Название | Teile das Glück, dann kommt es doppelt zurück |
---|---|
Автор произведения | Doreen Brigadon |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742763396 |
Inzwischen hatte der Graf Anna schon gefragt, wie es ihr hier gefiel. Jetzt hatte sie etwas mehr Zeit, ihn zu betrachten. Er war ein gut gebauter Mann Mitte dreißig, hatte kurz geschnittenes, braunes Haar und braune Augen.
„Ich kann leider noch nicht viel sagen, da die Mädchen mich ja schon voll in Beschlag genommen haben.“
„Das werden wir nachmittags ändern und einen Rundgang durchs Haus machen und Ihnen das Gestüt zeigen.“
„Nein! Wir wollten doch nachher mit ihr im Garten spielen!“, riefen die Mädchen.
„Das könnt ihr ja dann auch machen. Vorher zieht ihr euch noch um und dann starten wir einen Rundgang im Haus, danach zum Gestüt und dann könnt ihr mit Anna spielen.“
Er sagte das erste Mal Anna zu ihr, wenn auch indirekt. Es war schon komisch, von ihm so genannt zu werden. Er hatte es einfach von den Mädchen übernommen.
Friedrich brachte mit Andrea die Hauptspeise, legte auch gleich dem Grafen, dann Anna und zum Schluss den Mädchen das Essen auf den Teller.
„Bah!“, sagte da auch schon Viktoria.
Ihr Vater sah sie sofort böse an. Friedrich wartete neugierig ab, was jetzt kommen würde.
Welch ellenlange Diskussion.
Zuerst mussten sie trotzdem immer etwas Kraut essen, danach durften sie sich Salat nehmen.
„Was ist denn?“, fragte Anna rasch.
„Ich mag kein Kraut“, maulte Viktoria.
„Aber Kraut ist gesund und gut für die Augen. Dann braucht man lange keine Brille. Und weißt du, was man noch mit dem Kraut machen kann?“
Sie hatte bemerkt, dass Viktoria manchmal die Augen verengte. Das hatte Melchior auch lange gemacht, bis sie darauf gekommen waren, dass er eine Brille zum Lesen und Schreiben brauchte.
„Nein, was denn?“, fragte Viktoria neugierig.
„Ganz klein schneiden, denn wenn es so lange ist, kann man es schlecht essen, so wie die Spagetti. Ich schneide mir alles immer klein.“
Sofort fing Anna an, das Kraut klein zu schneiden, nahm einen Bissen mit Fleisch und Knödel.
„Mmhhhhh. Das schmeckt gut.“
Friedrich stand auf der Seite und wartete ab, was sich noch tun würde oder ob noch jemand etwas benötigte.
Viktoria schnitt sich das Kraut nun ebenfalls klein, Elisabeth tat es ihnen gleich. Sie war auch keine begeisterte Krautesserin. Sie aß etwas, damit man nicht mit ihr schimpfte oder sie nötigte, es zu essen. Friedrich hatte den Mädchen nur kleine Portionen gegeben.
Viktoria machte es Anna nun nach. Sie verzog den Mund, denn besser kam es ihr dadurch nicht vor. Elisabeth hingegen gefiel das. Denn das Kraut war ihr meistens zu lang, aber ans Kleinschneiden hatte sie nie gedacht, da es jeder so aß, wie es serviert wurde. Der zweite Bissen schmeckte Viktoria wohl schon besser, denn sie verzog den Mund nicht mehr so sehr.
Da Anna vor lauter Aufregung heute noch nichts gegessen hatte, wusste sie nicht, ob sie sich noch etwas nachnehmen durfte.
Friedrich half ihr aus der Misere, kam an den Tisch und fragte: „Nachschlag gefällig?“, und gab ihr von jedem noch etwas auf den Teller.
Auch der Graf bat noch um einen Nachschlag. Die Kinder waren weiterhin keine Fans von Fleisch und Kraut, aber sie aßen ganz brav ohne weiter zu murren. Natürlich durften sie sich danach einen Salat nehmen. Der Graf und Friedrich waren sehr verwundert. Sie sahen sich fragend an.
Als sie fertig waren, servierte Friedrich wieder ab.
„Soll ich die Nachspeise und den Kaffee schon bringen?“
„Nein, den werden wir später nehmen. Die Kinder sind schon so unruhig, die halten wir nicht mehr länger auf den Stühlen.“
Sie lächelten verlegen.
„Ich werde es der Köchin ausrichten.“
Als er in die Küche kam, fragte sie ihn natürlich sofort, wie lange der Streit mit den Mädchen gedauert hätte.
„Welcher Streit?“, fragte er unbeteiligt.
„Na, haben sie nicht sofort gemault, weil es Kraut gab?“
„Nein, nur Viktoria wollte es nicht essen, aber nachdem Anna ihr zeigte, wie man das Kraut angenehmer essen kann, war die Debatte vom Tisch.“
Auch er übernahm es von den Kindern, sie Anna zu nennen. Elfriede blieb der Mund offen stehen. Dann fing sie sich wieder.
„Und wie viel Kaffee brauchen wir?“
„Gar keinen derzeit. Sie nehmen ihn später ein. Jetzt zeigt er ihr mit den Kindern das Haus und das Gestüt.“
Jetzt setzte sich Elfriede verwirrt auf einen Stuhl.
„Sieh mich nicht so verwirrt an, es ist wahr. Ich schätze, sie werden dann so gegen 15 Uhr Kaffee und Kuchen wollen.“
„Jetzt brauche ich auf diesen Schock einen Schluck“, meinte sie und holte ihre Likörflasche raus.
„Du auch?“
Statt einer Antwort hielt er schon zwei Gläser in der Hand.
***
„So, ihr geht euch schon mal umziehen, dann kann ich mit Frau Berger noch etwas besprechen.“
Die Mädchen maulten sofort.
„Herr Graf, darf ich etwas vorschlagen?“
„Ja bitte?“
„Ich würde mich auch gerne umziehen, wenn es Ihnen recht ist. Wenn wir das Gestüt ansehen wollen, bin ich, glaube ich, auch nicht richtig gekleidet, und die Kinder wollen nachher noch mit mir spielen. Da ist, glaube ich, ein Rock die falsche Kleidung und meine Schuhe sicher auch“, befand sie und sah an sich herunter.
Er musste ihr recht geben, und so gingen sie alle drei wieder nach oben. Besser gesagt, die Kinder liefen diesmal.
Anna half ihnen beim Aussuchen. Beide Mädchen zogen Hosen, bequeme Leibchen und ihre Turnschuhe an. Auch Anna zog Hose, Pullover und Turnschuhe an. So kamen sie nach ein paar Minuten wieder in die Halle, wo der Graf auf sie wartete. Zuerst zeigte er ihr das kleine Büro neben seinem Büro, in dem sie arbeiten konnte. Sein Arbeitszimmer und das Speisezimmer kannte sie ja schon. Außerdem gab es noch den Salon, in dem seine Mutter die Gäste empfangen hatte. Dann gingen sie in die Küche, wo Elfriede erschrocken aufstand. Sie war gerade dabei, Kuchen zu essen.
„Das hier ist Elfriedes Reich. Da lässt sie so schnell keinen hinein“, erklärte der Graf.
„Elfriede - ich hoffe, ich darf Elfriede sagen? - bitte sehen Sie nicht so erschreckt drein, als hätten wir Sie bei etwas Schlechtem erwischt“, beruhigte Anna sie.
„Ja, dürfen Sie“, erwiderte sie noch immer verwirrt.
„Und Sie dürfen ruhig auch Anna zu mir sagen.“
„Ja, danke, Frau Anna.“
„Das Frau muss nicht sein“, sagte sie leise zu ihr.
Elfriede sah genau so aus, wie man sich eine Köchin vorstellte. Etwas kleiner als Anna, mollig und mit Lachfalten, die Haare zu einem Dutt zusammengebunden.
Dann gingen sie auch schon weiter. Speisekammer, Vorratskammer, Dienstbotenzimmer.
„Hinter dieser Tür ist die Garage“, erklärte der Graf und wollte schon weitergehen.
„Steht da auch mein Auto?“, fragte sie rasch.
„Ich denke schon, wieso?“
„Ich habe noch etwas im Auto, das ich holen müsste, und wenn wir schon hier sind, könnten wir bitte rasch hinein gehen.“
„Ja, bitte.“