Gamer. Группа авторов

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Название Gamer
Автор произведения Группа авторов
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783957770714



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ist eigentlich mit dir? Ich zahl schon den ganzen Nachmittag, du Schnorrer!«

      Er wusste zwar, dass ich nie Geld hatte, woher auch? Aber ich checkte sicherheitshalber meine Hosen und förderte ein einziges, armseliges Fünfzig-Pfennig-Stück zutage.

      »Na also«, befand Nick, »Geht doch.«

      »Aber das reicht doch nie und nimmer!«

      »Warum denn nicht?«

      »Wir crashen mindestens noch ein paar Mal. So kriegen wir CTH niemals von Platz eins runter! Kapierst du?«

      »Versteh schon.« Nick rieb sich die Nase, während der Countdown der hundertsiebzig entgegenzählte. »Hier ist der Plan: Du wartest hier, bis der Countdown bei eins ist, dann wirfst du nach und spielst zur Not alleine weiter. Ich geh derweil nach oben und koche Mutti weich für Nachschub.«

      »Meinst du, du kriegst noch was? Wir haben doch sicher schon zwanzig Mark verschussert?!«

      Nick ließ seine Wimpern klimpern und kämmte sich mit etwas Spucke die Haare glatt.

      »Dreißig. Die hat trotzdem keine Chance gegen mich. Ich bin Captain Charme, und sie ist Prinzessin ...«

      Der Automat fiepte. Auf dem vorbeifliegenden Sternenfeld gleißten die Worte Insert New Coin und so weiter.

      Nick sah es und rannte los, die Treppe hoch. Ich sah ihm nach, checkte den Countdown. Noch hundertsechzig Sekunden.

      *

      Bei Sekunde hundertvierundvierzig tauchte Nick wieder auf, blieb aber auf halber Treppe stehen.

      »Du fasst es nicht«, keuchte er.

      »Was ist denn?«

      »Komm hoch, ich zeig‘s dir.«

      »Spinnst du? Wir haben nur noch ein paar Minuten oder so!«

      Nick zog ein weiteres Nuts aus der Tasche, noch weicher als das erste, riss es umständlich auf und lutschte einen Teil davon aus der Folie.

      »Wir haben echt andere Probleme, Mann«, murmelte er düster am Schokoriegel vorbei und verschwand wieder nach oben. Ich rannte ihm hinterher.

      Wir hatten sie ja noch, die zwei Minuten.

      *

      Und tatsächlich: Wir hatten andere Sorgen. Das traurige Eck war leer: keine Männer mehr vor rotierenden Scheiben. Auch das restliche Restaurant war leer. Einfach keiner da. Alle Erwachsenen: weg. Nur ihre halbvollen Teller lagen noch herum, allerdings sah das Essen voll eklig aus, überall schauten seltsame Röhren und Augen und Stiele heraus, und das Radio dudelte irgendwas, was wie rückwärts klang.

      Im Panoramafenster null Berge. Es war dunkel draußen, einfach nur schwarz. Scheißabgrundtiefdunkel.

      »Wie spät ist es eigentlich?«, fragte ich. »Sind die Alten etwa ohne uns heim?«

      Nick zuckte mit den Schultern.

      »Was weiß denn ich? Und wo sind die Kellner und so?«

      Ich presste meine Nase gegen die Scheibe und schirmte meine Augen gegen das Licht der Lampen. Half aber nichts, draußen war es immer noch finsterste Nacht. Bloß irgendwie anders.

      »Was ist denn das?«

      »Na, bin ich Jesus? Hab ich Latschen an?«

      Nick stürmte zu Eingangstür des Restaurants, öffnete sie, schaute hinaus.

      »Scheiße, Mann.«

      Ich folgte ihm, sah mich um. Draußen war einfach nichts. Nichts, nichts, nichts. Irgendwas Schwarzes waberte formlos, es wurde mir richtiggehend schwindlig. Aber zu sehen war da einfach gar nichts.

      Ich zog Nick am Ärmel und hielt ihm die Münze hin.

      »Komm, wir gehen wieder runter und machen den Level klar.«

      Er riss sich los.

      »Hä? Was soll denn das bringen?«

      »Das ist vielleicht die Apokalypse oder so.« In den Filmen zeigten sie die ja viel zu selten. Aber so wie das, was ich sah, hatte ich sie mir immer vorgestellt. »Willst du hier oben auf das Ende warten? Oder da etwa rausgehen? Ich sage dir: Wir gamen!«

      Nick sah mich an, als hätte ich ihm vorgeschlagen, einen Mistkäfer zu schlucken. Dann nahm er die Münze.

      »Auch wahr. Tun wir‘s.«

      *

      Als wir die Treppe zum Raumhafen runterstürmten, rutschten wir beide aus und schlidderten quer durch den Raum. Das lag am leuchtenden Schleim, der jede der seltsam krummen Steinfliesen etwa knöchelhoch bedeckte und an der Oberfläche giftgrün waberte.

      »Raaahhh!«

      »Was zum Geier ...«

      Unser Raumhafen hatte sich verändert. Feucht glitschende Geräusche füllten den inzwischen irgendwie noch viel schieferen Raum. Es stank furchtbar nach altem Fisch. Unsere drei Sessel hatten sich in riesige, violett leuchtende Mega-Pilze verwandelt. Die Aschenbecher dazwischen und auch die Klotüren waren noch, was sie immer gewesen waren. Doch wo früher die Glastür zum Innenhof gelegen hatte, klaffte jetzt ein lila-feucht glänzendes, pulsierendes Loch, durch das sich eine Reihe verkrümmter, verschleimter und zuckender Röhren und Kabel wand.

      »Ach du Schei...«

      »Na, nichts wie weg ...«

      Mit den Augen folgten wir den komischen Schläuchen. Wie Nabelschnüre führten sie zu einem gigantischen, blau-gelb leuchtenden Oktopus, der sich vor Galactic Tentacles aufgebaut hatte. Ein monströser Neon-Space-Tintenfisch, der nun mit einem von zwei enormen Glubschaugen zu uns herüberglotzte, wobei er laufend seine Farben änderte und hypnotisch schillerte.

      Nick und ich wollten den Rückwärtsgang einlegen und die Treppe hochkrabbeln. Doch aus dem grünlichen Brei am Boden schnellten weitere Tentakel, die uns am Kragen packten und durch die Luft wirbelten. Ich betete, nicht ausgerechnet an einer Klotür zerschmettert zu werden, doch die Fangarme zerrten Nick und mich vor den Arcade-Automaten. Wie auf Bügeln aufgehängt lasen wir:

      INSERT NEW COIN TO CONTINUE

      OR PRESS FIRE TO RESTART

      Der Countdown zeigte dreiundzwanzig Sekunden.

      »Irgendwie passend, dass das die letzten Worte sind, die wir lebend zu lesen kriegen«, fand Nick, an seinem Fangarm hin und her schwingend. Er packte seelenruhig ein weiteres Nuts aus und wollte schon reinbeißen. Dann schaute er das Nuts an – und hielt es dem Kraken hin, der uns mit seinen riesigen Augen beäugte.

      »Sag mal: Spinnst du?«, rief ich. »Willst du ihm vor der Hauptspeise erst noch mal Appetit machen oder was?«

      »Vor dem Essen nichts Süßes, Kinder!«, sirrte Nick, seine Mama imitierend, schwenkte das Nuts vor den blutunterlaufenden Krakenaugen und machte laute Hmm-Geräusche. »Sonst habt ihr nachher keinen Hunger …«

      Und tatsächlich fuhr der Space-Tintenfisch eine saugnapfbewehrte, halbdurchsichtig leuchtende, heftig verschleimte, mit kleinen gelben Bläschen besetzte Zunge aus, die sich vorsichtig dem Nuts näherte. Dann poppte ein Dutzend Saugnäpfe an Mini-Tentakeln aus der Zunge heraus, zerfetzte den Schokoriegel und schlürfte ihn gleichzeitig weg wie nichts, und das ganze stinkende Gekröse schnellte zurück in das, was vermutlich der Kopf war von dem Ding.

      »Kein intelligentes Wesen im Universum kann zu Nuts Nein sagen«, gluckste Nick.

      »Nur noch drei Sekunden …«, sagte ich mit Blick auf den Countdown.

      »Mglw‘nafhg!«, machte der Tintenfisch ungeduldig, und dann drängender: »Iä! Schlch‘prmpf ftagn!«

      Warmer Schleim mit Schokofetzen spritzte uns seitlich ins Gesicht. Es roch wie letzte Woche erbrochene Fischstäbchen. Dabei schüttelte der Krake Nick, der noch immer die Fünfzig-Pfennig-Münze umklammert hielt – als wäre es das Rettungsseil zurück in unsere