Название | Nächstes Treffen Adria |
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Автор произведения | Johanna Kemme |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753189789 |
„Guck mal!“, lenkt Tina Lenas Blick auf ein kleines, grünes Vespadreirad, das aus der Seitenstraße ihnen gegenüber direkt auf sie zugefahren kommt. Es ist aber nicht das winzige Dreirad, das ihre Aufmerksamkeit erregt hat, begreift Lena sogleich. Von diesen Vespas, denen man hinten eine winzige Ladefläche auf zwei Rädern angehängt hat, haben sie heute ja auch schon viele gesehen. In keinem von ihnen saßen jedoch zwei so junge Männer mit so schönen, gelockten, schulterlangen Haaren drin. Jetzt lächeln diese beiden Jungs sogar direkt in Tinas und Lenas Richtung. Ja, sie wenden sogar noch mal ihre Gesichter zu ihnen um, nachdem sie um die Ecke gebogen sind und dem Strom der Fahrzeuge folgen, der sich unaufhörlich in Richtung Rathaus und von dort um den Platz herum bewegt. „Die sahen doch jetzt echt sympathisch aus“, findet Tina. „Allerdings!“, ist Lena ganz bei ihr, „Aber schau!“ zeigt sie auf die grüne Ape, die nun auf der Straße auf der anderen Seite des Platzes an eben diesem verbeifährt. „Schade eigentlich!“ seufzt ihre Freundin leise. „Ja, schade!“ nickt Lena, denn sie beginnt sich zu langweilen hier. „Ich hab grad voll Hunger“, spürt sie außerdem. „Kein Wunder!“, findet Tina. „Wo du doch gestern alles gleich wieder ausgespuckt hast! Aber eine von uns sollte wohl jetzt immer hier bleiben, denke ich. Wegen der Jungs und auch wegen der Rucksäcke“, ist sie gedanklich schon dabei, ihnen etwas zum Essen zu besorgen und holt auch schon ihr Portemonnaie aus ihrer bunten Umhängetasche heraus. Es wäre tatsächlich zu umständlich, sich mit den Rucksäcken auf dem Rücken in irgendwelche Läden zu zwängen, findet auch Lena mit Blick auf die italienischen Geldscheine, die Tina in ihren Händen hin- und herwendet. „Wie viele Lire hast du denn eigentlich?“ - „11.000 und noch ein paar Zerquetschte.“, zählt Tina die Lire nach, die sie noch daheim von ihrer Bank erhalten hat. „Besonders schick sind sie ja nicht.“, fällt ihr dabei auf und sie hält Lena einen 1000 Lire-Schein direkt vors Gesicht. „Na ja, auch nicht schöner oder hässlicher als die unseren, oder?“ - „Aber die in Frankreich!“, strahlen Tinas große Augen begeistert. „Die mit dem kleinen Prinzen drauf! Hast du die mal gesehen?“ Nein, muss Lena kopfschüttelnd zugeben, da sie ja noch nie in Frankreich war. „Und wie viel sind diese 11.000 nun wert?“ - „Etwa zwanzig Mark. Musste ja auch noch Gebühren bezahlen....“, schaut ihre Freundin sie fast entschuldigend an. Lena aber findet auch, dass das erst mal reichen sollte. Schließlich war ein längerer Aufenthalt in Italien ja nicht geplant. Und schade wäre es auf jeden Fall, wenn auch sie noch einen Travellerscheck hier einlösen müsste. denn das wären dann gleich fünfzig Mark, die für Lire draufgingen. Den Rest müsste sie dann auch in Griechenland wieder in Drachmen tauschen, wollte sie ihn nicht auf dem Rückweg hier in Italien ausgeben und ein jeder Umtausch kostete nun mal die von Tina schon erwähnten scheiß Gebühren. Geld, das man besser sparen sollte, war sie überzeugt, angesichts der geringen Mengen, die Tina als Auszubildende und sie als Abiturientin davon haben. „Puh, das wird kompliziert mit diesem Wechselkurs“, ist das, was ihre Freundin im Moment aber viel mehr umtreibt und sie sieht sich schon stundenlang im Laden stehen, verzweifelt damit beschäftigt, die Preise von Lire in D-Mark umzurechnen.
Alleine auf den Steinplatten sitzend wird Lena bewusst, wie heiß es schon wieder geworden ist. Auffällig auch, dass kaum einer mehr hupt oder ruft. Das aber hat wohl nicht damit zu tun, dass sie nun alleine hier sitzt, sondern eher damit, dass kaum einer mehr da ist außer ihr. Eine seltsame Ruhe hat sich über den Platz gelegt und schon sieht sie Tina auch mit leeren Händen wieder auf sich zukommen. „Alles zu! Mittagspause!“, zieht sie eine Schnute. „Ach, wie bei uns! Bis wann?“ - „Also, ich hab geschaut, aber da steht echt bei jedem Laden etwas anderes dran. Wenn überhaupt! Vor drei aber wird das hier nichts werden.“ - „Dann kann ich jetzt sicher auch kein Geld tauschen?“, nimmt Lena mal an. Zu gerne würde sie sich mal ein wenig bewegen. Träge schüttelt Tina ihr gestuftes, kurzes, strohblondes Haar. „Alles dicht!“ Lena blickt auf die langen Zeiger der Uhr, die oben an der Wand des Rathauses hängen. „Na, das ist dann ja noch etwas hin!“, stellt sie fest und lehnt sich wieder an ihren Rucksack an. „Ich würde an deiner Stelle aber auch noch nicht tauschen“, sieht auch Tina in der Geldwechselei keinen Sinn. „Lass uns doch erst mal die Lire ausgeben, die ich habe und dann schauen!“ – „War ja auch so abgemacht!“, wollte Lena ihre Freundin nicht irritieren. Aber wenn die Jungs nicht kommen und dann erst mal Wochenende ist.“ – „Warte wir mal ab, oder?“, ist Tina sich aber gewiss, dass die Jungs bald eintrudeln werden. Für Lena aber bleibt es ein mulmiges Gefühl, stellt sie erstaunt fest, selbst kein Geld in der Tasche zu haben, mit dem sie etwas kaufen kann. Als verlöre man ein Stück seiner Freiheit! Tina aber kann ihren Blick nicht mehr von diesem Ort abwenden, der ein wohliges Gefühl in Mund und Magen verspricht. „Komm!“, springt sie auf, „Ich lade dich zu `nem Kaffe ein. So teuer kann das doch nicht sein! Und vielleicht gibt es dort ja auch etwas zum Essen.“
Das kleine Cafe an der Straße auf der anderen Seite des Platzes war auch Lena schon ins Auge gefallen. Mehr noch die jungen Leute, die davor schon seit längerem saßen und immer mal wieder zu ihnen hinüber geschaut hatten. „Sollen wir die Rucksäcke hier lassen?“, hat Lena wenig Lust darauf, das schwere Ding erneut zu schultern. „Warum nicht?“, findet auch Tina. „Man kann sie ja von dort aus gut sehen.“ Nach all der Zeit, die sie nun schon hier gesessen haben, hat keine von ihnen beiden den Eindruck, dass sich irgendjemand hier an ihren Sachen zu schaffen machen oder sie gar einfach mitnehmen würde. Trotzdem drehen sich sowohl Lena als auch Tina auf dem Weg über den Platz noch zwei-, dreimal prüfend um, bis ihre Blicke sich treffen und sie lachen müssen, über sich selbst. Und sie lachen gleich ein bisschen mehr, weil sie merken, wie gleich sie ticken, wie ähnlich sie umgehen mit den Situationen, in die sie geraten. Vergnügt lassen sie sich auf die weißen Stühle