Ein Dom und sein Krieger. Xenia Melzer

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Название Ein Dom und sein Krieger
Автор произведения Xenia Melzer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960894797



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Stimme erhob sich mühelos über die der anderen. „Ich habe gerade Wochen damit zugebracht, das Apartment perfekt zu machen, und jetzt willst du ausziehen? Und noch dazu in diesen Schweinestall? Hast du auch nur die geringste Ahnung, wie lange ich gebraucht habe, um die perfekte Farbe für die Küche zu finden? Oder um diese Kommode zu bekommen, von der du gesagt hast, dass sie dir so gut gefällt? Es war ein Albtraum, das kann ich dir sagen. Ich musste in diese kleine Hinterwäldlerstadt fahren, an deren Namen ich mich nicht einmal erinnern kann und mit einer alten Hexe verhandeln, die sich aus ‚sentimentalen Gründen‘ nicht davon trennen wollte und ich musste ungefähr eine Tonne ihrer steinharten Kekse essen und reden, bis mir die Zunge ausgefallen ist, ehe sie endlich zugestimmt hat, sie zu verkaufen. Und ich will erst gar nicht mit dem Holzboden in deinem Schlafzimmer anfangen oder ich werde dich töten müssen!“

      Peytons Stimme wurde mit jedem Wort lauter, bis sie eine Höhe erreichte, von der Leeland sich vorstellen konnte, dass der Schrei einer Banshee so klingen würde, wenn diese Kreaturen existierten. Leeland zuckte zusammen. Es war übel.

      „Es tut mir leid. Wirklich. Ich weiß, wie hart du gearbeitet hast und ich weiß das zu schätzen. Sehr sogar. Es ist nur so, das ist das erste Mal, dass ich bei jemandem einziehe.“

      „Ja, lass ihn in Ruhe, Peyton. Das sind großartige Neuigkeiten.“ Dean versuchte, Peyton zu beruhigen, wofür Leeland dankbar war.

      Peyton sah für einen Moment zögerlich aus, wog eindeutig die Vorteile, seinen Anfall weiterzuführen gegen die Möglichkeit, herunterzufahren, ab. Ein gefährliches Glitzern glomm in seinen Augen. Mit einem Mal fühlte Leeland sich wie eine Maus, die von einer athletischen Katze in die Ecke getrieben worden war. Nicht noch so viel Selbstverteidigungstraining konnte ihn auf Peyton vorbereiten, wenn der eine seiner Stimmungen hatte.

      „Nun, ich werde dir vielleicht vergeben. Da meine Bemühungen in deinem Apartment ganz eindeutig umsonst waren, könnte ich davon überzeugt werden, nicht länger wütend auf dich zu sein, wenn du mir freie Hand bei Jonathans Apartment lässt.“

      Leeland schluckte. Jonathan hat gesagt, dass er alles tun würde, erinnerte er sich selbst. Wie schlimm konnte es werden? Du sagst der Harley besser auf Wiedersehen. Für einen Moment zögerte Leeland, aber dann gab er nach. Welche Wahl hatte er schon? Er wollte wirklich mit seinem Master zusammenwohnen.

      „Schön. Ich werde es Jonathan sagen.“

      Ein zufriedenes Grinsen sagte Leeland, wie sehr er gerade manipuliert worden war. Er konnte jedoch nicht böse sein. Trotz seiner Unberechenbarkeit war Peyton ein guter Freund – und Jonathans Apartment konnte eine kleine Auffrischung vertragen. Nun ja, nicht so klein, wenn Peyton das Sagen hatte, aber es würde den Wiederverkaufswert enorm steigern. Und wenn er weiter gute Gründe fand, würde er am Ende vielleicht sogar an einen davon glauben.

      „Jetzt, da das geklärt ist, … Collin, welchen Film hast du ausgesucht?“

      Peyton wirkte vollkommen ruhig, wahrscheinlich, weil er gerade seinen Willen ohne große Anstrengungen von seiner Seite bekommen hatte. Leeland konnte eine gewisse Schadenfreude nicht unterdrücken, als Peyton das glückliche Lächeln sah, das sich auf Collins Lippen formte, während sein eigenes Gesicht lang wurde.

      „Nein! Nicht SCHON WIEDER The Nightmare Before Christmas!“

      Collin zog einen Schmollmund. „Hey, dieser Film ist großartig. Aber keine Sorge. Wir werden uns Corpse Bride anschauen.“

      Jetzt waren Curtis und Dean an der Reihe zu stöhnen.

      „Ich weine am Ende dieses Films immer. Wegen jemandem, der schon tot ist!“ Curtis wimmerte beinahe.

      „Ich habe Taschentücher“, bot Collin hilfsbereit an.

      Ehe Curtis eine Antwort geben konnte, mischte Peyton sich ein. „Du hast Nerven. Du hast uns gezwungen, Eyes Wide Shut anzusehen, als wir das letzte Mal bei dir waren!“

      „Dieser Film ist ein Klassiker!“, protestierte Curtis.

      „Das macht ihn nicht gut. Das nächste Mal treffen wir uns in meinem Apartment.“

      Curtis schnaubte. „Auf gar keinen Fall. Ich werde nicht noch einen Vin Diesel Marathon über mich ergehen lassen.“

      Peyton verdrehte die Augen. „Vin ist ein Hengst.“

      „Das mag ja sein, aber seine Filme sind Müll.“ Curtis‘ hitziges Argument wurde von einem wild nickenden Dean bekräftigt.

      Peyton hielt seine Hände protestierend in die Höhe. „Hey, nur weil es nicht viel Dialog gibt –“

      „Versuch es mit gar keinem“, murmelte Dean leise, was ihm einen bösen Blick von Peyton einbrachte.

      „– heißt das nicht, dass es keine tiefere Bedeutung …“

      „Oh bitte, welche tiefere Bedeutung kann es in The Fast and the Furious schon geben?“ Curtis klang entnervt.

      „Schnallt euch immer an?“ Emilios Stimme war leise, schüchtern, als ob er sich nicht sicher war, wie seine Bemerkung aufgenommen werden würde.

      Für einen Moment herrschte erstauntes Schweigen. Dann fingen die Männer zu lachen an, Peyton inklusive.

      „Schön, das muss ich zugeben.“ Peyton hatte Tränen in den Augen.

      Emilio lächelte schüchtern, eindeutig glücklich, dass sein Scherz so gut aufgenommen worden war. Dean schlug ihm auf die Schulter.

      „Wie wäre es, wenn wir nächste Woche einen Colin Firth Marathon machen? Ich denke, wir sind uns alle einig, dass er ein Prachtkerl ist, und seine Filme sind angemessen intellektuell – na ja, die meisten jedenfalls.“

      Die anderen nickten. Die Wahl des Films führte immer zu einer lebhaften Diskussion in ihrer kleinen Gruppe. Nach den Regeln hatte der Gastgeber das Recht zu entscheiden, was manchmal anstrengend sein konnte. Es führte auch dazu, dass sie alle Filme sahen, die sie sonst nie ausgesucht hätten, darum funktionierte das System Leelands Meinung nach. Sie brachten ihr schmutziges Geschirr weg, holten Schüsseln, die sie mit Tiramisu und Pannacotta füllten und machten es sich dann auf den beiden Sofas bequem, um zu sehen, wie die Toten lebendig wurden.

      Als der Schmetterling anfing, durch die seltsam getönte Welt der Corpse Bride zu fliegen, lehnte Leeland sich zurück und musterte seine Freunde. Collin starrte mit der fokussierten Aufmerksamkeit eines Fünfjährigen auf den Bildschirm, formte die Worte des ersten Liedes mit seinen Lippen. Dean und Curtis saßen nebeneinander, die Schachtel Taschentücher stand zwischen ihnen. Peyton tat immer noch so – vergeblich – als wäre er von der Wahl des Films beleidigt.

      Leeland lächelte. Ein Abend mit engen Freunden, köstliches Essen und ein verdammt guter Film, ganz egal was Peyton dachte. Und zu Hause wartete sein atemberaubend heißer fester Freund. Das Leben konnte nicht viel besser werden.

      Um halb zwölf verabschiedeten Leeland und Emilio sich von Collin. Curtis war bereits gegangen, hatte Peyton mitgenommen. Dean half Collin in der Küche, was bedeutete, dass er die Spülmaschine auf eine Weise belud, die Martin später dazu bringen würde, das ganze schmutzige Geschirr wieder herauszunehmen und es „auf vernünftige Weise“ einzuräumen, wie er es bezeichnete. Leeland hatte gesehen, wie sich exakt diese Szene jedes Mal abspielte, wenn Collin sich um die Spülmaschine kümmerte und er war sich nicht ganz sicher, ob der zerstreute Künstler es nicht absichtlich machte. Oder vielleicht gab es wirklich eine künstlerische Weise, wie man das Geschirr in der Spülmaschine verteilen konnte, die niemand außer Collin begriff. Andererseits war Dean verdächtig eifrig darauf bedacht, Collin zu helfen, und Leeland kannte seinen Freund gut genug, um das potenzielle Entertainment zu sehen, das Dean hier für sich herausziehen konnte. Und Dean hatte die letzten Spuren seiner Unschuld verloren, kurz nachdem Richard ihn in die Welt des BDSM eingeführt hatte. Hier handelte es sich um ein Mysterium, das Leeland nicht unbedingt lösen wollte, zumindest nicht an diesem Abend.

      Er setzte sich hinter das Lenkrad des Volvos, den er sich von Jonathan geliehen hatte, während Emilio auf der Beifahrerseite einstieg. Jonathan bestand darauf, dass Leeland in einem sicheren Auto