Grün und Gras
zu fressen, besann es sich und rief die Ziege an, die
dann auch zögernd nahe trat.
»Folge mir,« sagte die Ziege, als sie ganz nahe gekommen
war; »ich will dir etwas Seltsames zeigen.«
Zwar erschrak die Frau ein wenig, als sie das Tier
sprechen hörte, aber ihre Neugierde gewann die Oberhand,
und sie folgte, bis sie zu der Stelle kam, an der
der tote Löwe lag. Dort blieb sie stehen und rief aus:
»Was ist denn dieses? Was bedeutet das alles?«
Die Ziege erwiderte:
»Dieser hier war einst der König aller Tiere; vor
ihm fürchteten sich alle Wesen, welche im Walde und
auf dem Felde lebten. Aber er wurde zu stolz, zu
hochmütig und fühlte sich zu sehr als derjenige, dem
alles untertan sein mußte. Deshalb forderte ich ihn
zum Kampfe heraus mit einem kleinen unscheinbaren
Wesen, welches in Hecken und Büschen lebt, und du
siehst, er ist im Kampfe gefallen!«
»Und wer war der Sieger?«
»Die Schlange.«
»Du hast recht,« rief das Weib, »die Schlange ist
die Beherrscherin aller Wesen, nur nicht des Menschen.
«
»Du hast wahr gesprochen!« antwortete die Ziege.
»Das weiß auch die Schlange, und deshalb sandte sie
mich zu den Menschen, daß sie mich pflegen und bei
sich behalten sollten. Bin ich aber fett und rund geworden,
so werden sie mich töten und verzehren. Das
waren die Worte der Schlange.«
Die Frau horchte auf diese Worte und merkte sie
wohl. Dann zog sie des Löwen Fell ab, trug es in das
Dorf und erzählte dort den Leuten von ihrem wunderbaren
Erlebnis. Von jenem Tage an ist die Ziege ein
Mitglied des menschlichen Haushaltes geworden, und
der Dank dafür gebührt der Schlange; denn hätte sie
nicht die Ziege zum Menschen geschickt, so wäre sie
für immer wild und unstät geblieben, wie ihre Schwester,
die Antilope.
Fußnoten
1 Dies Märchen wurde Mr. Stanley von einem Eingeborenen
der Kongogegend erzählt und gibt Zeugnis
von der regen Phantasie und dem wunderbaren Talent
der meisten Stämme der Afrikaneger, die Tiere mit
Ideen und Sprache zu beleben.
Kimyera.1
Ein Märchen der Wanyoro aus der Landschaft
Unyoro nördlich vom Viktoria-Nianza.
In Unyoro herrschte vor langer, langer Zeit ein mächtiger
König Namens Uni. Dieser nahm zum Weibe
ein Mädchen eines benachbarten Stammes, das hieß
Wanyana. Wanyana aber hatte für ihren Gatten nichts
wie Haß und Abscheu in ihrem Herzen und zeigte ihm
ihre Gefühle täglich. Eines Tages kam zu dem König
ein Mann, der wollte Vieh einhandeln, und weil er
schön auf der Flöte spielen und gut unterhalten konnte,
so bat ihn Uni, ein Weilchen in seinem Reiche zu
bleiben. Allabendlich setzte sich nun der Fremdling
nieder unter einen großen Baum vor den Hütten des
Königs und unterhielt diesen wie seine Weiber mit
Flötenspiel und Erzählungen. Wohlgefällig ruhte
dabei sein Auge auf den schmucken Gestalten der jungen
Frauen, welche ihm zuhörten. Am meisten aber
entzückte ihn die Schönheit Wanyanas, und er sowohl
wie viele andere der Anwesenden gewahrten auch
bald, daß seine Neigung nicht unerwidert blieb. Ja,
bald flüsterte man unter den Weibern allerlei über
Wanyana und Kalimera und wollte wissen, daß die
Liebenden sich heimlich träfen und leidenschaftliche
Worte tauschten. Zu Unis Ohren