Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Название Afrikanische Märchen auf 668 Seiten
Автор произведения T. von Held
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742763129



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»Wa – – a – a – s? mit mir, mit mir?« spottete der

       Hase erstaunt.

       »Hm! ja mit dir; warum denn nicht?«

       Das ärgerte nun den Hasen, wenn er auch meinte,

       es sei nur Scherz von der Schildkröte; aber solche

       Scherze mochte er nicht leiden. Als er nun gar merkte,

       daß die Schildkröte in vollem Ernste redete, sprach er:

       »Nun meinetwegen! Was gilt die Wette?«

       »Ich setze alles, was ich habe; du mußt dasselbe

       tun.«

       »Gut! mir ist's recht.«

       Dann ging die Schildkröte gemächlich, wie es ihre

       Gewohnheit war, nach Hause. Der Hase und seine

       Frau lachten aber hinter ihr her.

       Daheim angelangt, sprach die Schildkröte zu ihren

       Kindern:

       »Ich muß heute noch ausgehen, und ihr sollt mich

       begleiten!« Da freuten sich die kleinen Schildkröten

       sehr. So ging denn die Alte mit ihnen in den Wald.

       Bei der ersten Biegung des Weges sprach sie zu ihrem

       kleinsten Kinde:

       »Bleibe hier stehen, und wenn morgen der Hase an

       an dir vorbeilaufen wird, so ruf' ihm zu: ›Guten Tag,

       lieber Hase!‹« Dann ließ sie die Worte von dem

       Kinde noch einmal wiederholen und ging mit den anderen

       Kleinen weiter.

       »Du bleibst h i e r stehen,« sagte sie nach einer

       Weile zu dem zweiten Kinde, »und wenn morgen der

       Hase an dir vorbei kommt, so rufst du ihm zu: ›Guten

       Tag, lieber Hase!‹«

       Das Kind versprach zu tun, was die Mutter verlangte,

       und diese ging weiter mit den übrigen Kindern.

       Wieder nach einer Weile, gab sie denselben Befehl

       einem anderen Kinde und so weiter, bis das sechste

       Schildkrötchen an einem großen Stein seinen Posten

       einnahm; dieser Stein sollte, wie verabredet, das

       Ziel des Wettlaufes sein.

       »Du rufst: ›Gewonnen! Ich bin da,‹ wenn der Hase

       kommt,« sagte sie zu diesem und ging fröhlich nach

       Hause; denn es war spät, und sie wollte schlafen.

       Der Hase tat in der Nacht vor Aufregung kein Auge

       zu.

       »Wie lächerlich von dir!« sagte seine Frau, »als ob

       eine Schildkröte einen Hasen im Wettlauf schlagen

       könnte!«

       Am anderen Morgen kam ein Freund des Hasen,

       der Zeuge sein sollte, und holte ihn ab. Darauf ging's

       zur Schildkröte. Diese war bereit, und man begab sich

       zu der bezeichneten Stelle im Walde.

       »Eins, zwei, drei!« und der Wettlauf ging los.

       Nach einer kleinen Weile drehte die Schildkröte auf

       einem Seitenwege um und ging heim.

       Dort wartete sie auf ihre Kinder.

       Der Hase lief, so schnell er konnte und dachte weiter

       nichts bei sich, als er plötzlich neben sich hörte:

       »Guten Tag, Herr Hase!«

       Ei, wie er da eilig weiterrannte!

       »Guten Tag, Herr Hase!« klang's da noch einmal,

       und wieder: »Guten Tag, Herr Hase.«

       Er war außer sich; wütend!

       Nun noch ein kleines Stück, und das Ziel war erreicht.

       Der Hase keuchte weiter.

       »Gewonnen! Hier bin ich!« scholl es da.

       Da war es aus mit der Kraft des Hasen; erschöpft

       und ohnmächtig fiel er zu Boden.

       Die alte Schildkröte aber sah glückselig ihre Kinder

       wiederkehren und freute sich ihrer gelungenen

       List.

       Nach geraumer Zeit kam die Frau des Hasen, klagte

       und weinte und bat die Schildkröte zu vergessen

       und zu vergeben, wie tief der Hase sie gekränkt habe.

       »Er liegt krank daheim,« fügte sie hinzu, »und nun

       müssen wir dir den Preis zahlen!«

       »Geh nur heim!« sagte die Schildkröte, »ich werde

       mir die Sache überlegen. Morgen komme ich zu dir.«

       Am anderen Tage ging sie denn auch wirklich zu

       ihrem kranken Gegner, sprach ein paar freundliche

       Worte zu ihm und nahm nur ganz wenig von dem,

       was ihr zukam.

       »Eins aber merke dir,« sagte sie ernsthaft, »du

       mußt nie wieder spotten über das Aussehen anderer

       Leute; so wie wir gemacht sind, müssen wir bleiben,

       und es ist gut so.«

       Fußnoten

       1 Wem fiele beim Lesen dieser Sage unserer schwarzen

       Landsleute nicht sofort der bekannte deutsche

       Swinegel ein, der den Wettlauf mit dem Hasen eingeht?

       Die Ähnlichkeit beider Märchen ist eine so

       frappierende, daß man geneigt ist, die Originalität des

       einen oder des anderen zu bezweifeln; dennoch sind

       beide echt. Die Märchenwelt eines Volkes ist eben

       nichts anderes, als das Buch seiner Kinderstubengeschichte,

       diese aber wiederholen sich allerorten, wie

       auch Spiele und Gewohnheiten von Kindern stets wiederkehren;

       der kindliche Geist hat zu jeder Zeit seine

       ihm eigene, sich wiederholende Phantasie.

       Die Ziege, der Löwe und die Schlange.1

       Eine Sage der Basoto, eines Eingeborenenstammes

       aus dem Kongogebiet.

       Eines Tages spazierten eine Ziege und ein Löwe am

       Rande eines tiefen Waldes miteinander. Nicht weit

       von dem Dickicht lag ein friedliches Dorf, in dessen

       Hütten zufriedene Menschen lebten, und welches von

       einem hohen geflochtenen Zaun umgeben war.

       »Wo kommst du heute her, lieber Freund?« fragte

       die Ziege den Löwen.

       »Geradenwegs von einem Festmahl, welches ich

       guten Freunden von mir veranstaltet habe. Der Leopard,

       die Hyäne, der Wolf, der Schakal, die wilde

       Katze, der Büffel, das Zebra waren meine Gäste.

       Auch die Giraffe, das Elentier und der Springbock

       kamen zu mir.«

       »Wie großartig das gewesen sein muß!« seufzte die

       Ziege.