Название | Mit Gottvertrauen im Gepäck |
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Автор произведения | Helene Arnet |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783039199716 |
Das Nationalparlament mit 111 Mitgliedern befindet sich in der Hauptstadt Port Moresby und wird alle fünf Jahre neu gewählt. Parlamentswahlen führen bis heute vor allem in ländlichen Gebieten regelmässig zu schweren Unruhen oder gar Sippenkriegen, wenn etwa ein Stamm die Wahl eines Abgeordneten aus einem anderen Stamm nicht anerkennt. 1989 kam es auf der Insel Bougainville zu einem blutigen Bürgerkrieg, der erst 1997 beigelegt werden konnte. Seither gilt Bougainville als autonome Region. Ende 2019 wurde eine – allerdings nicht bindende – Abstimmung über die vollständige Unabhängigkeit von PNG durchgeführt: 97 Prozent der jenigen, die daran teilnahmen, sprachen sich dafür aus.
Amnesty International berichtet regelmässig über schwere Verletzungen der Menschenrechte, und beim Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International lag PNG 2017 ebenfalls recht weit hinten, auf Platz 137 von 180 Ländern, in der Nachbarschaft von Liberia, Paraguay und Russland. Immerhin zeichnet sich gemäss diesem Rating seit zwei Jahren eine geringfügige Besserung ab.
Die Mehrheit der Bevölkerung sind Papuas, die zu etwa neunzig Prozent im unwegsamen Hochland leben. Weil die einzelnen Stämme so isoliert lebten, entwickelten sich unzählige Sprachen: Nach dem letztmals 2002 aktualisierten «Sprachenalmanach» werden 839 verschiedene Sprachen und Dialekte gesprochen. Es gab ursprünglich auch ähnlich viele Religionen. PNG gehört damit zu den kulturell heterogensten Nationen der Welt.
Amtssprache ist Hiri Motu, das allerdings nur von einem verschwindend kleinen Teil der Bevölkerung beherrscht wird, sowie die Pidgin-Sprache Tok Pisin, auch «Pidgin-Englisch» genannt, und Englisch. Wer, wie die Baldegger Schwestern, ausserhalb der Ämter mit Einheimischen in Kontakt kommt, verständigt sich in der Regel in Pidgin-Englisch.
2018 lebten 8,6 Millionen Menschen in PNG, also etwa gleich viele wie in der Schweiz. Allerdings ist das Land flächenmässig elfmal grösser. Die mit Abstand grösste Stadt, die Hauptstadt Port Moresby, hat nicht einmal so viele Einwohner wie Zürich. Das Land ist fruchtbar, mehr als drei Viertel der Bewohner leben von der Landwirtschaft, allerdings mehr schlecht als recht. PNG zählt nach Ruanda, Bhutan, Nepal und Uganda zu den ländlichsten Staaten der Erde.
Daneben gibt es Arbeit im Bergbau und auf Plantagen, wo vor allem Kaffee, Kopra und Kakao angebaut und Palmöl gewonnen wird. Auch die Holzindustrie ist ein gewichtiger Faktor, allerdings existieren weite Flächen unerschlossenen Buschwalds. Dies weckt Begehrlichkeiten im In- und Ausland, weshalb es immer wieder zu illegalen Abholzungen kommt.
Der Bergbau ist der wichtigste Wirtschaftsfaktor des Landes. Es gibt reiche Gold-, Kupfer- und Chromvorkommen sowie Erdöl und Erdgas. Obwohl das Wirtschaftswachstum mit fast neun Prozent äusserst hoch ist, stagniert der Wohlstand im Land seit den 1990er-Jahren. Konkret heisst das: Die Mehrheit der Bevölkerung ist arm, vierzig Prozent leben unter dem Existenzminimum, damit gehört PNG zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Die Weltbank hatte bereits 2012 von dem Paradox «Reichtum ohne Entwicklung» gesprochen. Beobachter rügen eben diese Weltbank, sie fördere mit ihrem Verhalten die Ausbeutung von Ressourcen durch internationale Investoren. Dies sei in einem Land, in dem die Verwaltung schlecht funktioniere und die Elite, mit der diese Investoren zusammenarbeiten, in erster Linie auf Selbstbereicherung aus ist, verheerend. Dabei laufe das Land Gefahr, zum Spielball anderer Mächte zu werden. Tatsächlich butterte China in den letzten Jahren Millionen Dollar in die Infrastruktur und erhofft sich, oder erwartet vielmehr, erleichterten Zugang zu den reichen, noch nicht erschlossenen Rohstoffvorkommen. 2014 lösten sich staatliche Einnahmen aus dem Bergbau in der Höhe von 3,3 Milliarden Kina, was über 800 Millionen Euro entspricht, in Luft auf. Laut Beobachtern geht etwa die Hälfte des jährlichen Haushalts dem Gemeinwohl verloren. Trotzdem fliessen immer noch Hunderte Millionen Franken Entwicklungsgelder aus Australien nach PNG.
Der Politikwissenschaftler Roland Seib, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit dem pazifischen Raum beschäftigt, bezeichnet das Missmanagement bei den öffentlichen Finanzen, Diebstahl, Korruption und Klientelismus als die zentralen Charakteristiken des schwachen Staates. Die staatlichen Institutionen seien weitgehend in den Händen von Clanchefs und damit beherrscht von Partikularinteressen. Die Unterschlagung öffentlicher Gelder sei die Regel. So wurde vor einigen Jahren bekannt, dass im Südlichen Hochland die Einnahmen des Future Generations Fund, der von den Ölfördergesellschaften gespeist wird, geplündert und für Hotelübernachtungen, Automieten, das Chartern von Flugzeugen sowie Zahlungen an Politiker und Verwandte verwendet worden waren. Hinzu kommen massive Umweltschäden durch den Bergbau; so werden vielerorts die giftigen Rückstände des Abbaus ungeklärt in die Flüsse oder ins Meer geleitet. In der Goldmine Porgera etwa, die auf einem Hochplateau mitten im Regenwald liegt, werden täglich 22 000 Tonnen Rückstände in die umliegenden Flüsse gekippt. Sie wird vom grössten Goldbergbau-Unternehmen der Welt betrieben, der Barrick Gold Corporation mit Sitz in Toronto. Eine Umweltaufsicht der Minen existiert nicht.
Der Tourismus ist trotz abwechslungsreicher Landschaft und guten klimatischen Bedingungen schwach entwickelt, was mit der unsicheren Lage und der schlechten Infrastruktur zu tun hat. Das Auswärtige Amt der Schweiz, das EDA, leitet seine Einschätzung über PNG mit folgenden Hinweisen ein: «Bei Reisen nach Papua-Neuguinea ist der persönlichen Sicherheit grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Viele Stammesgruppen lebten bis vor Kurzem isoliert und waren teilweise verfeindet. Ihr Zusammentreffen in einem modernen Staat ist mit sozialen und politischen Schwierigkeiten verbunden. Die Kriminalitätsrate ist sehr hoch.» Seit den Parlamentswahlen 2017 ist die politische und die soziale Lage zunehmend angespannt. Besondere Vorsicht gilt in den Hochlandprovinzen, also dort, wo die Baldegger Schwestern tätig sind.
Sr. Gaudentia verfasste 2010 im Auftrag des «Church Partnership Program» einen Bericht über die Zusammenarbeit der kirchlichen und staatlichen Institutionen im Bereich der Gesundheitsversorgung. Dieser enthält einen Katalog von Forderungen, welcher mit dem Aufruf endet: «We need good governance.» Wir brauchen eine gute Regierung.
Zweigeteiltes Papua-Neuguinea, indonesischer und unabhängiger Teil
Provinz Südliches Hochland (inklusive Provinz Hela)
1939 bis 1961
Kindheit, Jugend, Familie
Geschwistertreffen in Hertenstein
Hertenstein gehört zu Weggis und ragt als Halbinsel in den Vierwaldstättersee. Auf dem Schiff, das mich von Luzern in vierzig Minuten nach Hertenstein bringt, reisen an diesem Dienstagnachmittag im Mai 2018 vor allem asiatische Reisegruppen und ein paar Rentnerinnen und Rentner. Es ist sonnig und warm, doch über dem Pilatus türmen sich Quellwolken auf. Von der Schifflände in Hertenstein führt ein Wanderweg über grüne Wiesen zum Jugendstilgebäude, das als Höheres Töchterinstitut gebaut und 1916 von den Baldegger Schwestern übernommen wurde. Seit 1995 betreibt das Kloster dort das Bildungshaus Stella Matutina mit Hotelbetrieb.
Die Halbinsel ist paradiesisch schön, was einst auch dem bayrischen König Ludwig II. nicht entgangen war. Um 1870 plante er in dieser Gegend den Bau eines Lustschlosses in einem Park mit Pagoden, künstlichen Grotten und halb zerfallenen Tempeln. Die Pläne zerschlugen sich. Zum Glück, denkt man an die Touristenmassen, welche andere Anlagen wie Neuschwanstein oder Herrenchiemsee des als Märchenkönig verklärten Monarchen fluten. Auf dem gut viertelstündigen Spaziergang von der Schifflände zum Bildungshaus begegnen mir nur ein männlicher Pfau, der mich gehässig anzischt, dann eine quirlige Kinderschar auf Schulreise. Kuhglocken und das Zirpen von Grillen begleiten mich, und über mir kreisen zwei Milane.
Sr. Gaudentia erwartet mich und ihre Geschwister Annemarie, Alfons und José, die mit dem