Die Leben des Paul Zech. Alfred Hübner

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Название Die Leben des Paul Zech
Автор произведения Alfred Hübner
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783945424926



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Es geht ihm wieder schlechter. Darüber berichtet Max Herrmann Leni Gebek: „[ich] fuhr in die Stadt, traf zufällig Paul Zech, der klagte auch sehr über die Literaturcliquen hier, über Geldlosigkeit, über die Fron des für Zeitungen Schreibenmüssens, Anfang Juli fährt er nach Holland.“382 Damit ist möglicherweise ein Klinikaufenthalt in Berlin gemeint, den Zech als Auslandreise kaschiert.

      Zehn Tage später schreibt Herrmann seiner Lebensgefährtin erneut: „Zu Zech hinauf, der […] klagt über Verdrängen der Älteren und Verhätscheltwerden der Ganz-Jungen, und dass die Dreißigjährigen heute schon zum alten Eisen geworfen würden.“383 Zu schaffen macht dem Gastgeber auch der ständige Druck, dem er ausgesetzt ist. Von Wegner erreicht ihn eine weitere Anfrage: „Sind meine Gedichte nun im ‚Neuen Pathos‘ erschienen? Sie sollten doch wohl schon längst kommen.“384 Auch hierauf erfolgt keine Antwort.

      Am 28. Juni 1914 werden in Bosnien, das von der kaiserlich-königlichen Monarchie annektiert worden ist, der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau erschossen. Beim Attentäter handelt es sich um einen Anhänger großserbisch-nationalistischer Bestrebungen. Der Mord von Sarajevo verschärft die seit langem schwelenden Konflikte zwischen den europäischen Großmächten. Anzeichen für einen bevorstehenden Krieg mehren sich. Nichts davon findet sich in Zechs Aufzeichnungen aus dieser Zeit. Ihn beschäftigen vornehmlich Ereignisse, die mit seiner persönlichen Erlebniswelt zu tun haben.

      Die neueste Ausgabe der Kulturzeitschrift „Der Türmer“ enthält eine Glosse „Zurück zu Wodan!“ Ihr Verfasser zeichnet lediglich mit dem Buchstaben „Z.“: „Im Harz versammelten sich in den Pfingsttagen eine ganze Reihe von deutsch-völkischen Sekten“. Die werden einzeln aufgezählt. An erster Stelle steht die „Germanische Glaubensgemeinschaft“ Fahrenkrogs. „Z.“, niemand anderes als Paul Zech, kommentiert: „Das sind gewiss tüchtige Idealisten. […] Dabei wohnen den meisten dieser neugermanischen Sekten kirchenfeindliche Bestrebungen inne. Das Christentum […] ist ihnen als ‚semitisch‘ verdächtig.“ Sein bissiger Kommentar lautet: „So springen sie denn über zweitausendjährige Eindeutschung und Luthers Werk einfach hinweg und kehren frisch-froh zurück zu Wodan.“385 Damit sagt sich Zech endgültig von seinem früheren Idol los. Die Glosse erscheint in einer Zeitschrift des Verlages „Greiner & Pfeiffer“, der Fahrenkrogs „Baldur“ herausgebracht hat. Den „Königlichen Hofbuchdruckern“ ist inzwischen klar geworden: Ihr langjähriger Autor möchte das Christentum abschaffen, auf dessen Grundlage sie gut gehende Geschäfte machen.

      In der gleichen Ausgabe des „Türmers“ wird Zechs Gedicht „Wir müssten so wie Kinder sein!“ abgedruckt, die Verse also, mit denen er sich vor zwei Jahren vergeblich um eine Einigung zwischen Fahrenkrog und Kramer bemüht hat.386 Zusätzlich würdigt der österreichische Autor Hermann Kienzl das lyrische Schaffen des Verfassers: „In seiner Art der Naturbeseelung gemahnt Zech nicht selten an Verhaeren, der überhaupt auf die junge Dichter-Generation stärksten Einfluss übt. Zech ist Expressionist. Er hebt nur hervor, was bedeutsam ist, und verschmäht Staffagen.“387

      Eine Lobeshymne aus Wien übertrifft all das, was Zweig seinem Freund bisher geschrieben hat: „Sie sind in drei Jahren aus einem begabten Lyriker einer der stärksten Sprachkünstler geworden, die wir haben, und die Farbigkeit Ihrer Übersetzungen ist wirklich ohnegleichen.“ Der Kollege fährt fort: „Ich hätte sehr das Bedürfnis, mit Ihnen wieder einmal ausführlich beisammen zu sein, wie schade, dass es jetzt nicht möglich ist, ich gehe zu Verhaeren nach Belgien und komme erst wieder im Herbst zurück.“388 Ganz anders liest sich eine Zuschrift von Franz Blei an die „Aktion“: „In Deutschland ist es alltäglich, dass Freundschaftskritiken erscheinen. Ein belangloser K. E. Meurer feiert seinen Busenfreund ‚Dr.‘ Paul Robert Zech als Genie im Xer Kreisblatt; im Xer Generalanzeiger revanchiert sich Herr Zech und lässt Meurer ein Genie sein.“389 Blei kritisiert damit Veröffentlichungen in der Elberfelder sowie Barmer Lokalpresse und revanchiert sich dafür, dass der Kollege im „Jahrbuch für Dichtkunst“ wenig freundlich mit ihm umgegangen ist.

      Leonhard Frank wendet sich mit einer Bitte an den Herausgeber des „Neuen Pathos“: „Unter Berufung auf Herrn Doktor Albert Ehrenstein hat Ihnen Georg Müller meinen Roman ‚Die Räuberbande‘ geschickt. Haben Sie ihn bekommen? Ich bitte Sie sehr, möglichst gleich eine ausführliche Besprechung […] zu bringen“.390 Diesem Wunsch kann der Adressat nicht nachkommen, weil das lange angekündigte neue Heft Anfang Juli endlich erscheint. Die Ausgabe enthält zwei Übertragungen Zechs aus dem Französischen, „Der Hafen“ nach Verhaeren und „Das trunkene Schiff“ nach Rimbaud. Acht lyrische Beiträge stammen von Dehmel, Loerke, Werfel, Max Herrmann, Ehrenbaum-Degele, R. R. Schmidt, Hasenclever und Meurer. Ein Auszug aus Zweigs Vortrag an der Friedrich-Wilhelms-Universität erscheint unter dem Titel „Die Liebe bei Dostojewski“. Ehrenstein und Edschmid sind ebenfalls mit Prosatexten vertreten. Drei grafische Beiträge haben Künstler geliefert, die schon in früheren Heften dabei waren: Rösler, Heckel und Meseck. Darüber hinaus ist es Zech gelungen, für die Zeitschrift drei neue Mitarbeiter zu gewinnen, die ebenfalls bekannte Namen tragen: Wilhelm Gerstel, Walter Klemm und Karl Schmidt-Rottluff. Mit einer Kreidezeichnung des Letzteren ist die Künstlergruppe „Die Brücke“ im „Neuen Pathos“ vertreten. Die für diese Ausgabe angekündigte „Betonung des Erotischen“ hält sich in Grenzen.

      Zech bestellt Börsch ein weiteres Mal ein: „da ich Sie gerne sprechen möchte, wäre es mir lieb, wenn Sie das Heft selber abholen kämen. […] Vielleicht kommen Sie am Freitag nachmittag gegen vier Uhr.“391 Zum genannten Termin erscheint der Besucher in der Babelsberger Straße, doch der Hausherr ist wieder nicht da. Später begründet der seine Abwesenheit so: „Das Heft, das für Sie bestimmt war, musste ich, da die Sache sehr eilte, einem neuen Subskribenten bringen.“ Statt sich zu entschuldigen, schreibt er dem jungen Mann: „ich habe mich geärgert, dass ich Sie verfehlt habe“, und schlägt ein neues Treffen vor: „Ich hole heute Nachmittag das Ersatzheft und wenn Sie am Dienstag oder Mittwoch zwischen vier und fünf zu mir kämen, wäre es sehr schön.“ Jetzt mag Börsch nicht mehr. Er bricht die Verbindung ab. Sein Artikel „Die drei Lyrikbücher aus dem Verlag der Weißen Bücher“ erscheint mit einem halben Jahr Verspätung in Meurers „Neuer Theater-Zeitschrift“.392

      Hasenclever dagegen gibt noch nicht auf. Er fragt Zech: „Weshalb höre ich nichts mehr von Ihnen? Wo bleibt das ‚Neue Pathos‘ mit meinem langen Gedicht? Und wie wird es mit den Beiträgen für das nächste? Schreiben Sie mir bitte!“393 Antwort bekommt er wieder nicht. Schickele hat etwas mehr Erfolg. Er überarbeitet den Beitrag, dessen Veröffentlichung ihm vor vier Wochen versprochen worden ist, nach den Wünschen des Herausgebers und gibt ihn zur Post. Im Begleitschreiben heißt es: „so nehmen Sie bitte in der ‚Trilogie der Eifersucht‘ die ‚Ballade‘ heraus und stellen Sie an deren Stelle die beiden Strophen, die ich Ihnen beilege. Schicken Sie dann bitte sobald wie möglich das Manuskript zurück.“394 Der zweiten Bitte entspricht der Herausgeber, die Texte veröffentlicht er nicht.

      Inmitten des hektischen Arbeitsalltags hat Zech das Verlangen, sich einem Menschen anzuvertrauen, dem er nahesteht. Deshalb nimmt er seine Korrespondenz mit Schattke wieder auf: „Die Spannkraft muss höchste Belastungen auf Kosten der Nerven aushalten. Und doch treibt es einen immer wieder hinauf auf den höchsten Gipfel der schöpferischen Wachheit.“ Erinnerungen helfen ihm, Phasen körperlicher und seelischer Erschöpfung zu überwinden: „Liebste, ich denke oft an unsere wütend jugendlichen Entwürfe in den Dämmerwäldchen, ich fühle oft Ihre Hand, die ich einmal nur flüchtig streifen durfte. Ich denke an unsere Hoffnungen, die jeder freilich ungesagt für sich trug. Warum war jetzt nicht früher.“ Er unterstellt: „Vielleicht hätten wir dann den Kampf überwunden und uns in eine Geselligkeit hinaufgerettet, die schön und ein Erlösendes gewesen wäre.“395

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