Название | Nächstes Treffen Adria |
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Автор произведения | Johanna Kemme |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753189789 |
Sakis heißt der kleine, dunkelhaarige Mann und kommt aus Griechenland. Er will nachts über den Brenner fahren. Dann sei da nicht so viel Verkehr. Und tagsüber würde man wohl auch ewig an den Grenzkontrollen warten, meint er. Und warum nicht durch Jugoslawien?“, ist Tina ernsthaft interessiert. „Naa!", verzieht Sakis abgeneigt sein Gesicht. „Viele Kontrollen! Die Leute nich gut", macht er eine wegwerfende Bewegung. „Italien teuer, aber gut. Und nix machen, denn zahlt Chef“, grinst er die beiden jungen Frauen durch und durch zufrieden an, so dass man seine weißen Zähne sehen kann „Ah!“, nickt Tina verständnisvoll. „Und welche Strecke ist weiter?“, zeigt sie mit den flachen Händen verschiedene Distanzen an. „Über Italien oder über Jugoslawien?“ Gut macht sie das, denkt Lena erleichtert und spürt erneut ihre unendliche Müdigkeit. Ein bisschen komisch dieses andere Mädchen, findet Sakis hingegen, das so schweigend da sitzt und nicht sehr gesund aussieht irgendwie. „Was ist?“, zeigt er auf die langen, rotblonden Haare die neben Tina Lenas längliches Gesicht verbergen. „Ah, zu viel Sonne“, erklärt Tina und zeigt erst in den Himmel und dann auf Lenas heißen Kopf. „Ah, sie schlafen!“, findet ihr Fahrer und versucht mit dem rechten Arm zwischen den Sitzlehnen den Vorhang hinter ihnen zur Seite zu ziehen. Tina jedoch ist unsicher und auch Lena weiß nicht so recht. Schließlich handelt es sich bei dem, was Sakis ihr dort anbietet, um sein Bett. Er aber versichert immer wieder: „Kein Problem. Schlafen gut!“, bis Lena endlich, wenn auch ein wenig verlegen, zwischen den Sitzen hindurch in den hinteren Teil des Führerhäuschens krabbelt, vorsichtig die Bettdecke ihres Fahrers zur Seite schiebt, ihre Schuhe auszieht und sich auf Sakis` Laken legt. Es riecht. So, wie auch die Decke riecht und das Kopfkissen, auf welchem ihr Kopf nun wunderbar weich zum Liegen kommt. Es riecht nach dem, der es sonst benutzt. „Das ist echt nett!“, versichern die Mädchen Sakis immer wieder. Sie solle ruhig die Bettdecke nehmen, bedeutet dieser Lena, sich immer wieder nach hinten drehend. Den Mädchen wäre es lieber, er ließe seine Hände am Steuer. „Ist das echt ok für dich?“, will Lena von ihrer Freundin wissen, denn die wird ja nun gleich allein sein da vorne mit ihrem griechischen Fahrer. „Ja, alles gut!“, schielt Tina kurz zu dem jungen Mann, der bereits dabei ist, die Vorhänge hinter sich und Tina wieder zuzuziehen. Und kaum, da sie geschlossen sind, ist Lena dieser Welt auch schon wieder entschlummert.
Tina sinnt nach Themen, über die sie sich mit ihrem jungen, griechischen Fahrer unterhalten kann, während sie erst ihren, dann Lenas Pass aus ihren Umhängetaschen kramt. Sakis aber scheint gar nicht so sehr an einem Gespräch interessiert. Warum er sie wohl mitgenommen hat, fragt sie sich, wo er es doch so eilig hat und es ihm so schwer fällt, sich auf Deutsch zu verständigen? Für manche Fahrer, aber wird ihr dann klar, ist es wohl einfach nur wichtig, nicht allein zu sein, da in ihrem Führerhaus hoch oben über der öden, schwarzen, sich endlos hinziehenden Fahrbahn. Während der Brummi sich durch die Alpen quält, Sakis mächtig mit Schalten beschäftigt ist, um die Steigungen empor zu kommen, und sie eigentlich mehr tuckern als fahren, schlägt er Tina vor, es sich auf der zweiten Pritsche, der über Lena, gemütlich zu machen. Tina horcht noch einmal in sich hinein, ob man ihm wirklich trauen kann. Ob es gut geht, wenn nun auch sie sich noch schlafen legt und er mit ihrem Gepäck und ihren Pässen alleine bleibt? Aber da ist nichts, was stört, spürt sie, es fühlt sich alle gut an und so richtet sie sich leise das obere Bett. Lena darunter schläft ganz fest. Wie cool das doch hier ist für sie beide, denkt Tina noch, und entschwindet mit einem Lächeln im Gesicht ebenfalls im Land der Träume.
Seit der Tramptour mit Tina nach München hat Jan das wunderbare Gefühl, das Leben sei einfach nur schön und ihn könne nichts mehr aus der Fassung bringen. Die Nacht an der Raststätte in München war jedoch nicht sonderlich angenehm gewesen. Sie waren einfach zu spät dran. Der kleine Ausflug in das bayerische Land hatte Zeit gekostet und kaum, dass Tina und Lena davongefahren waren, schienen sich die übrigen LKW nun ihre Stellplätze für die Nacht zu suchen. Sie wollten oder konnten nicht mehr weiterfahren. Und die wenigen PKW, die noch an ihnen vorbeirauschten, machten keine Anstalten mehr anzuhalten. Der einzige Mensch, der noch auf die Bremse getreten war, hätte sie gerade mal bis Rosenheim mitnehmen können und da hieß es doch besser auf der Raststätte bleiben.
Jan weiß nicht warum, hat nichts Konkretes, woran er es festmachen kann, aber er ist sich nunmehr gewiss, dass Tina seine Gefühle erwidert. Vielleicht wegen der Art, in der sie ihn immer wieder angelächelt hat auf ihrer gemeinsamen Reise bis hierher. Wegen der Art, wie sie sich seitdem in die Augen sehen. Nun aber, da er aus dem Zelt kriecht, welches die beiden jungen Tramper in der Nacht hinter der Böschung gleich neben der Autobahn notdürftig aufgestellt hatten, und in Rainers Augen sieht, zweifelt auch er für einen Moment an der Richtigkeit ihrer Reisepläne. Zerknittert schaut Rainer ihn an. Er hat, das erzählt sein Gesicht, so gut wie nicht geschlafen. Jan schickt ihn Wasser holen, braut dann einen Kaffee für sie auf dem wackeligen Gaskocher zusammen. Rainer aber vermisst die Milch darin. „Wir sollten die LKW-Fahrer direkt ansprechen“, versucht sein Freund ihn aufzumuntern. „Meinetwegen“, zuckt Rainer aber nur mit den Schultern. Er ist echt missmutig am heutigen Morgen.
Gefolgt von seinem schlechtgelaunten Freund eilt Jan von Lastkraftwagen zu Lastkraftwagen. Dicht gedrängt stehen sie so früh am Morgen noch auf dem Parkplatz beieinander. Da Rainer sich nur in einer Sprache wirklich verständigen kann, in der nämlich, in der er groß geworden ist, mag er das Sprechen lieber seinem Kumpel überlassen, dem sein Talent für fremde Sprachen schließlich das Abi gerettet hat. Erst auf Deutsch, dann auf Englisch spricht dieser einen Fahrer nach dem anderen an. Genau wie die beiden Jungen, scheinen auch die Fahrer gerade erst aufgestanden zu sein. Sie frühstücken noch oder kommen gerade von den Toiletten der Raststätte zurück, das Waschzeug unter den Arm geklemmt und so rechnet sich Jan auch gute Chancen aus, schnell jemanden unter ihnen zu finden, der sie bis nach Italien mitnehmen wird.
„Nix verstehen!“, kommt eine ablehnende Geste von dem Fahrer, der wohl aus Bulgarien kommt. Das jedenfalls hat Rainer dem ovalen, weißen Aufkleber entnommen, der hinten auf seinem Brummi klebt. Der nächste Fahrer muss weiter nach Jugoslawien. Der untersetzte Mann, der gerade sein Kochgeschirr zusammenräumt, lässt sich sogar noch auf eine kurze Diskussion ein, da Jan nicht glauben kann, dass er sie nicht wenigstens bis hinter die italienische Grenze mitnehmen könnte. Jan will jetzt einfach unbedingt weiterkommen, im Notfall eben auch auf indirektem Wege. Erst als der Brummi-Fahrer ihm seine Route auf der Karte zeigt, sieht er, wenn auch ungern, ein, dass da nichts zu machen ist. Entschlossen klemmt er seine dünnen, blonden Haare hinter beide Ohren und eilt zu dem Fahrer des Zwanzigtonners nebenan, der wohl gerade aufbrechen will. Seines Zeichens Italiener scheint dieser sogar ein paar Brocken Deutsch zu verstehen und lässt die beiden Tramper in sein Führerhaus steigen. Begeistert stupst Jan Rainer an: „Siehste! Geht doch!“ freut er sich. Und das noch mehr, als er Rainer lächeln sieht, zum ersten Mal am heutigen Tage.
Es ist noch nicht richtig hell, als Tina wieder erwacht und den Vorhang ein wenig zur Seite schiebt. Sakis aber, der nun die ganze Nacht durchgefahren ist, ist so erfreut, sie zu sehen, dass sie sich genötigt fühlt, von der Pritsche hinunterzukrabbeln und ihm auf der Beifahrerbank Gesellschaft zu leisten. Verschlafen lächelt sie ihn an. „Gut?“, lächelt er zurück und sieht müde aus. „Gut!“, hält Tina ihm den erhobenen Daumen entgegen. Lena schnarcht hinter ihr leise vor sich hin. Ja, sie sind schon seit längerem in Italien, gibt Sakis Tina zu verstehen, und er muss bald mal eine Pause machen. Vorgeschrieben wäre nun wohl eine längere, aber das kümmert ihn nicht sonderlich. Nur kurz ein bisschen frisch machen, einen Kaffee trinken und dann weiter, so ist sein Plan. „Familie“, schaut er Tina eindringlich an und seine dunkelbraunen Augen strahlen. „Weißt? Griechenland. Familie. Warten auf mich.“
Als sie auf die italienische Autobahnraststätte fahren, die rundherum mit einem mannshohen Zaun umgeben ist, erwacht auch Lena. Gut sieht sie aus, finden die anderen.
So sehr die Mädchen sich auch