Mirabella und die Götterdämmerung. Isabelle Pard

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Название Mirabella und die Götterdämmerung
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754185971



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ja.“

      Sie wurde etwas blass. Was tat sie ihm an? Würde er ihr das verzeihen? Tapfer schluckte sie die Bedenken hinunter. „Ist er auch wirklich vor Loki sicher?“

      „Ich werde seine Umgebung entsprechend sichern, so dass Loki ihn nicht erkennen könnte.“

      „Sag ihm bitte nicht, dass ich seine Aufgabe übernehme, das würde er nicht wollen.“

      Juno nickte. „Timo kann ihn offiziell ersetzen. Ich erwarte Bericht alle paar Tage.“ Dann sah sie Mirabella einen Moment an und lächelte milde. „Hüte sich einer vor liebenden Frauen!“

      Das Mädchen errötete gegen ihren Willen stark, nickte Juno knapp zum Abschied und verließ die königlichen Privatgemächer.

      Zwei Pakte in zwei Tagen. Nicht schlecht. Mirabella hatte nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, wie sie die Auffindung der Statue bewerkstelligen sollte, aber sie hatte zumindest Nikolaos aus der Schusslinie gebracht. Und die Entlarvung hinausgezögert. Das konnte nicht auf Dauer funktionieren, da beide Seiten zwei Statuen verlangten. Eine Weile konnte sie alle hinhalten, dann brauchte sie einen besseren Plan. Aber hieß es nicht: ‚Tempus ipsum affert consilium.‘ (Die Zeit selbst verschafft Rat. = Kommt Zeit, kommt Rat. (Lat. Sprichwort)

      Sie fühlte sich das erste Mal seit langem wieder als richtige Vestalin, vielleicht nie mehr als an diesem Tag. Eine wichtige Mission rief, es ging um die Statuen und sie war völlig auf sich allein gestellt.

      5 - Das Leben geht weiter

      Seit dem Gespräch mit Juno waren bereits zwei Wochen vergangen und Mirabella war fast bereit, ihren Tanz auf dem Vulkan als Normalität hinzunehmen. Zweimal die Woche berichtete sie an Juno, auch wenn es derzeit wenig zu berichten gab. Das Kampftraining mit dem Kriegsgott Mars fand wie gewohnt statt, wenngleich Nikolaos natürlich fehlte. Offiziell war er beurlaubt. Mirabella vermisste ihn gefühlt jede Minute ihres Lebens, dennoch gewöhnte sie sich auch langsam an den Zustand des Vermissens, an die Leere, die er ausgefüllt hatte. Sie ertrug es besser, als sie gedacht hatte, weil sie sich immer sagte, dieser Zustand wäre nur vorübergehend. Sie schwankte, ob sie sich beeilen sollte, die Statue zu finden, um ihn aus dem Zustand des reinen Menschseins zu erlösen und ihn wiedersehen zu können, oder ob sie das Auffinden hinauszögern sollte, um sich Zeit für einen Plan für danach zu verschaffen und Nikolaos länger in Sicherheit zu wissen.

      Bisher war sie zweimal in Asgard gewesen und hatte Ragnar und Hannah getroffen. Die Theaterproben würden morgen nach dem Halbgötter-Stammtisch beginnen. Dort würde sie auch Lorenzo das erste Mal seit der Trennung wiedersehen und sie zitterte schon leicht davor. Zum Kampftraining war er seither nicht erschienen. Ragnar hatte ihr berichtet, dass Lorenzo „ganz schön leiden“ würde und sie hatte sich miserabel gefühlt. Ihre irdische Zeit war auch nicht unproblematisch, nachdem sich Lukas und Antonia nach der missglückten Silvesternacht bewusst aus dem Weg gingen. Sie verbrachten selten Zeit zu dritt, beide buhlten um Mirabellas Aufmerksamkeit, die sowieso schon zu wenig Zeit hatte. Nächste Woche wollte sie offiziell mit Baldur Schwarzalbenheim besuchen und sich danach heimlich etwas genauer umsehen.

      „Sehr gut, Mirabella, ich spüre endlich echten Kampfgeist bei dir!“ Mars sah seine Schülerin wohlwollend an, woraufhin sie fast erschrak. Ein Lob vom sadistischen Mars war das letzte, worauf sie scharf war. Sie hatte ihren simulierten Aikido-Gegner nicht nur kampfunfähig gemacht, sie hatte ihm unnötige Verletzungen zugefügt, da sie vorher gedanklich bei Loki war und nun ihre Wut an ihrem Gegner ausgelassen hatte. Entsetzt sah das Mädchen auf die Simulation, die am Boden lag und sich nun vor ihren Augen in Luft auflöste. Der Kriegsgott lächelte leicht. „Frustriert? Liebeskummer?“

      Sie warf ihm einen zornigen Blick zu. Seltsamerweise konnte sie ihm heute aber nicht wirklich böse sein, ihr Blick verlor an Härte. Seine Tat, die zum Tode führende Folterung von Wingni, Thors Sohn, hatte die Auslöschung der Titanen zur Folge. Es war zum Krieg gekommen, der fast in der Vernichtung der Götter geendet hätte. Seither hatte Mars enorm an Einfluss verloren, nachdem er unter den Römern fast so wichtig wie Jupiter gewesen war, und musste Schüler ausbilden. Auch Götter büßten für ihre Fehler und manchmal ewig, dachte Mirabella fast amüsiert. Sie war weit davon entfernt, Mitleid für Mars zu empfinden, aber er hatte ein wenig von seinem Schrecken für sie verloren, seit sie seine Geschichte besser kannte. Dass Wingni ein Bruder in irgendeiner Weise zu ihr war, berührte sie emotional nicht stark, die Bedeutung von Verwandtschaft hatte sich für sie relativiert. Man konnte sich seine Verwandten nicht aussuchen und musste damit leben, woher man kam. Wen sie als Eltern und Bruder geliebt hatte, hatte sich als Adoptiveltern und Sohn des offiziellen Feindes entpuppt. Verwandtschaft bedeutete Mirabella im Moment gar nichts mehr, wichtig waren für sie einzig ihre Freunde.

      Mars erwiderte ihren Blick leicht erstaunt. „Kein Hass mehr gegen mich?“

      Sie musste wider Willen lachen. „Oh, selbstverständlich. Vielleicht ein bisschen weniger als früher.“

      „Gut, ich wäre traurig, meine Lieblingsfeindin zu verlieren!“

      Terra räusperte sich. „Vater, könntest du aufhören, mit meiner Freundin zu flirten.“

      Der Geliebte der Liebesgöttin Venus schnaubte lachend. „Aber, Terra, ich bemühe mich nur um ein besseres Verhältnis zu deiner Freundin, ich weiß doch, dass sie mit dem schönen Lorenzo geht.“

      Mirabella sah auf und errötete stark.

      „Was denn? Das weiß doch jeder!“, verteidigte sich Mars.

      „Ähm, wir haben uns getrennt“, ihre Stimme war kaum zu hören.

      Nun sahen sie alle fragend an, was ihre Verlegenheit nicht verbesserte. „Wir fanden, dass es einfach nicht gepasst hat.“

      „Du hast Schluss gemacht?“, fragte Terra neugierig, ohne Mirabellas Aussage zu beachten.

      „Er fand auch, dass wir fast keine Gemeinsamkeiten haben.“

      „Ist es wegen Nick? Sind deshalb beide nicht da?“, fragte nun Delphine zielstrebig, während Leon als einziger Junge versuchte, nicht neugierig zu schauen.

      Mirabella sah unglücklich von einem zum anderen. „Nick setzt auf unbestimmte Zeit aus, er hat sich in große Gefahr gebracht. Lorenzo hat, glaube ich, zu tun.“ Letzteres wusste sie nicht, es wäre schon möglich, dass er fehlte, um ihr zu entgehen, sie hatte seit der Trennung keinen direkten Kontakt mehr zu ihm gehabt.

      Mars klatschte nun in die Hände. „Genug geschnattert, wir machen jetzt weiter!“

      Mirabella war ausgesprochen dankbar für diesen Appell. Nach der Übung kamen Delphine und Terra erwartungsgemäß zu ihr. „Willst du nicht darüber reden?“, fragte Terra schon fast beleidigt, Lorenzo hatte mit ihr nach den Sommerferien Schluss gemacht, da er sich in Mirabella verliebt hatte.

      „Eigentlich nicht“, sagte sie seufzend, musste dann aber lächeln. „Na, schön, seid bitte lieb zu Enzo! Er ist wirklich ein sensibler, lieber Mensch, wenn man ihn besser kennt, und er tut mir echt leid.“ Delphine rümpfte leicht ihre Nase.

      „Man kann sogar über seine Sprüche hinwegsehen“, ergänzte Mirabella und grinste leicht. Delphine hatte immer allergisch auf seine Komplimente oder anzüglichen Witze reagiert.

      „Und weiter?“, drängte Terra ungeduldig.

      „Ich bin einfach nicht richtig verliebt, das kann man eben nicht beeinflussen. Ich hab‘ mir selbst etwas vorgemacht.“

      „Und wann ist dir das aufgefallen? Hat er bisschen gedrängt?“, hakte Delphine nach.

      „Nein, überhaupt nicht.“ Sie errötete erneut. „Es ist wegen… Nick. Er wäre fast gestorben, ich kann nicht darüber reden, ist alles mega-geheim. Aber da habe ich einfach gemerkt, dass… er derjenige ist, mit dem ich zusammen sein möchte.“

      „Das habe ich doch immer gesagt!“, meinte