Название | Bill & Bill |
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Автор произведения | Xaver Engelhard |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752900934 |
Und sie lebt immer noch mit diesem Zahnklempner zusammen?
Sie ist richtig häuslich geworden. Wer hätte das gedacht?
Die Schneekönigin! Ab ungefähr Herbst trug sie nur noch Skipullover in Sicherheitsfarben oder mit nordischen Motiven, Schneeflocken und Rentiere und sowas, und wenn man sie sah, fragte man sich sogar hier unten an der Küste unwillkürlich, wo der nächste Skilift ist. Mein Gott, wie groß du geworden bist! war immer das Erste, was sie sagte, auch wenn sie einen gerade erst an Thanksgiving gesehen hatte, und dann umarmt sie mich; und du spürst ihre Unruhe, sie will nur weg, und sie macht sich frei von uns, Amy und mir, um Großvater und Großmutter zu begrüßen und setzt sich kurz zu Bessie in die Küche, dann ruft sie Donald an, den Neuen, und dann versucht sie, beim Schmücken des Baums zu helfen, lässt zwei Kugeln fallen und wird von Großmutter hinausgeworfen; und ich weiß genau, sie wird es hier wieder nicht länger als zwei, drei Tage aushalten, und mein Herz rast, mein Rachen ist trocken, und ich hasse es und kann nichts tun dagegen, hasse es und bin doch froh, sie bei mir zu haben, ein, zwei Tage vielleicht, überlege, wie ich ihr das zeigen soll, bin ganz aufgeregt, versuche, sie erneut zu umarmen, aber sie versteht nicht, meint vielleicht, dass ich zu alt bin für sowas, kommt nicht an gegen sich selbst und ihre Unruhe und ihr Verlangen nach Flucht. Ihre Fingernägel sind wie immer bis aufs Fleisch abgenagt; sie redet von Zen-Küche und Mandalas und davon, dass sie jetzt doch Skilehrerin werden will, aber nur, wenn sich das mit dem College, das sie inzwischen wieder besucht, vereinbaren lässt, und natürlich von Donald. Immer wieder Donald! Wie geht’s dir in der Schule? fragt sie schon zum zweiten Mal an diesem Abend und rührt in ihrem Toddy. Großvater unterrichtet mich nicht mehr; und ich habe mit Latein angefangen, aber sie ist schon wieder in Lake Tahoe, habe dort mit Donald die Saison eröffnet, und er ist so ein fantastischer Mann und so ein lausiger Skifahrer, das genaue Gegenteil von Franz, und im Haus ist das Rauchen verboten, weshalb sie alle zehn Minuten hinaus auf die Veranda rennt, und am nächsten Tag sitzt sie fast nur noch dort, in grelle Mützen und zwei Decken gehüllt; und Amy weicht nicht von ihrer Seite und setzt sich im neuen Skianzug zu ihr, der für gewölbte Brauen gesorgt hat bei Großmutter, denn erstens war das kein angemessenes Kleidungsstück für ein Mädchen, dass sonst in Röckchen herumlief, und zweitens hatten ihrer Meinung nach mit dem Skifahren die Probleme bei Mutter begonnen. Und am dritten Tag packt sie und erklärt, dass sie Amy mitnimmt; und ich weiß nicht, warum; und sie lässt mich einfach dort. Sie steht in der Eingangshalle und hat Tränen in den Augen und malt mir der brennenden Zigarette Gespenster in die Luft, Großmutter und Großvater sind so verblüfft, dass sie es ganz übersehen; und ich gehe zu ihr, um sie an die Hausregeln zu erinnern und nehme ihr die Zigarette weg, während Amy den gepackten Koffer hinter sich her die Treppe herab zerrt, sodass er von Stufe zu Stufe poltert und Großvater sie wütend anschnauzt; und ich renne auf die Veranda; und es ist meine erste Zigarette; und ich saug so viel Gift aus ihr wie möglich, bis ganz zum Filter, und den werfe ich auf den Rasen, den makellosen, heiligen Rasen; und dann sind sie weg.
William, hörst du? Sie wird mal ein großes Vermögen erben, und dann wird ihr ein kluger Kopf zur Seite stehen müssen, so wie Alex es bei mit getan hat. Ich habe diesen Donald nur zwei- oder dreimal gesehen. Ein Zahnarzt! Na ja, immer noch besser als ein Arbeiter aus dem Sägewerk oder ein Österreicher. Sie hat uns ja in der Hinsicht nicht gerade verwöhnt. Er wirkt nett, aber ich weiß nicht, ob man ihm die Verwaltung des Vermögens, das deiner Mutter und irgendwann auch einmal dir und Amy zufallen wird, überlassen sollte. Jemand wie du dagegen, der auf Princeton gewesen ist … Ich sage dir, das Vermögen ist groß genug, um eine Herausforderung darzustellen. Sie lächelt und hat keine Ahnung. Weiß nicht und will nicht wissen. Wollte noch nie.
Ich habe keine Ahnung, wie viel Großvater übrig gelassen hat, aber ich garantiere dir, es ist nicht annähernd so viel, wie du meinst. Mr. Winston hat doch schon bei Großvaters Tod gesagt, dass er keine Gelegenheit ausgelassen hat, in Flops und Hirngespinste zu investieren.
Eine Reederei, mein Guter! Sie schüttelt weiter lächelnd den Kopf. Mein Vater hatte eine ganze Reederei. Er hat den Japan-Handel beherrscht. Das reinste Monopol! Du kannst dir den Luxus gar nicht vorstellen, in dem ich aufgewachsen bin.
Du hast ihn mir oft genug beschrieben, keine Sorge. Aber ich will dein Geld nicht!
Nun, du hast eine gute Ausbildung. Eine sehr teure Ausbildung! Da sagt sich sowas leicht. Vergiss nie, Bildung und eine gediegene Herkunft sind das beste Kapital überhaupt! Und was Besseres als Princeton wirst du nicht finden. Sie sieht mich streng an. Du bist ein privilegiertes Kind; und so ein Privileg ist auch eine Verpflichtung. Man muss sich ihm würdig erweisen, ihm und der ganzen verfluchten Familie, die ich nicht vergessen kann, weil sonst auch sie
Ich weiß. Und ich habe auch fest vor, wie Großvater Setter bei Sonnenuntergang zu fotografieren, sobald sich mir die Gelegenheit dazu bietet. Du sagst, du hast einen Brief von ihr bekommen. War da ein Absender drauf?
Brief ist übertrieben. Deutlich übertrieben! Ein Art Weihnachtskarte war es, aber nicht die Art, die man erwarten oder sich als Großmutter wünschen würde. Der Weihnachtsmann war kein Mann, und er war fast nackt. In all den Jahren nur ein einziges Lebenszeichen, und dann sowas!
Bei mir wars ein Brief, ein einziger Brief, den ich immer wieder hervorhole, bis er an den Falzen reißt, ein Brief, der die Tür hinter mir versiegelt und das Band zwischen uns kappt, denn du sollst wissen, ich bin unendlich traurig und erleichtert zugleich, denn es war Wahnsinn und die einzige Möglichkeit, dem Wahnsinn zu entkommen, und ich werde dir nicht mehr schreiben, denn es tut so weh, an dich zu denken und an mich, weil die eine Hälfte von mir eingesperrt ist mit dir und die andere herumläuft und nicht weiß wohin, und ich sage mir immer wieder, es ist auch eine Chance, wir werden beide älter und erwachsen und uns als vernünftige, geläuterte Menschen wiedersehen, und ist das nicht das Traurigste, was man sagen kann? Als wenn man seine Unschuld verlieren müsste, um zu überleben, seine Träume, aber überleben werden wir, das musst du mir versprechen und ich dir, damit es überhaupt gelingen kann.
Sie ist auf dem Speicher.
Was?
Na die Postkarte! Was ist denn los mit dir? Du wirkst ein bisschen seltsam. Ist es der Jet Lag? Willst du dich hinlegen? Ich könnte versuchen, diese Germaine oder wie auch immer sie inzwischen heißen mag dazu zu bewegen, dir einen Toddy zu machen.
Wann war das mit der Postkarte? Letztes Jahr?
Oh, ich weiß nicht. Sie wedelt mit der Hand. Die Jahre sind sich alle so ähnlich geworden, dass ich manchmal ein wenig die Orientierung verliere. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass du schon deinen Abschluss hast; und wie ich dich kenne, ist es ein ganz hervorragender Abschluss geworden, auch wenn es bei jemandem in deiner glücklichen Lage natürlich überhaupt nicht darauf ankommt, wie gut der Abschluss ist. Vielleicht sollten wir einfach mal Winston fragen, ob er nicht eine nette Kanzlei weiß. Eine mit anständigen Klienten, die noch mit Chauffeur fahren und nichts von Hektik halten, sondern solide Arbeit und gepflegte Umgangsformen zu schätzen wissen! Und du solltest dir wirklich überlegen, ob die Gärtnerei nicht ein ansprechendes Hobby für dich wäre! So beruhigend, sage ich dir! Alex war nach zwei, drei Stunden bei seinen Rosen immer wie verwandelt. Ein ganz anderer Mensch! Er konnte ja sonst ein wenig launisch sein. Kein Wunder bei jemandem, der seinen eigentlichen, eher künstlerischen Interessen zum Trotz die Verantwortung für eine Familie und ein großes Vermögen übernommen hat! Aber ich sage dir, der Garten hat alles kuriert. Du erinnerst dich noch an eure Krocket-Spiele?
Nur allzu gut! Ich nehme ihre Hand. Ist die Karte in einer speziellen Schachtel?
Ich hebe alles auf. Man weiß nie, wozu es mal gut sein kann; und Platz genug habe ich ja. Nur Germaine sieht das anders. Sie sagt, ich würde in einem Trödelladen leben, und schafft alles, was nicht niet- und nagelfest ist, nach oben in den Speicher. Dort drüben in dem Regal hatte ich ein paar Fotoalben von Alex.