Teile das Glück, dann kommt es doppelt zurück. Doreen Brigadon

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Название Teile das Glück, dann kommt es doppelt zurück
Автор произведения Doreen Brigadon
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742763396



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sie es parken konnte und durfte. Sie ließ die Eingangstür offen, doch ein Windzug schlug sie ihr vor der Nase zu. Da sie noch keinen Schlüssel hatte, musste sie läuten. Der Butler war diesmal schnell zur Stelle. Er musste das Zuschlagen der Tür gehört haben.

      „Sollten Sie noch mehr Gepäck reintragen wollen, hier gibt es einen Keil.“

      Er nahm ihn und schob ihn unter die Tür.

      „Danke vielmals. Aber ich habe derzeit nur diese beiden Koffer. Aber wo darf ich das Auto hinstellen? Ich glaube nicht, dass ich es hier stehen lassen kann?“

      „Nein, aber geben Sie mir die Autoschlüssel, und der Chauffeur wird es hinten zu den anderen Autos stellen.“

      Sie drückte ihm den Schlüssel in die Hand und wollte ihre Koffer wieder nehmen, als sie sah, dass er mit gerunzelter Stirn, hinter sie blickte.

      „Die hat uns gerade noch gefehlt“, murmelte er vor sich hin.

      Sie drehte sich auch kurz um und sah einen gelben Wagen die Auffahrt herauf kommen. Da sie neu war, traute sie sich nicht, zu fragen, wer das war. Sie würde es sicher noch früh genug erfahren. Damit nahm sie ihre Koffer auf und ging zur Treppe. Doch auf einmal war der Butler neben ihr und nahm ihr einen der schweren Koffer ab.

      „Sie müssen sich ja nicht gleich zu Tode schleppen.“

      Er wusste selbst nicht, wieso er das tat. Aber sie hatte etwas Besonderes an sich. Und Frau Hennesy konnte warten. Es war eine kleine Genugtuung für ihn, das gnädige Fräulein wegen einer Angestellten warten zu lassen. Er trug ihr den Koffer so locker ins Zimmer, als hätte er kein Gewicht.

      Friedrich war groß, schlank und um die 50. Die dunklen Haare trug er glatt gekämmt. Anna hatte erst die Hälfte der Treppe zurückgelegt, als es schon an der Tür läutete. Der Butler kam zurück, aber ohne Eile. Sie konnte noch einen Blick von oben zur Tür werfen, die Friedrich gerade öffnete. Es hatte noch einmal geläutet. Eine gereizte Frau trat ein.

      „Wo bleiben Sie denn so lange, Friedrich? Wenn Sie es nicht mehr schaffen, rechtzeitig an der Tür zu sein, dann sollte sich Hubert einen neuen Butler anschaffen. Und wer stellt sich so frech vor die Eingangstür, dass ich nicht mal richtig parken kann?“

      Sie hatte doch trotzdem noch genug Platz gehabt.

      „Das ist das Auto unserer neuen Hausdame. Sie ist gerade angekommen und hat ausgeladen.“

      Dennoch stellte es eine Genugtuung dar, dass sie sich nicht so hatte hinstellen können, wie sie wollte. Sie murmelte etwas, bevor sie von oben herab fragte: „Ist Hubert in seinem Büro?“

      „Ja, ich werde Sie gleich anmelden.“

      „Brauchen Sie nicht, sonst ist es Mittag, bis ich bei ihm bin. Sie können gehen!“

      Sie tat schon so, als wäre sie hier die Herrin, aber das würde sie sicher nie werden. Er war nur viel zu nett, es ihr deutlich zu sagen. Sie brachte zwar etwas Schwung in dieses Haus, dem eine Frau und Herrin fehlt, aber nicht sie.

      Jill Hennesy steuerte direkt auf das Büro zu. Sie klopfte nicht mal an, sondern trat sofort in sein Reich ein.

      „Hallo, mein Lieber!“

      Mehr hörte man nicht mehr, da sie die Tür hinter sich schloss.

      ***

      Anna trug ihren Koffer in ihr Zimmer und fing an, ihre Sachen auszupacken. Als sie das meiste schon verstaut hatte, fiel ihr ein, dass sie ja noch eine große Tasche im Auto hatte.

      Hinter ihr hörte sie etwas rascheln. Sie drehte sich um und sah zwei Blondschöpfe, die neugierig durch den Türspalt lugten. Waren das die Mädchen des Grafen? Sie wusste zwar, dass sie die Kinder mitbetreuen musste, aber dass sie gleich neben ihnen schlafen würde? Er hatte sie als Hausdame aufgenommen und nicht als Kindermädchen.

      „Na, wer seid ihr denn?“, fragte sie.

      „Wir sind die Kinder vom Grafen von Wallersberg. Weißt du das nicht? Bist du nicht unser neues Kindermädchen?“, fragte die größere der beiden.

      Sie kamen langsam auf sie zu.

      „Hallo! Ich bin Anna, und euer Papa hat mich als Hausdame eingestellt. Und auf euch soll ich auch etwas aufpassen“, erklärte sie ihnen.

      „Was macht eine Hausdame? Passt die auf das Haus auf? Aber das macht doch Friedrich“, sagte die kleinere.

      „Nein, eine Hausdame achtet darauf, dass alles seine Ordnung hat. Dass jeder seine Arbeit ordentlich macht. Bestellt oder kauft die Lebensmittel, macht den Speiseplan für die ganze Woche, teilt die Zimmermädchen ein, was sie machen sollen. Und noch vieles mehr.“

      „Aber das macht doch alles Elfi, unsere Köchin. Aber die jammert sowieso immer, dass alles zu viel ist für sie. Vielleicht freut sie sich, wenn sie Hilfe bekommt“, meinte die größere.

      „Ja, das werden wir dann sehen. Und wie heißt ihr beiden Süßen?“, fragte sie.

      Sie ging in die Hocke, damit die Mädchen nicht zu ihr hochsehen mussten.

      „Ich bin Elisabeth und das ist meine kleine Schwester Viktoria.“

      Jetzt musterte Anna sie erst richtig. Beide hatten die gleichen rosa Kleidchen an, doch diese waren vom Spielen schmutzig geworden.

      „Was habt ihr denn angestellt?“, fragte sie und deutete auf ihre Kleider.

      „Wir haben draußen noch gespielt, doch der Ball ist in eine Pfütze geflogen und hat uns vollgespritzt. Viktoria ist schuld, weil sie ihn mir nicht richtig zugeworfen hat“, verteidigte sich die Große.

      Viktoria konterte sofort: „Du kannst nicht richtig fangen, sonst hättest du den Ball erwischt.“

      „Aus! Das ist jetzt egal. Ich glaube, wir sollten uns umziehen.“

      Sie hatte sofort in der Mehrzahl gesprochen. So wie sie es immer bei ihren Kindern tat.

      „Aber du bist ja nicht schmutzig und musst dich nicht umziehen“, belehrte die Kleine sie.

      „Doch. Ich habe eine lange Fahrt hinter mir. Ich ziehe mir auch eine neue Bluse an.“

      Es wäre zwar nicht nötig gewesen, aber so kam kein Streit in Gange. Sie holte sich rasch die hellblaue Bluse, zog Jacke und die andere Bluse aus.

      „So, und jetzt zieht ihr euch um.“

      Elisabeth lief in das rechte Zimmer, aus dem sie gekommen waren, und Viktoria zog Anna ins linke Zimmer. Sie fanden ein schönes, blaues Kleid mit weißen Blumen darauf. Dann gingen sie zu Elisabeth, die ein zartblaues, mit weißen Pünktchen gemustertes Kleid gewählt hatte.

      Nachdem Anna sie alle betrachtet hatte, sagte sie: „Wir passen wunderbar zusammen. Wie eine Familie. Alle in Blau. Jetzt braucht euer Papa nur noch ein blaues Hemd.“

      Wenn sie sich recht erinnerte, hatte er sogar ein hellblaues Hemd an. Es klopfte und Friedrich kam herein. Zuerst starrte er sie an, dann sagte er: „Alle warten schon auf Sie und die Kinder.“

      Als er sich umdrehte, konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Die Kinder hatten sie schon voll akzeptiert. Das war in letzter Zeit nie vorgekommen. Und alle hatten sogar die gleiche Farbe an. Mit einem Lächeln ging er die Treppe wieder hinunter.

      ***

      Nachdem Friedrich und die Hausdame gegangen waren, drehte der Graf sich zum Fenster und sah zu seinen Mädchen hinaus. Die spielten im Garten mit einem Ball. Elisabeth sah ihrer Mutter sehr ähnlich. Viktoria kam mehr nach seiner Mutter.

      Er dachte daran, wie er Theresa kennengelernt hatte. Seine Mutter hatte ihm eröffnet, dass die Tochter ihrer besten Freundin käme und hier im Haus ein Praktikum absolvieren würde. Sie würde alles machen müssen - Zimmermädchen, in der Küche und sogar auf dem Gestüt mithelfen. Er konnte sich noch gut an das schlaksige, ungelenke Mädchen mit der Zahnspange erinnern. Ihm hatte es davor gegraut.

      Das erste Mal