Wenn Beteigeuze explodiert. Stephan Berndt

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Название Wenn Beteigeuze explodiert
Автор произведения Stephan Berndt
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783946959915



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Deutschland eine neue Ordnung etabliert, ein Wieder-auf-sich-selbst-Besinnen der Deutschen, ein Wiederaufblühen der christlichen Religion in Europa und eine enge Allianz zwischen dem starken Helden und dem Papst bzw. der dann erneuerten christlichen Kirche.

      Was unter anderem für die echte hellseherische Qualität des Lindenlieds spricht, ist an anderer Stelle der Prophezeiung die Voraussage einer Hyperinflation in Deutschland; ein Ereignis, das sich schon zwei Jahre nach der Veröffentlichung der Prophezeiung erfüllen sollte; und ein Ereignis, für das es in der europäischen Geschichte kein Vorbild gab und das von daher für normale Menschen auch nicht vorauszuahnen war.

      Abb.2:

      Hist. Postkarte mit dem Bild jener Linde, in deren Stamm das Lied der Linde gefunden worden sein soll

      Im Lied der Linde heißt es dazu:

      Arme werden reich des Geldes rasch,

      Doch der rasche Reichtum wird zu Asch.33

      Abb.3:

      1923: Geld wandert in den Ofen

      Geht man vom Datum im Vorwort des betreffenden Büchleins aus, so wurde das Lied der Linde spätestens im Oktober 1920 niedergeschrieben, und damit rund drei Jahre vor dem Höhepunkt der Hyperinflation in Deutschland. Auf dem Höhepunkt der Hyperinflation im Herbst 1923 wurden Unmengen von Papiergeld gedruckt, und am Ende verfügten auch ganz normale Bürger über ganze Koffer voll mit praktisch wertlosen Geldscheinen.

      Nach der Währungsreform am 15. November 1923 wurde das wertlose Hyperinflationsgeld von den Bürgern dann tatsächlich in den Öfen ihrer Häuser und Wohnungen verbrannt.

      Abb.4:

      Tabelle: Hyperinflation 1923

      Anfang 1921, als das Büchlein mit dem Lied der Linde erschienen ist, lag die Inflation – bezogen auf das Inlandsbriefporto bei 100 Prozent (A in Tabelle), im November 1923 bei etwa 100 Millionen Prozent (C).

      Die zwei kurzen Zeilen zur Hyperinflation haben sich damit praktisch in jedem einzelnen Punkt genau erfüllt: Arme Bürger verfügten auf dem Höhepunkt der Hyperinflation über ganze Koffer voll Geld (»… reich des Geldes«), das jedoch bald danach im Ofen verbrannt wurde. Der dramatische Geldmengenzuwachs vollzog sich vor allem in der Endphase innerhalb weniger Monate. So verteuerte sich ein Inlandsbrief von August 1923 (B) bis November 1923 (C) um das Ein-Million-Fache (»… reich des Geldes rasch«). Und als der Spuk vorüber war, standen die Bürger vor der Wahl, entweder das jetzt wertlose Geld in den Müll zu werfen oder im Ofen zu verheizen. Da die Währungsreform am 15. November 1923 stattfand und es langsam kalt wurde, hat man das Geld einfach zu Hause in der Wohnung verbrannt – das Einzige, wozu es noch gut war.

      Was nun das

      Bunter Fremdling, unwillkomm’ner Gast,

      Flieh die Flur, die nicht gepflügt du hast!34

      im Lied der Linde betrifft, so behauptet manch Skeptiker, »Bunter Fremdling« stehe für die besiegten russischen Soldaten. Das allerdings erscheint aus mehreren Gründen kaum haltbar: Zunächst einmal widerspräche eine solche Umschreibung der brutalen Invasoren – Invasoren, die großes Leid über die deutsche Bevölkerung gebracht hätten – komplett dem Stil des Gedichtes als auch jedem halbwegs empathischen Sprachgefühl. Wer den Aggressor als „Gast“ verharmlost, verhöhnt dessen Opfer und trampelt in jedem Fall auf den Gefühlen der Hinterbliebenen herum. Kurz: Das wäre die Sprache der Täter!

      Zudem sind die Soldaten moderner Armeen, was ihre äußere Erscheinung betrifft, nicht bunt. Bodentruppen tragen Uniformen in Tarnfarben. Der moderne Soldat will nicht auffallen, er will möglichst unsichtbar sein. Und was bitte hätten die Soldaten aus dem Osten mit dem nicht gepflügten Acker der Deutschen zu tun? Auch dieses Bild passt nicht zu der These, die Fremden seien Soldaten.

      Sehr viel plausibler ist somit die Deutung der „Gäste“ als Zivilisten, und dass Gast darauf hinweist, dass die Fremden erstens ursprünglich im Frieden kamen, zweitens noch nicht allzu lange im Lande waren und man drittens gedacht hat, sie würden bald auch wieder in ihre Heimat zurückkehren. Ein Gast eben.

      Das „bunt“ im Falle der zivilen Gäste auf deren Kleidung zu beziehen, ergibt dann auch wenig Sinn. Warum sollten die Fremden bunte Kleidung tragen, die Deutschen aber nicht? In früheren Jahrhunderten, vor der Entwicklung von Industriefarben (etwa Mitte des 19. Jahrhunderts), konnten sich nur Wohlhabende bunte Kleidung leisten, und seit es kostengünstige Industriefarben gibt, kann sie sich jeder leisten. Textilfarben sind kein Kostenfaktor mehr. Von daher hat es einfach keinen Sinn, dass sich die Fremden von den Deutschen durch ihre bunte Kleidung unterscheiden. Was also bleibt? Natürlich die Haut- und Haarfarbe – im Sinne von buntes Völkergemisch.

      Der mögliche Hintergrund der Flucht

      Mit »Flieh die Flur« wird ein Konflikt zwischen Einheimischen und Fremden suggeriert. Doch das Lindenlied verschweigt uns, was der Grund der Flucht ist, es verschweigt, was vor der Flucht geschehen ist. Ein solches Verschweigen oder Verschleiern der eigentlichen Ursache, bzw. des Hauptereignisses, findet sich nebenbei bemerkt noch an anderer Stelle dieser Prophezeiung, beispielsweise beim “dritten Weltkrieg“, der in einer einzigen Zeile lediglich mit den Worten »schlimmste Menschenschlacht« angedeutet wird, eine Umschreibung, die man erst dann richtig versteht, wenn man andere europäische Prophezeiungen kennt: Der “dritte Weltkrieg“ wird damit im Lied der Linde zu einem Teilszenario des Krieges verdichtet: zur Endschlacht in Nordrhein-Westfalen unmittelbar vor der endgültigen Niederlage der Roten Armee.

      Als Ursache der Flucht, wäre denkbar, dass die Versorgung der Fremden im Rahmen einer großen Wirtschaftskrise in Deutschland nicht mehr funktioniert hat und es am Ende zu gewalttätigen Verteilungskämpfen gekommen ist. Natürlich wäre das nicht schön, aber sehr menschlich, und vor allem aus der Geschichte her bestens bekannt.

      Berta Zängeler – und die Hungersnot in der Schweiz (~1950)

      Bei Berta Zängeler aus St. Gallen in der Schweiz, um 1950, erstmals 2008 im Internet veröffentlicht, heißt es:

      Eine Hungersnot ist die Hauptgeißel für dieses Land [die Schweiz nach Kriegsausbruch°]. Es nützt nichts, wenn wir Vorräte anlegen, alles wird geraubt werden. [Unfug! Einfach besser verstecken!°] Die Ausländer, die in großer Zahl hier sind, werden wegen der Hungersnot nach Hause gehen.

      Mobilmachung wegen Flüchtlingsströmen aus Deutschland [unmittelbar nach Kriegsausbruch°]. Da die Deutschen in so großer Zahl fliehen und in die Schweiz eindringen, muss der Schießbefehl an der Grenze erteilt werden.35

      Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz bei Lebensmitteln lag in den letzten Jahren bei etwa 60 Prozent bzw. knapp darunter. Der Wert schwankt von Jahr zu Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Selbstversorgungsgrad 2017/18 bei 88 Prozent, in Frankreich sogar bei über 100 Prozent (Netto-Exporteur). Großbritannien lag 2019 bei 60 Prozent. Kollabiert der Lebensmittelimport, hat man mit 60 Prozent natürlich sehr viel schneller Probleme als mit 90 Prozent; die Vorräte sind deutlich schneller aufgebraucht. Es wird früher gehungert und geplündert.

      Glaubt man Berta Zängeler, haben die Schweizer also schon bald nach Kriegsausbruch fast nichts mehr zu essen, es kommt in der ganzen Schweiz zu Plünderungen, und irgendwann nach den Plünderungen sollen die Fremden dann in die Heimat zurück, weil das Essen in der Schweiz immer noch knapp ist? Bitte?

      Frage: Wie soll das rein praktisch geschehen? Schnüren die Schweizer mit knurrendem Magen den „Ausländern“ Fresspakete, klopfen ihnen noch einmal auf die Schulter und wünschen ihnen dann eine gute Heimreise? Möglicherweise ließen sich die Ausländer in der Schweiz ja argumentativ überzeugen, und müssten nicht „fliehen“. Nur müssten sie eben