Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

Читать онлайн.
Название Wörterbuch alttestamentlicher Motive
Автор произведения Группа авторов
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783534724758



Скачать книгу

(u.a. Ex 6,6; Dtn 7,8), zieht sich nicht bloß wie ein roter Faden, sondern ein wie breites rotes Band durch viele Teile der Bibel, auch wenn Formulierungsunterschiede bestehen bzw. unterschiedliche Aspekte betont werden – entweder der Sklavenstatus Israels in Ägypten oder aber Ägypten als Sklavenhaus. Wenngleich im Buch Exodus die Flucht, die Rettung bzw. der Auszug wie historische Berichte dargestellt werden, geht es nicht um die äußeren Fakten, sondern zum einen um die Beispielwirkung, um die Lehre aus der Vergangenheit, die man der kommenden Generationen vermitteln will (vgl. u.a. Dtn 32,6f.; Jes 38,19; Ps 78,3–8) – so heißt es in Ex 13,14 „wenn dich morgen dein Kind fragt [warum alles männliche Erstgeborene Gott gehört], dann sollst du ihm sagen: Mit starker Hand hat uns der Herr aus Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt“ (vgl. Ri 6,8) –, vor allem aber geht es um die argumentative Begründung unterschiedlicher religiöser Regeln und Begehungen sowie sozialer Vorschriften: wie das Gebot, keinen anderen Gott neben JHWH zu verehren (Ex 20,2f.; Jos 24,16f.), die Androhung der Todesstrafe für Verführung zum Glaubensabfall (Dtn 13,6–11), das Gebot, zu Pessach nichts Gesäuertes zu essen (Ex 13,3), das Verbot, jemanden aus Israel in die Sklaverei zu verkaufen (Lev 25,42), die Forderung nach der Entlassung eines Sklaven nach sieben Jahren (Jer 34,9–14), das Verbot der Beugung des Rechts von Waisen und Fremden sowie das Pfandverbot bei Witwen (Dtn 24,17f.) und die Untersagung von Nachlese auf Feldern und im Obstgarten, weil dies den Armen gehöre (Dtn 24,19–22). – Die Rettung aus der ägyptischen Sklaverei wird zu einem klassischen Beispiel für das sehr wichtige biblische Motiv, außergewöhnliche Rettungstaten Gottes und die in ihnen liegende Vorbildhaftigkeit zu beschreiben.

      3 Vielfältige Dimensionen des Knechtseins

      Mannigfach sind die Bereiche, in denen Knechte, Mägde, Diener und Dienerinnen usw. erwähnt werden.

      3.1 Knechtsein als Unterordnung

      Im Unterschied zur Haltung aus Hochachtung, die eine freiwillige Erniedrigung zum Ausdruck bringt, implizieren viele Belege ein Verhältnis der handelnden Personen, bei dem es dem Knecht/der Magd aufgrund der unterschiedlichen Position nicht möglich ist, die Distanz aufzuheben. Wenn Arauna zufällig sah, dass „der König mit seinen Dienern kam und er hinausging, sich vor dem König mit dem Gesicht zur Erde niederwarf und fragte: Warum kommt mein Herr, der König, zu seinem Knecht?“ (2 Sam 24,20f.), dann ist klar, dass Arauna trotz der Verwendung des gleichen hebr. Wortes (ʿæḇæḏ) nicht zu den „ständigen“ königlichen Knechten zählt und er aus zwar Höflichkeit, mehr aber noch aufgrund der Anerkennung des Positionsunterschiedes so wie beschrieben handelt. Als Sanherib, der König von Assur, seinen General Rabschake – der die assyrischen Lokalregenten als königliche Knechte bezeichnete (2 Kön 18,24) – zur Belagerung nach Jerusalem sandte, verhandelten mit ihm die führenden Jerusalemer Beamten (Palastvorsteher, Staatsschreiber, Hofsprecher: Jes 36,3; vgl. 2 Kön 18,18), die sich gegenüber dem Assyrer als „deine Knechte“ (Jes 36,11; 2 Kön 18,26) bezeichnen. Nabal, Abigajils Gatte, hatte sich im Vollrausch unter Benutzung des Knechtsvergleichs zu entwürdigenden Äußerungen über David hinreißen lassen: „Heute gibt es viele Knechte, die ihren Herren davongelaufen sind“ (1 Sam 25,10). Um Blutvergießen durch den gedemütigten David zu verhindern und ihre Leute zu schützen, wollte Abigajil mit David reden: „Möge deine Magd mit dir reden dürfen; höre, was deine Magd zu sagen hat“ (1 Sam 25,24). Zuletzt bot sie ihm an: „Deine Magd steht als Dienerin bereit, um den Dienern meines Herrn die Füße zu waschen“ (1 Sam 25,41). – Nach Joh 13,3–16 wäscht Jesus seinen Jüngern die Füße und beendet den Auftrag, Gleiches zu tun mit den Worten: „Amen, amen, ich sage euch: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr, und der Abgesandte ist nicht größer als der, der ihn gesandt hat“ (Joh 13,16; vgl. Mt 10,24f.). Auch an JHWH wenden sich die Beter, indem sie die Anerkennung und die Distanz zugleich mit dem Stichwort „Knecht“ verbinden: „Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel. So nimm jetzt von deinem Knecht ein Dankgeschenk an!“ (2 Kön 5,15) Hilfe, Beistand, Erhörung werden mit der Positionierung als Knecht verbunden (vgl. von den zahlreichen Beispielen u.a. Ps 19,14; 31,17; 69,18; 86,16: „Gib deinem Knecht wieder Kraft, und hilf dem Sohn deiner Magd!“; Ps 90,13).

      3.2 Knecht und Achtung

      Einer Person gegenüber, die eine höhere Position einnimmt oder der gegenüber man besondere Hochachtung zum Ausdruck bringen will, bezeichnet man sich als Diener/Dienerin, Knecht/Magd usw.: Nach Gen 18 kommen drei Männer bei dem in seinem Zelte sitzenden Abraham vorbei. Wohl der nomadischen Gastfreundschaft entsprechend, lädt er diese mit den Worten ein: „Mein Herr, wenn ich dein Wohlwollen gefunden habe, geh doch an deinem Knecht nicht vorbei!“ (Gen 18,3) Diese floskelhafte Formulierung impliziert – dem Akteur Abraham zuerst nicht bewusst, vom Autor ab dem Einleitungssatz Gen 18,1 aber beabsichtigt – das richtige und demütige Verhalten JHWH gegenüber. – Ohne das Stichwort Knecht wieder aufzunehmen, zeigt der nachfolgende weisheitliche Disput in Gen 18,22–33, dass es sich beim „Knechtsein“ einerseits um eine Einstellung und andererseits um eine äußerliche Gegebenheit handelt.

      David verband eine besonders enge, durch einen → Bund besiegelte Freundschaft mit Jonatan, dem Sohn des Königs Saul. Saul aber richtete sich mehr und mehr gegen David. Um die Bedrohung durch Saul zu erkunden, versprach Jonatan, mit dem Vater ein einschlägiges Gespräch zu führen und David darüber mit einem Zeichen zu informieren. Während dieser Unterhaltung bezeichnet sich David als Knecht Jonatans (1 Sam 20,7f.), womit er – da er ja beim Vater beschäftigt und somit nicht Jonatans Diener ist – die Hochachtung für Jonatan und zugleich dessen Vorrang zum Ausdruck bringt. Auch im diplomatischen Verkehr wird mit der Titulierung bzw. Selbsttitulierung als „Knecht“ oder „Magd“ in gehobener Ausdrucksweise „Selbsterniedrigung“ signalisiert. In Erinnerung an seinen toten Freund Jonatan sandte David aus seinem Gefolge Ziba, der sich in 2 Sam 9,11 im Sinne eines königlichen Beamten als Knecht bezeichnet, zur Nachforschung aus, um einen Überlebenden aus Jonatans Familie zu finden. Jonatans Sohn Merib-Baal bekam daraufhin das Privileg, nicht nur selbst an der königlichen Tafel zu essen, sondern er erhielt von David auch alle Knechte Zibas zu seinen Diensten (2 Sam 9,10). Bei der ersten Begegnung mit David hatte sich Merib-Baal huldigend niedergeworfen und auf Davids Anrede geantwortet: „Hier ist dein Knecht“ (2 Sam 9,6); und nach den folgenden gnadevollen Worten Davids stellte er die Frage: „Was ist dein Knecht, dass du dich einem toten Hund zuwendest, wie ich es bin?“ (2 Sam 9,8). Der im Krieg besiegte Aramäerkönig wendet sich nach 1 Kön 20,26 mittels Boten an Ahab, den siegreichen König von Israel: „Dein Knecht Ben-Hadad bittet dich, ihm das Leben zu schenken.“ Diese Diktion wird mitunter auch hinterlistig oder unehrlich gebraucht. So z.B., wenn Batseba – um ihrem Sohn Salomo das Königtum gegen dessen älteren Bruder Adonija zu sichern – bei ihrem Gatten David mit der Redeeinleitung „Mein Herr, du selbst hast doch deiner Magd [= Gattin Batseba] bei JHWH, deinem Gott, geschworen (…)“ interveniert, um sich dann darüber zu beschweren, dass sich Adonija als König gebärde. Dieser habe nämlich „eine Menge Rinder, Mastkälber und Schafe geschlachtet und alle Söhne des Königs, den Priester Abjatar und den Feldherrn Joab dazu eingeladen. Doch deinen Knecht Salomo hat er nicht eingeladen“ (1 Kön 1,19, vgl. V. 26 u. 51). Natürlich ist der Sohn und Koregent „Knecht Salomo“ bei seinem Vater kein Hausdiener.

      3.3 Knecht im Vertrauensverhältnis

      Der Knecht Abrahams organisierte, obwohl Isaak schon im heiratsfähigen Alter war, den ganzen Besitz des Clans (hammôšel bəḵål ʾăšær lô, Gen 24,2). Ihm vertraute Abraham, verbunden mit einem Schwur, auch die Zukunft seines Stammes an, da er ihn aussandte, um für Isaak eine Frau aus der Verwandtschaft zu finden. Bei den Verwandten angekommen, stellte er sich Laban mit folgenden Worten vor: „Ein Knecht Abrahams bin ich“ (Gen 24,34; vgl. 24,4–66). Auf der Flucht vor Saul begab sich David zu den Philistern und wurde von Achisch, dem König von Gat, aufgenommen. Es entwickelte sich sogar (auch wenn Berechnung mitspielte) ein Vertrauensverhältnis, in dem David jedoch Knecht blieb: „Achisch vertraute David (wajjaʾămen/episteuthē) (…) er wird gewiss für immer mein Knecht sein“ (1 Sam 27,12).