Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Название Afrikanische Märchen auf 668 Seiten
Автор произведения T. von Held
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742763129



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seinen Jungen und ging wieder fort.

       Der Leopard erbeutete eine Antilope; er versuchte sie

       zu tragen, vermochte es aber nicht und zog sie daher

       nur bis zur Höhle. Dann ging er wieder fort.

       Als nun Menschen vorbeikamen und sahen, daß ein

       Leopard ein Tier bis zur Höhle geschleppt hatte, sprachen

       sie:

       »Kommt, wir wollen den Spuren nachgehen!«

       Das taten sie denn auch, bis sie die vier jungen

       Hyänen und die drei Leoparden fanden. Sie schlugen

       die Jungen und töteten drei Hyänen und zwei Leoparden;

       darnach gingen sie fort.

       Der Hyänenhund kam hinein und sah, daß drei seiner

       Jungen getötet waren. Danach kam auch der Leopard.

       »Du hast Schuld daran,« schimpfte nun der Hyänenhund,

       »sieh', was du angestellt hast; meine Kinder

       hast du den Menschen verraten.«

       »Keineswegs!« verteidigte sich der Leopard, »ich

       habe keine Schuld; ich habe ihnen nichts verraten.«

       Da wurde der Hyänenhund zornig und rief alle

       Tiere zum Gerichte zusammen. Es erschienen dazu

       der Löwe, der Elefant, das Nashorn, der Büffel und

       viele andere Tiere.

       »Seht an,« begann der Hyänenhund, »was der Leopard

       getan hat! Ich suchte mir einen Platz, um meine

       Jungen unterzubringen; da kam der Leopard, brachte

       seine Jungen und sprach: Komm', wir wollen sie zusammenlegen.

       Ich aber weigerte mich und sprach:

       Lege du deine Jungen wo anders hin, damit du die

       meinen nicht den Menschen verrätst. Er aber bat und

       sagte: Ich werde sie nicht verraten, sondern ihnen

       Essen zutragen. Aber er schleppte ein Tier vor die

       Höhle, und nun haben die Menschen meine Jungen

       gefunden und getötet. Er ist schuldig.«

       Der Leopard leugnete und sprach:

       »Ich bin nicht schuldig. Die Menschen sind zufällig

       zu der Höhle gekommen. Sagt nun eure Meinung,

       ihr Weisen!«

       Der Löwe fürchtete den Leoparden, deshalb sprach

       er:

       »Er ist nicht schuldig!«

       Auch die übrigen fürchteten ihn und schwiegen

       still.

       Da stand die Schildkröte auf und sprach:

       »Hyänenhund, du hast die Wahrheit gesprochen.

       Der Leopard ist schuldig. Aber die anderen haben

       Furcht vor ihm; darum ist ihr Urteil nicht gerecht.

       Wohlan, geh' deines Weges, Hyänenhund! Aber wenn

       ihr zusammenkommt, du oder der Löwe und der Hyänenhund,

       dann wird der Löwe fliehen, und wenn der

       Leopard mit dem Hyänenhund zusammenkommt, so

       wird er fliehen und auf die Bäume klettern, sobald er

       seine Stimme hört.«

       Darauf ging die Versammlung auseinander.

       Mit jenem Tage fliehen der Löwe und der Leopard

       vor dem Hyänenhunde.

       Ein kluger Richter.

       Hottentottenfabel.

       Ein Affe suchte sich eines Tages, wie es Art der Affen

       ist, unter Steingeröll seine Nahrung. Ein besonders

       großer Block erregte seine Aufmerksamkeit und Begier.

       In der Hoffnung, unter ihm leckere Infekten zu

       finden, schob er ihn mit großer Kraftanstrengung zur

       Seite und hob ihn ein wenig hoch. Statt der erwarteten

       Infekten fand er unter ihm eine große Schlange, die,

       böse ob der unerwarteten Störung, ihn wütend anzischte

       und drohte, den Eindringling zu beißen. So

       gut es gehen wollte, entschuldigte sich der geängstigte

       Affe und versicherte, er habe keine Ahnung gehabt,

       daß der Stein Privateigentum sei. Nie würde er es gewagt

       haben, ein so gefährliches Wesen wie die

       Schlange in irgend einer Weise zu belästigen. Indessen

       – die Schlange hörte gar nicht auf alles hin, was

       der arme Affe sagte; sie war gereizt worden und wollte

       sich rächen. Noch waren die beiden im Wortgefecht,

       als ein Schakal des Weges kam. Ihn zum

       Schiedsrichter zu ernennen, schien den Streitenden

       das beste; denn vor des Schakals Weisheit hatten sie

       großen Respekt. Aufmerksam hörte er den Klagefall

       an und erwog im stillen, wie er wohl durch seinen

       Spruch seiner eigenen Abneigung gegen die Schlange

       gerecht werden könne. Gewogen war er dem Affen

       freilich auch nicht; aber die Schlange fürchtete er. Um

       den Fall nun ganz gut verstehen zu können, so meinte

       der schlaue Schakal schließlich, müsse er die Kläger

       auffordern, sich genau an die Plätze zu begeben, die

       sie inne hatten, als der Streit anfing. So ging denn die

       Schlange zurück zu ihrem Stein, den der Affe auf sie

       wälzte.

       »Kannst du, Schlange,« fragte dann der Schakal,

       »jetzt hervorkriechen, ohne daß dir geholfen wird?«

       »Nein,« entgegnete die Gefragte.

       »Ganz sicher nicht?«

       »Nein.«

       »Nun gut,« sagte darauf der Schakal listig grinsend

       zum Affen, »so wollen wir nicht weiter von der Angelegenheit

       reden, sondern sie lieber ruhen lassen; es ist

       besser so.«

       Und Schakal und Affe gingen ihres Weges.

       Der Löwe und der Schakal.

       Hottentottenfabel.

       Weil der Schakal dem Löwen manchen bösen Streich

       gespielt hatte, sann dieser darauf, sich an dem Übeltäter

       zu rächen. Der Schakal, der des Löwen Absicht

       nur zu wohl erriet, mied ihn, so gut er konnte. Eines

       Tages aber trafen sich beide am jähen Abhange eines

       mächtigen Felsen; an ein Entkommen war für den

       Schakal nicht zu denken. Schnell besonnen, lief er

       eilig die Felswand entlang, indem er kläglich um

       Hilfe rief.

       »Was ist denn los?« fragte der Löwe.

       »Was los ist? Siehst du denn nicht, daß der Felsen

       im Stürzen ist? Er wird dich und mich