Erzählen-AG: 366 Geschichten. Andreas Dietrich

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Название Erzählen-AG: 366 Geschichten
Автор произведения Andreas Dietrich
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753171944



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an die Leine und konnte auch mal über die schneebedeckte Wiese rennen.

      Auch wenn es wohl ein schönes Motiv wäre, der Hund wurde nicht fotografiert. Das Herrchen oder Frauchen könnte etwas dagegen haben. Der eigene Hund kann fotografiert werden. Das eigene Ich kann fotografiert werden. Das andere Ich - und dazu gehört wohl auch der Hund - darf nicht ohne Weiteres fotografiert werden. Dazu braucht es in der Regel das Einverständnis des Anderen.

      Wenn der Hund über die schneebedeckte Wiese läuft, dürfen das auch andere. Kamera geschnappt und es geht querfeldein. Zu sehen ist ein Stab oder Stock, der aus den Boden ragt. Dieser Stock könnte auch Pfeiler genannt werden. Er ist anderthalb Meter hoch und besteht aus Holz.

      Der Holzpfeiler ist ein gutes Motiv. Die Kamera kann aus der Tasche geholt werden. Der Pfeiler wird fotografiert. Mal von links und mal von rechts. Mal gegen die Sonne, mal mit der Sonne. Mal wird der Pfeiler vom Nahen fotografiert, mal von Weitem.

      Dann ist auch schon Schluss mit der Fototour. Es geht zurück. Zu lange können die Kinder auch nicht alleine bleiben. Sie sind zwar keine Babys mehr, doch noch lange nicht zu hundert Prozent selbstständig.

      Zweiundzwanzigster Januar

      Es ist Winter. Dies weiß jeder, der auf den Kalender sieht. Der weiß, dass der Winter im Dezember beginnt. Der weiß, dass der Frühling im März beginnt. Der weiß, dass der Januar dazwischen liegt.

      Wer nicht auf den Kalender schaut, erkennt kaum, dass es Winter ist. Dass wir Januar haben. Wer hinausgeht, braucht keine dicke, fette Jacke. Keine dicke Mütze oder Handschuhe. Manche brauchen sogar weder Mütze noch Handschuhe. Für sie sind die jetzigen Temperaturen schon ohne Mütze und Handschuhe angenehm. Draußen sind keine Minusgrade. Das Thermometer kommt nicht einmal in der Nacht auf die Idee, vor den Zahlen ein Minus zu zeigen. Die Temperaturen sind im Plusbereich. Minimum fünf Grad zeigt es an.

      In der Nacht. Am Tag steigt das Thermometer höher. Zehn Grad sind überall zu erreichen. Teilweise sind es sogar bis vierzehn Grad im Schatten. Deutlich zu warm für den Winter. Zu warm für den Januar. Zu mindestens heute.

      In den letzten Tagen war es kalt. Teilweise frostig kalt. Ab und zu gab es Niederschlag. Es regnete nicht. Dafür war es zu kalt. Es schneite. Das ganze Land wurde in den letzten Tagen mit einer weißen Decke überzogen. Die Wiesen waren weiß. Die Bäume. Die Pflanzen. Die Dächer in den Städten. Die Autos. Die Straßen.

      Zu mindestens anfangs. Der Winterdienst machte seine Arbeit. Befreite die Straßen vom Schnee. Die Bürger befreiten die Fußwege vom Schnee. Wer mit dem Auto fahren musste, entfernte den Schnee von seinem Auto. Die Einen entfernten den Schnee vollkommen, die anderen nur teilweise.

      Doch heute fiel kein Schnee. Die Straßen blieben schwarz wie der Asphalt, grau wie der Beton. Bei den Fußwegen sah es etwas anders aus.

      Das Tauwetter begann schon gestern Nachmittag. Der Schnee schmolz. In den Städten und auf dem Land. Aus dem Schnee wurde Schneematsch. Herrlich. Wer keine Stiefel hatte, wer keine wasserdichten Schuhe besaß, bekam heute nasse Füße. Die Socken wurden nass. Ein wirklich tolles Gefühl.

      Der Schnee schmolz aber nicht überall gleichzeitig. An einigen Stellen war er heute Morgen kaum noch zu sehen. An anderen Stellen gab es noch eine kleine Schneeschicht. Dies lag hauptsächlich daran, dass es Stellen in der Sonne und im Schatten gab.

      Dort, wo die Sonne schien, konnte der Schnee schmelzen. Dort, wo Schatten war, hatte die Sonne es schwer. Das warme Wetter musste es erledigen. Die warmen Temperaturen mussten den Schnee alleine schmelzen.

      Wer zu Fuß war, konnte nasse Füße bekommen. Wer mit Rad fuhr, eher weniger. Dafür war es heute eine Schlingerfahrt. Dort, wo der Schneematsch kaum sichtbar war, konnte der Radfahrer gut durchkommen. Doch es gab ja auch noch die schattigen Stellen. Dort machte das Rad fast, was es wollte. Der Radfahrer oder die Radfahrerin musste aufpassen.

      Glücklicherweise sollte das Tauwetter nicht lange dauern. Der Schneematsch sollte schnell verschwinden. Das Radfahren sollte leichter werden. Die Füße konnten trocken bleiben. Doch, ob der Winter jetzt für immer ging? Oder kam er wieder? Wir hatten Ende Januar. Der Februar war noch ein Wintermonat. Der März teilweise auch. Meteorologisch nicht. Kalendarisch begann der Frühling aber erst in zwei Monaten. Genug Zeit für den Winter, noch einmal zurückzukehren. Mit kalten Temperaturen. Mit Schnee.

      Dreiundzwanzigster Januar

      Wir schreiben den dreiundzwanzigsten Januar. Es ist ein Wintertag. Seit dem Morgen schneit es. Da es kalt ist, taut der Schnee am Boden nicht. Der Schnee bleibt liegen.

      Es schneit weiter und weiter. Die Schneedecke wird höher und höher. Der Winterdienst kommt kaum nach. Nur wenige Minuten später liegt wieder eine Schneedecke auf der Straße. Die Autos müssen vorsichtig sein. Vor allem in Nebenstraßen. Sie haben nur eine geringe Priorität. Sie werden seltener geräumt als die Hauptstraßen. Heute sogar noch seltener. Die Schneedecke auf den Hauptstraßen hat Priorität.

      Auf Fußwegen liegt noch mehr Schnee. Nicht jeder ist zu Hause. Kann den Fußweg vom Schnee befreien. Einige können es. Viele haben es am Morgen gemacht. Sind dann zur Arbeit gefahren. Wenn sie wiederkommen, räumen sie wieder den Schnee. Manchmal alleine. Manchmal nicht.

      Eltern können teilweise auf die Hilfe ihrer Kinder setzen. Natürlich nicht, wenn die Kinder noch Babys sind. Auch manche Teenager sind nicht hilfsbereit. Sie fordern nur und geben nicht viel.

      Wer Glück hat, bekommt Hilfe. Gemeinsam mit dem Kind wird der Fußweg vor dem Haus vom Schnee befreit. Gemeinsam wird der Schnee geschoben. Gemeinsam wird gestreut. Nach getaner Arbeit kann das Vergnügen kommen.

      Was machen Kinder im Winter gerne, wenn Schnee liegt? Sie rodeln, wenn sie einen Schlitten haben. Ohne Schlitten können sie einen Schneemann bauen. Manche Kinder bauen ihn alleine. Manche Kinder holen sich die Hilfe ihrer Eltern.

      Mein Kind hatte Glück. Nachdem ich von der Arbeit kam, den Fußweg vom Schnee befreite, hatte ich noch Zeit. Zeit, mit meinem Kind einen Schneemann zu bauen. Meine Frau kam kurz zuvor auch nach Hause. Gemeinsam konnten wir einen Schneemann bauen. Zu mindestens theoretisch. Tatsächlich bauten wir drei. Es gab Vater Schneemann, Mutter Schneemann und ein Schneemannkind. Wir bauten in unserem Garten hinter dem Haus unsere Familie nach.

      Die Rollen waren klar verteilt. Unser Kind baute das Schneemannkind. Meine Frau war für Mutter Schneemann zuständig. Ich baute Vater Schneemann. Gemeinsam rollten wir die Unterkörper unserer Schneemänner. Mein Schneemannunterkörper war am größten. Dann kam der Unterkörper der Schneemannfrau. Den kleinsten Unterkörper bekam das Schneemannkind. Dies war ja auch logisch. Das Schneemannkind war ja das kleinste Familienmitglied.

      Nach dem Unterkörper war die Mitte der Schneefiguren dran. Jeder von uns rollte wieder eine Kugel. Jeder von uns fing mit einem kleinen Schneeball an. Dieser Schneeball wurde auf den Boden gerollt, so lange, bis die Kugel die richtige Größe hatte. Dann kam der Kopf unserer Schneefiguren dran. Wieder fingen wir mit einem kleinen Schneeball an. Der Kopf war die kleinste Kugel. Vater Schneemann hatte den größten Kopf. Dann kam Mutter Schneemann. Das Schneemannkind hatte den kleinsten Kopf.

      Nun setzten wir die Schneemänner zusammen. Da mein Sohn nicht die Kraft und die Größe besaß, half ich ihm bei seinem Schneemann. Damit waren die Schneemänner aber noch nicht fertig. Sie hatten keine Augen, keine Nase und keinen Mund. Dies brauchten unsere Schneemänner unbedingt, sagte mein Kind.

      Wir hatten keine Kohle. Die Augen der Schneemänner mussten aus etwas Anderes bestehen. Ich hatte die Idee, Kartoffeln zu nutzen. So machten wir es auch. Unsere Kartoffeln waren etwas eierförmig. Meine Frau halbierte sie. Eine halbe Kartoffel wurde ein Auge des Schneemannes. Die andere Kartoffelhälfte wurde das zweite Auge. Dann bekam jeder Schneemann noch eine Möhre als Nase. Da wir keine Ideen für den Mund hatten, blieb der Schneemann erst einmal ohne Mund. Sollten wir dafür eine Idee haben, werden wir uns um unsere Schneemänner kümmern. Jetzt werden wir aber erst einmal hineingehen. Draußen ist es kalt. Drinnen ist es warm. Vor allem mit einer heißen Schokolade wird uns warm.