Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738039832



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Arbeitszimmer zurückgezogen, denn schwermütige Gedanken plagten ihn. Sie betrafen nicht nur die Reise von Meneas und seinen Freunden, die eine Vereinigung der Fragmente zu dem Chrysalkristall immer wahrscheinlicher werden ließ, sondern auch die beunruhigenden Ereignisse innerhalb des Ordens. Manchmal kam es ihm so vor, dass er in nicht ferner Zukunft einen tiefgreifenden Wandel erfahren würde, nur konnte er noch nicht absehen, welcher Art er sein und was sich daraus entwickeln würde.

      Nachdem die beiden Tum´rei von Meneas´ Gruppe entdeckt und unschädlich gemacht worden waren, hatte Alben Sur für einige Zeit keine Nachrichten mehr von ihr erhalten. Immerhin hatte ihn vorher noch die unglaubliche Botschaft erreicht, dass sich Meneas offensichtlich zwei der letzten sieben mythischen Drachen angeschlossen hatten, die schließlich auch für das unrühmliche irdische Ende der beiden Geister verantwortlich waren. Das war unbegreiflich (die Tatsache, dass die Drachen zu der Gruppe gestoßen waren, nicht ihr Beitrag zur Entkörperlichung der Hilfsgeister), denn Alben Sur hätte nie für möglich gehalten, dass diese Wesen sich überhaupt Menschen zuwenden würden. Er fragte sich, wie es dazu gekommen sein konnte und obendrein, wo sich die Gruppe und die Drachen begegnet waren.

      Der Orden von Enkhór-mûl versuchte schon lange, die Drachen zu finden und vielleicht stand er kurz vor ihrer Entdeckung, denn nach allem, was die Priester inzwischen wussten, mussten sie sich irgendwo in den Eisbergen aufhalten. Doch die Lage hatte es Alben Sur noch nicht erlaubt, einen Suchtrupp loszuschicken und die Tum´rei hatten ihm keine genauen Angaben darüber machen können. Die Gruppe von Meneas hatte sich getrennt und die Schwarzen Reiter waren dem Teil gefolgt, der sich einpaar Tage lang mit einer kleinen Höhle beschäftigt und wohl auch etwas darin gefunden hatte. Schließlich waren die anderen in eben dieser Höhle wieder aufgetaucht, wahrscheinlich aus einem Gang innerhalb des dahinterliegenden Berges.

      Zu diesem Zeitpunkt war aber von den Drachen noch nicht die Spur zu erkennen gewesen. Erst einpaar Tage später waren sie aufgetaucht und hatten sich der Gruppe angeschlossen. So viel jedenfalls war sicher. Alben Sur vermutete, dass diese Höhle einen Zugang zu dem Schlupfwinkel der Drachen enthielt. Genauso wenig konnte er aber auch ausschließen, dass die Höhle überhaupt nichts damit zu tun hatte und der Trupp aus dem Berg bis dahin noch gar nicht den Drachen begegnet war. Die Lage war reichlich unklar und die Tum´rei hatte seine Erwartungen in keiner Weise erfüllt. Und wie es aussah, würden sie ihnen in Zukunft auch nicht mehr zu Diensten stehen. Bisher hatte er noch keine Priester in jene Gegend entsandt, um der Angelegenheit nachzugehen.

      Alben Sur war aber weniger an diesen Kreaturen gelegen als vielmehr an den Teilen der mythischen »Sphäre«, deren Bestandteile sie in sich tragen sollten. Um was es sich dabei tatsächlich handelte und was der Orden damit anfangen konnte, wusste Alben Sur selbst nicht genau, aber das würden sie sicher herausfinden. Die beiden Plasmaklumpen, die sie bereits besaßen, hatten bisher nur wenig zu ihrem Verständnis über die »Sphäre« beigetragen. Nur so viel war klar: Die »Sphäre« war älter als der Chrysalkristall und beide standen nicht im Zusammenhang miteinander.

      Alben Sur war es am Anfang, und der lag schon sehr weit zurück, nicht einmal darum gegangen, den Drachen zu schaden. Er hatte nichts gegen sie, solange sie den Orden in Ruhe ließen. Das war leider nicht immer der Fall gewesen. Und so hatte der Orden irgendwann angefangen, sie als Gegner zu betrachten. Und inzwischen hatten sie herausgefunden, dass sie an die Teile der »Sphäre« nicht herankamen, ohne die Drachen zu töten. Jetzt wog die Aussicht auf Erkenntnisse schwerer als die Folgen der Tat. Welche Art der Verbindung zwischen den Drachen und der »Sphäre« bestand, war Alben Sur nicht klar. Er wäre wohl überrascht gewesen, wenn die beiden Drachen im »Eisernen Wächter« noch gelebt und ihm einiges zu erzählen gehabt hätten, sofern sie dazu geneigt gewesen wären.

      Die Tatsache, dass sich zwei andere Drachen mit Meneas verbündet hatten, verhieß für ihn die Hoffnung auf eine größere Wahrscheinlichkeit, seine Suche nach den Kristallfragmenten erfolgreich zu beenden, denn diesen Wesen wurden Eigenschaften nachgesagt, die der Gruppe durchaus von Nutzen sein konnten. Allerdings konnten sie ihm in dem »Einsamen Posten« keine große Hilfe gewesen sein, denn soweit Alben Sur die Räumlichkeiten kannte, und das schloss die Zugänge ein, waren sie so eng, dass sich die Drachen darin nicht frei bewegen konnten. Außerdem -. Alben Sur überlegte. Die beiden Drachen im »Eisernen Wächter« hatten sich sehr seltsam benommen, als man sie fand. Sie machten einen fast abwesenden Eindruck, als hätten sie sich an irgendetwas berauscht. Er konnte nicht ausschließen, dass ihr Verhalten eine Reaktion darauf war, dass sie versucht hatten, die Maschinen in Betrieb zu setzen. Kurz darauf waren sie gestorben. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten die Priester ihnen kaum die Herzen entnehmen können. Da sie davor noch niemals Drachenherzen gesehen hatten, musste sie die blauleuchtenden, pulsierenden Organe für die Herzen halten. Sie hatten nicht einmal geahnt, was geschehen wäre, wenn ihre Amulette sie nicht vor der Kraft der Fragmente der »Sphäre« beschützt hätten. So musste die »Sphäre« hilflos miterleben, wie sie von den Priestern an einen anderen Ort gebracht wurden.

      Alben Sur wusste, dass es Gemeinsamkeiten zwischen beiden ehemaligen Stützpunkten der Ax´lán gab und daher war es möglich, dass sich die Drachen im »Einsamen Posten« nicht viel anders gebärdet hätten. Möglicherweise hatten sie sich ihm aus diesem Grund ferngehalten. Wo die beiden Drachen sich aber während der Zeit, in der sich Meneas´ Gruppe in dem Berg befand, herumgetrieben hatten, wusste Alben Sur nicht, denn die Priester im Stützpunkt hatten ihre vorübergehende Gegenwart in der Umgebung des Gipfels nicht einmal bemerkt und die Tum´rei befanden sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf Elveran. So gab es keine Nachrichten.

      Alben Sur lächelte bitter. Er musste sich eingestehen, dass seine damaligen Kenntnisse des Standes bei der Suche nach den Fragmenten des Chrysalkristalles alles andere als zufriedenstellend waren. Und nicht weniger Rätsel umgab immer noch das plötzliche Auftauchen und das Verhalten der Drachen.

      Nachrichten, die nicht mehr bloße Vermutungen waren, erhielt Alben Sur erst wieder von den Priestern, die er in den »Einsamen Posten« entsandt hatte, nachdem seine Geräte ihm gemeldet hatten, dass irgendetwas in dem Berg nicht in Ordnung war. Und was sie zu berichten hatten, machte ihn fassungslos. Meneas und seine Begleiter hatten den Orden buchstäblich überrumpelt. Er verfluchte seine Nachlässigkeit, denn den Eindringlingen war etwas gelungen, was die Priester in all den Jahrzehnten ihrer dortigen Anwesenheit nicht gelungen war. Und Alben Sur verfluchte genauso seinen Hochmut, denn in der Überzeugung der Überlegenheit der ax´lánischen Einrichtungen hatte er es versäumt, den Stützpunkt stärker zu sichern.

      Es war den Priestern bekannt, dass in dem Berg unheimliche Dinge vorgingen. Der Stützpunkt selbst war davon nie betroffen gewesen, aber die umliegenden Stollen und Höhlen, und nachdem sich anfangs einpaar erschreckende Unfälle ereignet hatten, von denen die meisten unter geisterhaften oder im Sinne des Wortes ungeheuerlichen Umständen tödlich endeten, wurde der südliche Teil des Berges zum Sperrgebiet erklärt.

      Aber durch eben diesen Teil musste Meneas mit seinen Leuten in den Stützpunkt eingedrungen sein, denn der gewöhnliche Zugang aus dem Westen wurde durch technische Wächter kontrolliert, die jede Annäherung von Eindringlingen der Besatzung gemeldet hätten.

      Wieder einmal hatte sich gezeigt, dass Meneas´ Gruppe entweder von besonderen Kräften beschützt und unterstützt wurde, oder mehr Glück als Verstand hatte, wobei Alben Sur eher dazu geneigt war, das Letztere in Betracht zu ziehen. Die fehlende Anwesenheit der Drachen bewiesen sowohl die Spuren der Auseinandersetzungen als auch die Aufzeichnungen der Kameras. Doch sie hatten jemanden aufgenommen, den Alben Sur noch niemals gesehen hatte und von dem er nicht wusste, woher er gekommen war. Es war ein Morain-Mensch, der zum ersten Mal Meneas´ Gruppe begleitete. Und wie es schien, war er auch nicht gleich zu Beginn mit ihnen im Stützpunkt aufgetaucht. Alben Sur konnte sich nur vorstellen, dass er sie durch das verbotene Gebiet nachgefolgt war. Auch wenn dieser Fremde nicht zu ihnen gehörte, hatte seine Hilfe doch maßgeblich dazu beigetragen, dass Meneas und seine Leute auf Geheimnisse gestoßen waren, die ihm, Alben Sur, bis dahin unbekannt waren. Im Nachhinein musste er zugeben, dass es ein Fehler gewesen war, die Tore nicht zu schließen. Aber wer hätte ahnen können, dass die Sucher nach den Kristallfragmenten ausgerechnet diesen Weg nehmen und ihn überleben würden.

      „Auf jeden Fall war in dem Berg allerhand los gewesen“, murmelte Alben Sur.