Reiseziel Utopia. Victor Boden

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Название Reiseziel Utopia
Автор произведения Victor Boden
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783964260208



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lachte. »Die anderen sind zwar schlecht, aber nicht hoffnungslos. Hier kriechen eine Menge Larven herum. Das Virus hat bei ihnen bereits Wirkung gezeigt. Leider. Zum Glück beschränkt sich ihre Aggressivität uns gegenüber auf ein böses Fauchen und einen olfaktorischen Schutzmechanismus. Du solltest deine Riechsensoren also lieber ausgeschaltet lassen.« Cuta

      zwinkerte ihr zu. »Unsere Hoffnung sind die Eier. Wir haben noch keinen Überblick, aber dort unten befinden sich vermutlich Dutzende davon.«

      »Inwieweit können die uns helfen, Cuta?«

      »Uns ist aufgefallen, dass die von uns untersuchten Zenorier verkümmerte psionische Zellen besaßen. Nun hoffen wir, dass diese Spezies während des Beginns ihrer Reifung über telepathische Eigenschaften verfügt. Möglicherweise wird über eine Art telepathischem Gruppenbewusstsein die Entwicklung von Intellekt und Persönlichkeit bereits vor dem Schlüpfen gefördert.«

      »Du meinst, Bobby könnte die Botschaften aus seinem Ei gesendet haben?«

      »Es ist eine Möglichkeit, ja. Bedauerlicherweise würde es auch den Abbruch des telepathischen Kontaktes erklären. Bobby ist vermutlich geschlüpft.«

      »Beim Axiom! Das würde bedeuten ...«

      »Ja, die Eierschale scheint das Kittarrow-Virus abhalten zu können, zumindest für eine Weile. Der Schlüpfvorgang ist dann das Ende für ihre gerade erst geformte Intelligenz.«

      »Die Geburt bedeutet den Tod«, flüsterte Gail und ihr schauderte.

      Sie hatten die unterirdische Brutstätte betreten. Im dämmerigen Licht war nicht auszumachen, ob es sich um eine natürliche Höhle handelte oder um ein Bauwerk. Auch die Ausdehnung war nicht absehbar.

      Im Schein der aufgebauten Lampen vermochte sie die Umrisse mehrerer Dutzend Eier zu erkennen, alle etwa einen Meter hoch. Mehrere Dutzend, dachte Gail. Hoffentlich waren es genug. Und hoffentlich würden sie mit ihnen kommunizieren können.

      Jetzt war sie froh, dass Brogoff ebenfalls auf dieser Mission war. Wie es aussah, stellte ein psionischer Kontakt die letzte Möglichkeit dar, um die Bevölkerung von Zenori evakuieren zu dürfen.

      Der ältere Mann kniete ein paar Meter entfernt und umarmte eines der Eier. Durch das Visier des Schutzanzuges konnte die

      Kapitänin sein hoch konzentriertes Gesicht mit den völlig schwarzen Augen sehen.

      An den Kontaktsensoren ihres Handschuhs spürte Gail, wie Cutas Finger sich um die ihren legten.

      »Seit wann kniet er da?«, flüsterte die Kapitänin, nachdem sie einen persönlichen Kanal zu ihrer Lebenspartnerin geöffnet hatte.

      »Seit fast einer Stunde«, antwortete Cuta. »Völlig bewegungslos. Wenn Bobby wirklich von dieser Welt stammte, dann muss er ein Ausnahmetalent gewesen sein. Der Kontakt zu seinen Brüdern und Schwestern gestaltet sich sehr viel schwieriger.«

      Niemand sagte ein Wort, während sie warteten. Wäre von den Sicherheitsteams nicht das Energiefeld errichtet worden, Gail hätte überlegt, die Bodenmission abzubrechen. Nichts schien zu passieren. Ein Fehlschlag. Was besonders bitter war, nachdem gerade erst die Flamme der Hoffnung neu entzündet worden war.

      Dann spürte sie den Druck von Cutas Hand. Etwas geschah! Das Ei, das Brogoff umarmte, begann in einem warmen, roten Licht zu glühen. In seinem Inneren konnte man die Bewegung des Embryos erahnen.

      »Sagt es etwas? Hast du Kontakt, Dru?«, flüsterte Cuta aufgeregt.

      Die schwarzen Augen des Psionikers waren noch immer starr ins Leere gerichtet, als sein Mund begann, leise zu murmeln: »Ja, ich habe eine Verbindung. Es will nicht sterben. Es bittet um Hilfe. Die Gewalt und das Töten sollen aufhören.«

      Cuta wirbelte zu Gail herum, die Begeisterung war ihr anzusehen. »Na, das ist doch was, oder? Was meinst du?« Gail lächelte. Es war immer schwierig, sich nicht von der Wissenschaftlerin mitreißen zu lassen. »Das ist ein Anfang, auf jeden Fall. Denke aber daran, dass wir mindestens fünfzig solcher Bitten haben müssen, wenn wir die ganze Rasse evakuieren wollen. Ich weiß noch nicht einmal, ob genügend Eier hier sind ...«

      Sie verstummte, ihre Augen weiteten sich. Um Brogoff herum begannen nun weitere Eier in diesem warmen Licht zu glühen. Das Leuchten verbreitete sich, als immer mehr Embryonen den psionischen Ruf aufnahmen, verstärkten und weiterleiteten, bis

      auch die Menschen, die nicht telepathisch begabt waren, in die Lage versetzt wurden, den Inhalt zu verstehen.

      Helft uns! Wir wollen leben. Die Gewalt und das Töten sollen enden!

      Immer mehr Eier glühten auf. Durch die Schalen konnte man die Embryonen erkennen, die aussahen, als würden sie tanzen.

      »Beim Axiom, das müssen Hunderte sein«, murmelte Cuta.

      »Nein.« Gail schüttelte den Kopf. »Es sind Tausende.« Sie hatte die Ausdehnung der Höhle völlig falsch eingeschätzt. Abertausende von Eiern bedeckten den Boden und die sanft aufsteigenden Wände. Das rote Leuchten, das den psionischen Wunsch nach Frieden und Zukunft darstellte, breitete sich wie ein Lauffeuer der Hoffnung aus. Die empfangenen Gefühle waren überwältigend. Gail weinte. Sie konnte nicht sagen, ob es aus Freude oder Trauer geschah.

      Tausende und Abertausende von Lebewesen riefen telepathisch ihren Wunsch in eine grausame Welt, nicht bei ihrer Geburt sterben zu müssen. Es war ein zutiefst bewegender Moment.

      Gail aktivierte einen Kommunikationskanal. »Kapitänin Lisani an die Sigourney. Bitte Kontakt zum Kommando der Erkundungsflotte. Wir brauchen hier mehr Schiffe. So schnell wie möglich. Wir müssen die Zukunft einer Spezies bewahren.«

      ENDE

      Olaf Stieglitz

      Olaf Stieglitz wird von zwei Katzendamen in einer gemeinsamen Wohnung in Wuppertal geduldet.

      Nach längerer Schreib-Abstinenz hat er 2016 wieder begonnen, an seiner Karriere als weltberühmter Schriftsteller zu arbeiten. Zur Zeit versucht er sich dabei überwiegend an Kurzgeschichten, mit denen er sich bei verschiedenen Ausschreibungen bewirbt und auch schon erste Erfolge verbuchen konnte.

       www.facebook.com/Olaf-Stieglitz-906197966187903/

      Der FernhÄndler

      Ingo Muhs

      Leider hatte ich den erhöhten Sauerstoffverbrauch erst bemerkt, als es für eine Umkehr bereits zu spät war. Also tat ich das Zweitbeste, was man in dieser Situation tun konnte und räumte auf. Das tat ich gewöhnlich nur zu den 1000-Jahres-Treffen.

      Der Wohn- und Arbeitsbereich war für drei Menschen ausgelegt, aber ich flog das Handelsschiff schon seit einigen Pejott solo. Da schleifen sich bei uns Junggesellen durchaus ein paar Nachlässigkeiten ein, die ich nun beseitigte.

      Ein blinder Passagier war nichts Ungewöhnliches oder Gefährliches für uns Raumfahrer, tatsächlich rekrutierten wir so neue Piloten. Auf vielen Planeten glaubte man, dass irgendwo eine mythische Raumakademie existiere, in der wir Fernhändler ausgebildet werden. Aber das war natürlich Unsinn. Ein klassisches Cockpit hatten die interstellaren Schiffe schon lange nicht mehr, die komplette Steuerung lief über die gleiche Konsole wie die Unterhaltungseinheit. Ich hatte auch direkten Zugriff auf alle Schiffssysteme durch meinen iMplantat (kleines i, großes M, wird gesprochen: »Eimplantat«). Jeder Idiot konnte so ein Schiff fliegen, Reparaturen waren selten notwendig und wurden von den Nanoschwärmen ausgeführt.

      Was einen Fernhändler also auszeichnete, waren nicht seine Fähigkeiten, sondern vielmehr die Geisteshaltung. Ob abenteuerlustig oder eigenbrötlerisch, wir mussten in der Lage sein, uns auf fremde Kulturen einzustellen, und wir mussten Dinge hinter uns lassen können. In der alten Weisheit, dass ein Fernhändler