Название | Tod auf der Trauminsel |
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Автор произведения | Thomas Bornhauser |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783038182788 |
«Ja, soviel ich weiss, hat sie gestern angeblich einen Bekannten getroffen, einen gewissen Franz Grütter, wenn ich mich an den Namen richtig erinnere. Ich selber habe ihn aber nicht gesehen.»
«Und wo hat er gewohnt, auch bei Ihnen?»
«Nein, er war kein Gast unseres Hotels, ich fürchte, ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen.»
Die beiden Beamtinnen verabschiedeten sich, Michael Hacker bestellte Anabelle umgehend zu sich ins Büro, ein mittleres Donnerwetter wegen ihres deplatzierten Kommentars von vorhin war ihr sicher.
Eine halbe Stunde später standen zwei Beamte der Spurensicherung im aufgeräumten Zimmer von Véronique von Greifenbach. So wie es schien, gab es keine verwertbaren Spuren rund um das Ableben der Bernerin, deren Pass ebenso wie Bargeld und ein Handy im Zimmersafe lag, den der Leiter des Technischen Dienstes des Hotels auf Verlangen der Polizisten zuvor geöffnet hatte. Genauso erfolglos erkundigten sich Emilie und Aurélie in den verschiedenen Strandhotels nach einem gewissen Franz Grütter, währenddessen er zur gleichen Zeit langsam und unauffällig zum Gate des Emirate-Fluges spazierte.
Gegen 17 Uhr, als der Emirates-Kurs bereits seit einer Stunde nach Dubai unterwegs war, versammelte Chief Inspector Ramnauth in Belle Mare seine Crew samt den Spezialisten der Kriminaltechnik auf dem Polizeiposten zu einer Informationsrunde, die aber ausser den inzwischen bekannten Fakten vorerst keine neuen Erkenntnisse brachte, da sich Alain de Dieuleveut von der Rechtsmedizin noch nicht gemeldet hatte.
«Ich habe Lucas Dural, den Schweizer Honorarkonsul auf Mauritius, in Absprache mit der Kriminaltechnik, über den Tod von Frau von Greifenbach informiert. Die Schweizer Botschaft in Südafrika, die auch für Mauritius zuständig ist, hat bereits die notwendigen Kontakte in die Schweiz hergestellt, zum Aussenministerium und vor allem zur Polizei in Bern», berichtete Samuel Ramnauth dem Team.
Um 18.30 Uhr traf Alain de Dieuleveut von der Rechtsmedizin endlich aus dem Princess Margaret Orthopaedic Center PMOC aus Candos ein. Demnach hatte Véronique von Greifenbach einen akuten Herzinfarkt erlitten, der zum sofortigen Tod führte. Bei der Untersuchung der Leiche waren keine Anzeichen von äusserer Gewalt festzustellen, zudem hatte die Tote noch unmittelbar zuvor sexuellen Kontakt, «einvernehmlichen», betonte de Dieuleveut. Interessant waren postmortale Druckstellen auf dem Brustkasten, unter den Oberschenkeln und auf dem Rücken der Toten, die darauf schliessen liessen, dass die Leiche getragen wurde und der Fundort somit nicht mit dem Tatort – sofern man überhaupt von einem Tatort sprechen konnte – identisch war.
Der Schweizer Honorarkonsul auf Mauritius, Lucas Dural, hatte inzwischen einen Anruf von Jonathan Smith, Chief Officer der Pretoria Central Police, erhalten. Die beiden Herren hatten in der Vergangenheit mehrmals miteinander zu tun, da die Schweiz nicht das einzige Land war, das sich in Mauritius «nur» durch einen Honorarkonsul vertreten liess. Dural arbeitete im Mandatsverhältnis auch für andere europäische Staaten. Die Schweizer Botschaft in Südafrika hatte ihn informiert.
«Lucas, wir hatten bereits Kontakt mit den Schweizer Kollegen in Bern», sagte der Südafrikaner. «Frau von Greifenbach ist – entschuldige, war – verheiratet, ihr Mann, ein Philippe de Lattre de Tassigny, nimmt die nächste Maschine nach Mauritius, vermutlich morgen, sodass er übermorgen Samstag, 4. Juli, in Mauritius eintreffen wird. Er hat seine Frau übrigens anhand des übermittelten Fotos bereits inoffiziell identifiziert. So wie es aussieht, wird er von einem Kriminalkommissar der Berner Polizei begleitet, der mit euch kooperieren wird. Offenbar war diese von Greifenbach eine grosse Nummer. Die Schweizer wollen sich keinen Lapsus leisten.»
«Soso, kooperieren will er … Wozu der ganze Zirkus? Der Exitus ist klar und Mister Unbekannt, der mit Madame Sex hatte, findet unsere Polizei bestimmt auch ohne Schweizer Hilfe, sofern er sich auf der Insel aufhält. Ich werde unsere Polizei bitten, die Kontrollen an den Häfen und am Flughafen auf der Suche nach diesem Franz Grütter zu verstärken. Jonathan, wirklich nur ganz unter uns beiden: Haben die dort hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen zu viel Geld, um ihre Leute wegen Routinearbeiten um die halbe Welt reisen zu lassen?»
Der vorwurfsvolle und zynische Unterton in den Aussagen des Schweizer Honorarkonsuls, eines Mauritiers, war unüberhörbar. Er zeugte auch von Beleidigung, weil die Ankunft eines Schweizer Kriminalisten suggerierte, dass man den einheimischen Spezialisten nicht traute.
«Lucas, reg dich nicht auf …»
«Ich will mich aber aufregen! Was können die Europäer besser als wir?»
«Don’t ask me, und ich habe wirklich keine Lust auf eine Sparringrunde mir dir, mein Lieber», sagte Jonathan Smith.
«Rekapitulieren wir», schlug Chief Inspector Ramnauth der Runde vor, «damit wir alle auf dem gleichen Wissenstand sind und uns weiter an die Arbeit machen können.» Nach dieser Feststellung zog er einen alten Flipchart aus einer Ecke des Zimmers und blätterte mehrere bereits beschriftete Seiten um, auf der Suche nach einem leeren Blatt. Jedes Stichwort wurde anschliessend mit mündlichen Erklärungen ergänzt, nicht bloss durch den Chef.
Die Polizeistation in Belle Mare: Hier kamen erste Ermittlungen in Gang.
– Als vermutete Véronique von Greifenbach identifiziert, Schweizerin, 60.
– Leiche gefunden Zuckerfabrik, 2. Juli 10.00.
– Tod durch Herzinfarkt, vermutet 22.00 – 24.00, 1. Juli, Zuckerfabrik.
– Fundort nicht Sterbeort.
– Sex vor Tod, postmortale Flecken auf Thorax lassen Herzmassage vermuten.
– Ankunft Crystals Beach 29.6.
– Zimmer versiegelt.
– Inselrundfahrt 30.6. Wohin?
– Bekannter Franz Grütter am 1. Juli?
– Wo ist Grütter auf Mauritius gemeldet?
– CH-Behörden informiert, Anreise Ehemann und Schweizer Polizist am 4. Juli. – Weitergehende Obduktion?
– Was hat sie am 1. Juli gemacht?
– Geplante Abreise 10. Juli.
In der Folge ergaben sich während der relativ langen Diskussionsrunde viele Fragen unter den Anwesenden, welche die verschiedensten Dienstgrade vertraten: policier, sergent, corporel, assistant sous-officier, assistant commissaire de police, adjoint commissaire de police und schliesslich der Chef, le commissaire de police, der Chief Inspector, wobei Samuel Ramnauth Chief Boden aus der TV-Serie Chicago Fire alias Eamonn Walker nicht unähnlich sah, mit seiner imposanten Figur und dem markanten Oberlippenbart.
«Emilie und Aurélie, ihr beide geht morgen nochmals zu Michael Hacker ins Crystals Beach. Ich will wissen, wer der Toten die Insel gezeigt hat, vorgestern. Sprecht mit dem Chauffeur, erkundigt euch, was genau er ihr gezeigt hat und ob ihm dabei etwas aufgefallen ist.»
Die beiden Polizistinnen gaben mit einem synchronen «Oui, mon chef!» zu verstehen, dass sie den Auftrag kapiert hatten.
«Jeffrey und Paul, ihr beide sucht nochmals das ganze Gelände der Zuckerfabrik ab, vielleicht findet ihr etwas, das uns mehr über den Tatort verrät, obwohl die Filmequipe mögliche Spuren klassisch vernichtet hat.»
«Oui, mon chef!», quittierte Jeffrey L’Eveillé – zu Deutsch «der Aufgeweckte», wobei Jeffrey seinem Familiennamen nicht immer und in jedem Fall die Ehre zu erweisen wusste.
«Und hört euch ebenfalls um, vielleicht hat ja jemand die Frau und/oder diesen Franz Grütter am 1. Juli gesehen, fragt vor allem in den Hotels und Restaurants nach Videoaufzeichnungen. Irgendwo werden sie am Abend ja gegessen haben», schob Ramnauth unmissverständlich nach.
«Laetitia und Nicolas, ihr beide hört euch einfach mal um, sucht den Lucky Punch. Wer ist dieser Franz Grütter, wo ist er gemeldet?»
«Gibt es von ihm ein Signalement?», wollte Laetitia Larose wissen.
«Nein,