Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738039832



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der Ostküste nach Norden zurücklegen müssen, um Landsende zu erreichen. Das Meer von Ax´lûm galt als raues Meer, und wenn der Segler die Gefahren auf sich genommen hatte, musste er ein guter Seemann sein.

      Er zeigte die kennzeichnenden Merkmale eines Taren, großgewachsen und stämmig von Gestalt mit einer goldgelben Haut und schütteren, blonden Haaren. Sein langer Vollbart wehte verwegen im Wind und die wettergegerbte Haut zeugte davon, dass er sie oft dem Wind, der Sonne und dem Regen aussetzte. Das konnte ihr Mann sein.

      Der Tar wandte sich ihnen erst zu, als sie sich bis auf wenige Schritte seinem Boot genähert hatten. Offenbar wollten sie doch etwas von ihm. Er schwieg solange, bis Meneas ihn ansprach.

      „Ich grüße Euch. Seid Ihr der Skipper von diesem Schiff?“

      Der Tar kniff seine Augen zusammen, damit er die Fremden gegen die Sonne besser sehen konnte.

      „Wer will das wissen?“, rief er zurück.

      „Meneas Dolgard. Erlaubt Ihr mir, an Bord zu kommen? Ich komme allein.“

      Nach kurzem Zögern machte der Tar eine einwilligende Handbewegung. Meneas passte einen Augenblick ab, in dem das Boot von einer Welle angehoben wurde, und sprang hinüber. Tjerulf, Durhad, Valea, Solvyn, Anuim und Freno blieben an Land. Sie hörten nur Bruchstücke der Verhandlung.

      „Danke“, sagte Meneas. „Ich will auch gleich zur Sache kommen, denn ich nehme an, Ihr habt zu tun.“

      „Heute weniger als sonst. Was gibt’s?“

      „Darf ich zunächst Euren Namen erfahren? Wir sind hier, um Euch ein Geschäft vorzuschlagen.“

      „Marbuk heiße ich. So, ein Geschäft also. Na, dann, ich höre.“

      „Könnt Ihr uns zur Insel Kaphreigh hinüberbringen, und zwar so bald wie möglich?“

      „Nach Kaphreigh?“, fragte Marbuk verwundert. „Was wollt ihr denn dort? Dort gibt es doch nichts.“

      „Ihr habt Recht. Die Insel ist unbewohnt, und auch sonst hat sie nicht viel zu bieten. Sie ist vollkommen langweilig. Und trotzdem wollen wir dort hin.“

      Marbuk strich sich nachdenklich durch seinen Bart und blickte von einem zur anderen.

      „Ihr alle, oder kommen noch mehr?“

      „Nur wir.“

      „Warum?“

      „In eigener Sache, wenn es Euch recht ist. Ihr sollt uns nur hinüberfahren und wieder zurückbringen, wenn es Eure Zeit erlaubt.“

      „Wie lange wollt ihr drüben bleiben?“

      „Solange wir brauchen. Rechnet mit zwei bis drei Tagen, höchstens vier.“

      Marbuk überlegte. Ihm war anzusehen, dass er gern mehr über den Grund gewusst hätte, aber offensichtlich war dieser Meneas nicht bereit, darüber zu sprechen. Schließlich nickte Marbuk.

      „Also gut, aber ich mache es nicht umsonst.“

      „Davon war auch nicht die Rede. Was ist Euer Preis?“

      „Zehn Baant für jeden. Vor Abfahrt die Hälfte.“

      „Das ist viel“, meinte Meneas.

      Marbuk blickte zum Himmel.

      „Die Überfahrt ist nicht ungefährlich. Der Sturm wird wenigstens noch zwei oder drei Tage andauern und gegen Abend wieder zunehmen. Vielleicht wollt ihr ja auch warten, aber dann bin ich wahrscheinlich schon wieder weg.“

      „Hm, vier Baant, wenn wir drüben ankommen und fünf, wenn wir wieder hier sind.“

      Marbuk überlegte.

      „Einverstanden, aber ohne Verpflegung.“

      „Keine Sorge, wir bringen unseren eigenen Proviant mit.“

      Meneas war sicher, dass bei unruhiger See sowieso keiner etwas essen würde, solange sie auf dem Boot fuhren.

      „Wie lange werden wir unterwegs sein?“, fragte Meneas.

      „Der Wind steht nicht günstig und der Weg ist weit. Acht bis zehn Stunden, wenn sich das Wetter nicht sehr verschlechtert.“

      „Und Ihr glaubt, Euer Boot hält das aus?“

      Marbuk lachte.

      „Es hat schon mehr standgehalten. Hätte unsere Verhandlung sonst einen Sinn gehabt? Ich werde aber erst morgen früh ablegen, sonst kommen wir zu tief in Nacht. Ich kenne das Gebiet dort nicht sehr gut.“

      „Wir werden morgen in der Dämmerung hier sein.“

      „Ich werde auf euch warten. Also neun Baant, vier drüben, fünf, wenn wir wieder hier ankommen.“

      Meneas reichte ihm die Hand. Nach päridonischem Brauch war damit das Geschäft verbindlich. Dann ging er wieder an Land.

      „Morgen früh legen wir ab“, meinte er lächelnd. „Esst nicht so viel vorher. Marbuk sagt, der Sturm geht noch einpaar Tage so weiter.“

      „Marbuk?“, fragte Solvyn.

      „So heißt unser Skipper.“

      Sie winkten ihm kurz zu und gingen zurück zum Wirtshaus.

      Kilrod war ein wenig überrascht, als seine Gäste ihn baten, ihre Pferde für einpaar weitere Tage unterzustellen, und er war noch überraschter, als er erfuhr, dass sie für diese Zeit zur Insel Kaphreigh hinüberfahren wollten. Allerdings überraschte es ihn weniger, dass sie ihm den Grund auch dafür nicht nennen wollten. Natürlich war es ihr Geschäft und es ging ihn nichts an, aber trotzdem hätte er gern mehr darüber gewusst.

      Immerhin versprach ihr Besuch aber eine ungewöhnlich gute Einnahme, denn viele Gäste kamen nicht nach Landsende und einundzwanzig Übernachtungen, die Mahlzeiten und zusätzlich die Stellplätze für die Pferde würden ein ansehnliches Sümmchen ergeben. Er hoffte nur, dass sie heil von ihrer Bootstour zurückkehren würden. Wenn er gewusst hätte, wie einige der Abenteuer seiner Gäste ausgegangen waren, hätte er wohl einen Vorschuss gefordert, aber den erhielt er unerwartet am folgenden Morgen freiwillig von ihnen. Dafür war er nicht knauserig mit dem Proviant, den er ihnen mitgab.

      Vermutlich war der Roboter seit der letzten Nacht nicht mehr in ihrer Nähe gewesen, denn das Warnamulett hatte nicht noch einmal aufgeleuchtet. Dass das ein gutes Zeichen war, bezweifelten sie, denn er hatte bestimmt nicht von ihnen abgelassen. Sicher hatte er Alben Sur die Bilder aus dem Hafen übertragen, als sie das Boot angeheuert hatten und die Schlüsse, die man daraus ziehen konnte, waren nicht besonders schwierig zu ziehen. Kaphreigh musste das Ziel sein, denn dort lag das Versteck eines weiteren Kristallfragmentes. So nahmen sie an, dass der Roboter, sie nannten ihn jetzt selbst Dragur, ihnen schon vorausgegangen war, und auf der Insel auf sie wartete. Dort war er dem Orden zweifellos nützlicher als in Landsende.

      Das konnte für sie von Vorteil sein, denn schließlich war die Insel unbewohnt und er musste sich schon sehr geschickt anstellen, um ihnen nicht aufzufallen. Allerdings war Kaphreigh nicht kahl. Tjerulf war aber sicher, dass, wenn sie selbst Dragur nicht entdeckten, es die Drachen tun würden. Trotz allem wollten sie in ihrer Vorsicht nicht nachlassen, denn sie mochten sich ja auch irren und er war noch in der Stadt. Ihre Absicht, ihn außer Gefecht zu setzen, hatten sie noch nicht aufgeben. So trug Valea das Amulett weiterhin offen und auch in der folgenden Nacht wachte immer einer von ihnen.

      Wie abgemacht, war Marbuks Segler bei Einbruch der Dämmerung seeklar. Mit gemischten Gefühlen betrachteten Meneas und seine Freunde die aufgewühlte See. Der Sturm blies zwar nicht so stark wie am Abend ihrer Ankunft in Landsende, aber immer noch heftig genug, um eine sehr unruhige Überfahrt zu verheißen. Immerhin hatte es nicht wieder angefangen zu regnen und der Wind hatte sich gedreht und kam jetzt aus einer günstigeren Richtung. Vielleicht konnten sie es tatsächlich in acht Stunden schaffen. Aber selbst dann würden einige noch reichlich seekrank werden.

      Marbuk grinste, als er sah, wie unbeholfen einige in das schwankende Boot einstiegen.