Wenn Beteigeuze explodiert. Stephan Berndt

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Название Wenn Beteigeuze explodiert
Автор произведения Stephan Berndt
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783946959915



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man sich an obigen Prophezeiungen, lässt sich aus der Lehnin’schen Weissagung immerhin ein gewisser Druck herauslesen, der, vorsichtig formuliert, den Fremden eine Rückkehr in ihre Herkunftsländer nahelegt.

      Zusammenfassung

      Das waren in diesem Kapitel zehn Prophezeiungen und Visionen zum Thema Flüchtlinge und große Zahl Fremder. Edward Korkowski (Nr. 1) vermutet im Falle Deutschlands hinter den Flüchtlingsströmen einen geheimen Feind. Eine Verschwörungstheorie. Nun ja. Die Dame aus Valdres (Nr. 2) sieht die Flüchtlingskrise als letztes Vorzeichen für den “dritten Weltkrieg“. Das Lied der Linde (Nr. 3) sieht bunte Fremdlinge, die nach Ende des “dritten Weltkrieges“ angeblich besser das Land verlassen. Irgendetwas muss da vorgefallen sein. Was genau, darüber schweigt das Lied der Linde. Alois Irlmaier (Nr. 4) sieht eine große Anzahl Fremder nach Deutschland und nach Bayern kommen, in großer zeitlicher Nähe zu einer hohen Inflation, zu Revolution und Krieg. Berta Zängeler (Nr. 5) sagt, die „Ausländer“ würden nach dem Kriege wieder nach Hause gehen, weil man sogar in der Schweiz hungert. Für mein Gefühl verschweigt auch Berta Zängeler etwas. Aber da kann ich mich auch irren. Die Bremer Großmutter (Nr. 6) sah »Aufstände« zwischen Biodeutschen und Einwanderern und dass dann nach dem Krieg »alle fremd aussehenden Menschen« wieder in ihre angestammte Heimat müssen. Nicolaas van Rensburg (Nr. 7) sah, dass Europa, ausgerechnet dann, wenn es genug eigene wirtschaftliche Probleme hat, viele arme Einwanderer aus Afrika aufnimmt. Ob das ein günstiger Zeitpunkt und förderlich für das interkulturelle Zusammenleben ist? ... Die Kölner Quelle (Nr. 8) im Buch von 1849 sah vor der Zerstörung Kölns bedürftige »Einwanderer« nach Köln kommen, die seitens der Obrigkeit absurderweise den einheimischen Armen vorgezogen werden. Im selben Buch haben wir die Vorhersage von 1762 zu einer neuen Bartmode (Nr. 9) unmittelbar bevor „Gott die Welt züchtigt“. Die letzte Quelle, die Lehnin’sche Weissagung (Nr. 10), spricht davon, dass sich die Fremden in Brandenburg nach dem Kriege nicht mehr „freuen“ und dass man sich dann wieder (nur) um die Einheimischen kümmert. Das korrespondiert mit der Kölner Quelle von vor 1849.

      Wie man sieht: Die Anzahl der Prophezeiungen und Voraussagen zur Flüchtlings- und Fremdenthematik in Mitteleuropa ist so groß, dass sich diese Quellen nicht mehr so einfach beiseitewischen lassen. Alle diese Quellen sind alt genug, so dass sie nicht vom Zeitgeist ab – sagen wir 2000 – beeinflusst sein können. Lediglich die Bremer Großmutter stammt aus meinem Privatarchiv. Alles andere wurde frühzeitig in gedruckter Form publiziert (mit Ausnahme Berta Zängelers).

      Zugegebenermaßen beleuchten die jeweiligen Quellen unterschiedliche Aspekte und sind – inklusive meiner Deutung – nicht immer 100-prozentig überzeugend. Insgesamt ergibt sich jedoch, wie ich denke, ein schlüssiges Gesamtbild: Die Flüchtlingskrise 2015/2016 und danach ist eine Wegesmarkierung auf dem prophezeiten Korridor Richtung “dritter Weltkrieg“ in Mitteleuropa. Am allerdeutlichsten wird dies bei der Dame aus Valdres und bei Edward Korkowski, der sich an anderen Stellen seiner Bücher eingehender zum “dritten Weltkrieg“ äußert.

      Das Lied der Linde übrigens – das sei noch erwähnt – beschreibt für ein paar Jahre nach dem “dritten Weltkrieg“ eine Situation, in der sehr wohl wieder Fremde nach Deutschland kommen! Jedoch treibt diese Menschen dann nicht die Not ins Land, und sie kommen auch nicht wegen des Geldes oder materieller Vorteile – nein, sie kommen, weil sie Deutschland als einen Ort der Inspiration wahrnehmen; genauer gesagt: die Menschen in Deutschland.

      Es dürfte kaum etwas Heilsameres für die deutsche Seele geben als die Erfahrung, anderen Völkern eine echte Inspiration zu sein – und zwar ohne jeden erhobenen Zeigefinder.

      Tabelle 1: Quellenlage zur Flüchtlingsthematik in ganz Europa

      Der Brand von Paris – oder tut das ein Franzose?

      Zum oben beschriebenen Muster eines gescheiterten multikulturellen Experimentes passen auch die Prophezeiungen zum Schicksal der Stadt Paris. Paris soll unmittelbar vor Ausbruch des großen Krieges von den eigenen Bürgern angesteckt werden, wobei jedoch offenbleibt, ob wirklich die ganze Stadt brennen soll oder nur eine größere Auswahl von Stadtteilen im Zentrum.

      Das mit dem multikulturellen Experiment habe ich übrigens aus dem deutschen Staatsfernsehen, genauer gesagt aus den ARD-Tagesthemen vom 20. Februar 2018. Dort wurde ein gewisser Yascha Mounk, geboren 1982 in München, und Dozent für politische Theorie an der US-Universität Harvard, zur Politikverdrossenheit in Deutschland und dem aktuellen Erfolg der hiesigen „Populisten“ befragt. Dazu führte Herr Mounk mehrere Gründe an: erstens die wirtschaftliche Stagnation; dann wandte er sich der Migrationsfrage zu:

      „Zum Zweiten, dass wir hier ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische, monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen. Das wird glaube ich auch klappen. Aber dabei kommt es natürlich [betont°] zu vielen Verwerfungen.“

      Bemerkenswert: Da wird in den ARD-Tagesthemen über ein Experiment mit den 83 Millionen Einwohnern Deutschlands in einem Tonfall gesprochen, als handele es sich um ein soziologisches Freilandexperiment am Stadtrand von Paderborn.

      Sagen wir es einmal so: Ein Experiment mit 83 Millionen Bürgern wäre im Prinzip ja noch o. k., vorausgesetzt, man lässt die demokratischen Bürger auch darüber abstimmen. Lässt man die Bürger jedoch nicht abstimmen, würde das Experiment scheitern, und wären es am Ende dann eben doch etwas zu viele der »vielen Verwerfungen« … den Rest überlasse ich Ihrer Fantasie. Der Deutschamerikaner Yascha Mounk jedenfalls würde sicherlich an seiner Bostoner Uni bleiben. Sicher ist sicher. Twinkersmiley.

      Doch zurück zu Paris und dem dortigen multikulturellen Experiment. Zugegeben: In den betreffenden Quellen findet sich kein auf den ersten Blick erkennbares Indiz für eine maßgebliche Beteiligung der Pariser Bürger mit Migrationshintergrund an der Brandstiftung. Der einzige genauere Hinweis bezieht sich auf die Pariser Jugend (siehe unten). Doch bedenkt man den Stolz der Franzosen auf ihre Hauptstadt, bedenkt man den unbestrittenen architektonischen Reiz dieser Stadt, seine historischen Monumente, kurzum Paris als Steinwerdung der Grande Nation und der europäischen Kultur insgesamt, so wäre kaum zu begreifen, wieso die romanisch-, keltisch- und germanischstämmigen Franzosen dieses Juwel ihrer Identität einfach so niederbrennen. Das wäre kultureller Selbstmord. Ebenso gut könnten die US-Amerikaner die New Yorker Freiheitsstatue in die Luft sprengen, die Russen den Kreml, oder die Inder das Tadsch Mahal. Plausibler scheint daher, dass hinter dem Brand von Paris Menschen stehen, die selbst an einer Identitätslosigkeit leiden, an einer tiefen seelischen Wunde, und denen in ihrer Verzweiflung nichts „Besseres“ einfällt, als „wenigstens“ auch die Identität der anderen zu zerstören. Man kennt ein entsprechendes psychologisches Grundmuster von der Terrororganisation Islamischer Staat und deren Zerstörungswerk an unwiederbringlichen antiken Kulturschätzen in Syrien und im Irak. Nach Jahrhunderten der Demütigung durch den Westen, technologischer, wirtschaftlicher und militärischer Unterlegenheit sucht man das identitätsstiftende Element in der Gewalt: Ich zerstöre, also bin ich.

      Sicher, diese Deutung mag manchen Lesern zu weit gehen. Doch ich denke, der Schlüssel zum Verständnis liegt ganz einfach in der Voraussage, dass die Einwohner von Paris ihre eigene Stadt anzünden. Hat man erst einmal diese Schwelle des Unglaubens überwunden, akzeptiert man die selbst gemachte Zerstörung von Paris als denkbare Möglichkeit, dann liegt es nahe, in den Brandstiftern keine wirklichen Franzosen zu sehen. Instinktiv dürften die meisten Menschen so empfinden. Man würde die Franzosen fragen: „Wie um alles in der Welt könnt ihr diese Stadt zerstören, eure schöne Hauptstadt, ein Juwel europäischer Geschichte und Kultur?“ Die Antwort wäre genau das: Es geht um Paris als Symbol der europäischen Kultur. Paris würde nicht zerstört, obwohl es so schön ist, sondern weil es so schön ist. Die Frage, um die sich alles dreht, lautet somit: Tut so etwas ein Franzose?

      Kommen wir zu den konkreten Vorhersagen: Die Voraussage, dass die Franzosen ihre eigene Hauptstadt anzünden, ist von Alois Irlmaier aus mehreren Quellen bekannt, so u. a. aus einer Quelle von 1950: