Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738039832



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Ihr Traum war Wirklichkeit gewesen, und immer noch musste diese Wirklichkeit vor ihnen verborgen werden. Doch eines war für Durhad sicher. Spätestens, wenn sie das nächste Fragment gefunden hatten, würden die Oson mit ihnen offen in Verbindung treten, um die drei Fragmente zu übernehmen. Meneas irrte, wenn er glaubte, die anderen lägen in Elgen Damoth. Diese Überzeugung war ihm in seine Erinnerung eingepflanzt worden. In Wirklichkeit befanden sie sich auf ihrem Raumschiff in der Umlaufbahn um Elveran und in Sicherheit vor allen, die sie noch begehren konnten.

      „Haben sie dir noch etwas über unseren Auftrag erzählt?“, fragte Anuim. „Vielleicht sogar, wo das nächste Fragment versteckt ist.“

      Valea schüttelte mit dem Kopf.

      „Ich kann mich an kein Wort erinnern.“

      „Schade, es hätte uns die Suche erleichtert.“

      In diesem Augenblick kamen Tjerulf und Meneas herein. Beide hatten Seile über ihren Schultern.

      „Nanu, was habt ihr denn vor?“, fragte Anuim überrascht. „Unsere Bergtour ist doch vorüber.“

      „Diese schon“, erwiderte Tjerulf lächelnd. „Nachdem wir aber bereits Wochen unterwegs waren und schon öfter Seile hätten brauchen können, haben wir uns entschlossen, nun endlich welche zu kaufen. Wer weiß, wofür sie noch vonnöten sein werden.“

      „Sie sind also nicht für einen bestimmten Zweck?“

      Meneas lächelte.

      „Nein, mein Wort drauf. Weißt du einen?“

      Anuim schüttelte den Kopf.

      „Auch nicht.“

      Wenn ihre Stimmung nicht noch so bedrückt gewesen wäre, hätte Freno eine makabre Bemerkung gemacht, aber unter diesen Umständen unterließ er es lieber. Vielleicht hatte Anuim sie auch schon angedeutet. Tjerulf und Meneas brachten die Seile auf ihre Zimmer und kamen dann zum Essen.

      Den Nachmittag verbrachten sie mit Besorgungen in der Stadt. Auf dem Markt, wo auch einige Schausteller ihre Stände aufgebaut hatten, blieben sie ein wenig länger, als sie es sonst getan hätten, aber nach ihrem Abenteuer im »Einsamen Posten« war ihnen ein wenig nach Abwechslung zumute, bei der sie für eine kurze Zeit vergessen konnten, was geschehen war.

      Nach dem Abendessen gingen sie dann früh schlafen. Die nächsten beiden Tage, bis Landsende erreicht war, würden sie die ganze Zeit wieder auf ihren Pferden unterwegs sein und die Nacht im Freien verbringen müssen. Da war es gut, wenn sie sich vor ihrer Abreise noch einmal ausruhen konnten.

      Am nächsten Morgen brachen sie früh auf. Nephys stand gerade über dem Horizont, als sie durch das Osttor der Stadt ritten. Die Straße führte eine lange Zeit an der Küste entlang, die ein Teil der Bucht von Landsende war. Der Gegend war kahl und öde. So weit ihr Blick reichte, entdeckten sie weder Baum noch Strauch, dafür war die schroffe Hügellandschaft von zahlreichen mehr oder weniger großen Felsbrocken übersät, zwischen denen kurzes Gras wuchs. Bis zum späten Nachmittag sahen sie auch keine menschlichen Behausungen. Zwischen Sprotthausen und Landsende gab es keine Dörfer. Trotzdem lag das Land nicht brach. Hier und dort grasten Weidetiere und gelegentlich erblickten sie einen Schäfer oder Rinderhirten bei seiner Herde.

      Obwohl es ein klarer Morgen war, war es ungemütlich kühl, denn der Wind blies von Nordosten, und solange sie an der Küste entlang ritten, waren sie ihm ungeschützt ausgesetzt. An diesem Tag war auf der Straße fast kein Betrieb, denn es war Wochenende. Über der Woche herrschte zwischen Sprotthausen und Landsende allerdings nicht viel mehr Verkehr, da zwischen diesen beiden Städten vergleichsweise wenige Waren ausgetauscht wurden und es gab auch sonst kaum Reisende auf dieser Strecke. Landsende lag sehr abgelegen und besaß keine große Bedeutung. Der Name dieser Stadt spiegelte ihre ganze Einsamkeit wider.

      Dann, an einer Stelle, wo keine anderen Reisenden unterwegs waren, hörten sie entfernt die mittlerweile gewohnten Schreie von Ithlor und Kerlon. Sie hatten die Reiter aus großer Höhe entdeckt, was ihnen unter diesen Umständen nicht allzu schwer gefallen war. Im Sturzflug kamen sie zu ihnen herunter, überflogen sie rauschend und zogen dann wieder hoch. Tjerulf und Meneas grüßten mit erhobenen Händen. Doch dieses Mal landeten sie nicht, sondern begleiteten die Reiter durch die Luft, bis sie am Abend ihr Lager aufschlugen.

      Am Nachmittag wandte sich die Straße landeinwärts. Nur die Landschaft blieb unverändert. Jetzt lagen die felsigen Hügel zu ihren beiden Seiten. Als Nephys schließlich dem Horizont entgegensank, suchten sie sich einen geschützten Platz in einer Senke. Die beiden Drachen kamen zu ihnen herab und ließen sich einige Schritte von ihrem Lager entfernt nieder.

      „Ich glaube, heute werden wir ganz schön im Dunkeln sitzen“, meinte Anuim. „Weit und breit gibt es kein Feuerholz.“

      Durhad blickte in den klaren Himmel.

      „Kalt wird´s, aber die Monde werden für ein wenig Licht sorgen. Und gegen die Kälte haben wir unsere Decken.“

      Das war tröstlich, ersetzte aber nicht die Annehmlichkeiten eines Zimmers in einem Wirtshaus, oder noch besser im eigenen Heim. Immerhin hatten sie die Gewissheit, in Ruhe schlafen zu können, so lange die beiden Drachen über sie wachten.

      Der Wind hatte über Nacht zugenommen, aber keinen Regen herangeführt. Er wehte steif von der See her und ihnen kalt ins Gesicht. Das machte den Ritt nicht angenehmer. Die kahle Landschaft bot ihnen kaum Schutz. Erst als sie am späten Nachmittag den Wald von Landsende erreichten, hielt er den zum Sturm ausgewachsenen Wind ein wenig von ihnen ab. Dafür setzte nun der erwartete Regen ein. Missmutig klappten sie die Kragen ihrer Mäntel hoch und zogen ihre Hüte tiefer ins Gesicht. Ein letzter trauriger und nasser Wanderer kam ihnen entgegen, denn war die Straße bis nach Landsende leer. Kurz vor der Stadt erreichten sie den Waldsaum und zwischen den Bäumen erwarteten sie die beiden Drachen.

      „Jetzt seid ihr fast in der Stadt“, meinte Kerlon. „Wir haben die Gegend nach Spähern abgesucht. Es scheinen keine in der Nähe zu sein, zumindest sind Ithlor und mir keine aufgefallen, die wir kennen.“

      „Vielleicht lassen sie uns endlich einmal in Ruhe“, meinte Meneas.

      „Wir werden euch jetzt für einige Zeit wieder verlassen. Kaphreigh ist unbewohnt. Dort werden wir auf euch warten.“

      „Ist gut“, sagte Tjerulf. „Die Insel ist eine Tagesreise vom Festland entfernt. Wenn wir morgen schon ein Boot bekommen, könnten wir in der Nacht auf Übermorgen ankommen. Das ist der früheste Zeitpunkt.“

      „Falls der Sturm sich legt“, wandte Meneas ein. „Ich glaube nicht, dass uns jemand unter diesen Umständen hinüberfährt.“

      „Wir werden warten“, versprach Ithlor. „Ihr werdet uns nicht entgehen, wenn ihr dort ankommt. Bis dahin haben wir ein wenig Zeit, uns gründlicher auf der Insel umzusehen, als wir es bisher tun konnten. Vielleicht entdecken wir ja einen Hinweis.“

      Tjerulf nickte.

      „Das würde uns einiges erleichtern. Gut, wir treffen uns auf Kaphreigh wieder. Einen guten Flug und lasst euch nicht wegblasen.“

      Die beiden Drachen lachten. Verließen den Wald und tauchten kurz darauf in die Wolken ein.

      „Und wir sollten zusehen, dass wir endlich ein Wirtshaus finden“, sagte Anuim mit regennassem Gesicht. „Allmählich wird es ungemütlich. Außerdem muss bald die Dämmerung einsetzen.“

      Bis nach Landsende war es kaum mehr eine Meile und der Sturm wehte jetzt wieder scharf und böig über das Land. Der Regen peitschte in ihre Gesichter.

      Landsende besaß keine Stadtmauer und auch keine Stadtwache, so konnten sie ungestört hineinreiten. Es war das erste Mal, das sie dort waren. Bis dahin hatte keinen von ihnen eine Reise jemals nach Landsende verschlagen.

      Wie der Name der Stadt andeutete, lag es weit entfernt von allem. Und sie war eine ruhige Stadt, nicht nur, weil an diesem Abend kaum jemand in den Straßen unterwegs war. Landsende war zwar eine Hafenstadt, nahm an dem Handelsverkehr an der Ostküste aber nur wenig teil, denn die meisten Güter wurden in