Wörterbuch alttestamentlicher Motive. Группа авторов

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Название Wörterbuch alttestamentlicher Motive
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Жанр Религия: прочее
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Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783534724758



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wieder Gültigkeit zu erlangen. Das erste und paradigmatische Beispiel eines solchen Vorgehens wird im Zusammenhang mit dem Bund am Sinai, der durch die Anbetung des goldenen Kalbes gebrochen wird, erzählt (Ex 32–34). Dank des fürbittenden Eingreifens Moses bleibt die von Gott geplante Strafe, die Vernichtung des Volkes – nach der mit Mose allein ein Neubeginn einsetzen sollte – aus. Lediglich ein Teil des Volkes wird Opfer der strafenden Hand Gottes. Sehr viele prophetische Texte prangern den Bundesbruch an – ja, die ganze Geschichte des Volkes sei eine Verkettung von Bundesbrüchen: Hosea vergleicht die Geschichte des Volkes mit einer zum Scheitern verurteilten, unglücklichen Ehe (Hos 1–3) und Ezechiel stellt den Weg Israels von Anbeginn als eine Unheilsgeschichte dar (Ez 20). Als die Strafe schlechthin für den Bundesbruch wird das Exil genannt, nicht allein in prophetischen, sondern auch in historischen Texten (Num 25). Das Exil kommt einer Rückführung in die Wüste gleich (Hos 12,10; Ez 20,23), d.h. in die Zeit, in der das Volk bestraft wurde – in der aber Gott sich auch dem Volk offenbart hat. Das Exil erhält somit eine eschatologische bzw. messianische Prägung und steht im Zusammenhang mit der Vorstellung von einer Erneuerung des Bundes, der die jeweils älteren Bünde vollendet bzw. ersetzt (Jes 42,6; 49,6–8; 55,3; 59,21; 61,8; Ez 16,60–63; Hos 1,18; 2,21–22).

      Allerdings ist die Vorstellung eines gänzlich „neuen Bundes“ im AT etwas Einmaliges, nur Jer 31,31–34 spricht explizit davon, wobei Ez 36,26f. sehr wahrscheinlich aber dasselbe meint. Die Verheißung eines neuen Bundes, der mit einer Neuwerdung des Menschen verbunden ist, bedeutet eine vertiefte, persönliche, unverbrüchliche und geschenkte Bindung mit der Gottheit. Eine solche Vorstellung war für die Menschen derart ungewohnt, ja unvorstellbar, dass sie erst in manchen Handschriften des Toten Meers (Gemeinderegel 1QS, Damaskusschrift CD) bzw. im NT (Mk 14) an Bedeutung gewann. Dieser neue Bund hebt sich von allem Früheren ab und eröffnet eine qualitativ neue Zukunft.

      14 Der „ewige Bund“

      Unter den vielen Spezifizierungen des Wortes bərîṯ begegnet in der Hebräischen Bibel 16-mal die Wendung bərîṯ ʿôlām „Bund auf ewig“, „ewiger Bund“. In Gen 9,16 sagt Gott erstmals, dass der Bogen in den Wolken das Zeichen seines „ewigen Bundes“ sein wird. In Gen 17,13 wird in der Folge die Beschneidung als Inhalt des „ewigen Bundes“ spezifiziert. In Ex 31,16 und Lev 24,8 erscheint „ewiger Bund“ im Zusammenhang mit Handlungen, die in einem engen Bezug zum Sabbat und zur Einhaltung der kultischen Gesetze stehen. Im ersten Chronikbuch und im Paralleltext von Ps 105 erinnert sich der Beter an die großen Taten Gottes und preist ihn. Der Inhalt des „ewigen Bundes“ betrifft an dieser Stelle die Landesverheißung. Die übrigen Vorkommen befinden sich in den Büchern der drei großen Propheten: dreimal in Jesaja und je zweimal in Jeremia und Ezechiel; Ez 16,60 und 37,26 wiederholen Elemente von Gen 9,16 und Gen 17. Die Erinnerung und die Nachkommenschaft sind wie die Präsenz des Tempels wesentliche Elemente des „ewigen Bundes“. In Jer 32,40 kommt dieser allein durch die Initiative Gottes zustande, während Jer 50,5 als einziger Text beschreibt, dass auch Menschen aktiv einen „ewigen Bund“ veranlassen können. Die drei Texte aus dem Jesajabuch stehen in einem engen Zusammenhang zueinander: Während Jes 24,5 sogar die Möglichkeit ins Auge fasst, dass ein Bund auf „ewig“ gebrochen werden kann, zeigen Jes 55,3 und Jes 61,8, wie Gott selbst mit und zugunsten seines Volkes den „ewigen Bund“ schließt. Der Zusammenhang mit David ist in Jes 55,3 in Beziehung zu 2 Sam 23,5 – dem letzten Text, in dem ein „ewiger Bund“ vorkommt – und Ez 37,25–26 zu lesen: Der „ewige Bund“ sichert den Fortbestand der davidischen Dynastie, was nunmehr aber eine eschatologische-utopische Bedeutung hat. Ein „ewiger Bund“ kann lediglich von Gott geschlossen werden. Menschen können diesen Bund zerstören oder aber sich in die Lage versetzen, den geschenkten Bund zu empfangen. Mit der Wendung „ewiger Bund“ bringen die biblischen Autoren dabei vor allem eines zum Ausdruck: die identitätsstiftende Hoffnung, dass die nationale Tragödie des Bundesbruches, der das Exil zur Folge hatte, nicht mehr eintreffen wird.

      15 Literatur

      BAGG, Ariel M. (2008): Asarhaddon, in: Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet: www.wibilex. de (Zugriffsdatum 17.2.2013).

      BALTZER, Klaus (41964): Das Bundesformular, Neukirchen-Vluyn.

      FISCHER, Georg (2005): Jeremia (26–52). Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg i.Br./Basel/Wien.

      KOCH, Christoph (2008): Vertrag, Treueid und Bund. Studien zur Rezeption des altorientalischen Vertragsrechts im Deuteronomium und zur Ausbildung der Bundestheologie im Alten Testament, Berlin.

      LEVIN, Christoph (1985): Die Verheißung des neuen Bundes, Göttingen.

      MARKL, Dominik (2007): Der Dekalog als Verfassung des Gottesvolkes. Die Brennpunkte einer Rechtshermeneutik des Pentateuch in Ex 19–24 und Dtn 5, Freiburg i.Br.

      MCCARTHY, Dennis J. (1981): Treaty and Covenant. A Study in Form in the Ancient Oriental Documents and in the Old Testament, Roma.

      MENDENHALL, Georg E. (1954): Covenant Forms in Israelite Tradition, in: The Biblical Archaeologist 17, 50–76.

      OTTO, Eckard (1999): Das Deuteronomium, Berlin/New York.

      PAGANINI, Simone (2011): Deuteronomio. Nuova versione, introduzione e commento, Milano.

      PAPOLA, Grazia (2008): L’alleanza di Moab. Studio esegetico teologico di Dt 28,69–30,20, Roma.

      PERLITT, Lothar (1969): Bundestheologie im Alten Testament, Neukirchen-Vluyn.

      RÜTERSWÖRDEN, Udo (2008): Deuteronomium, in: Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet: www.wibilex.de (Zugriffsdatum 17.2.2013).

      STEYMANS, Hans U. (1995): Deuteronomium 28 und die adê zur Thronfolgeregelung Asarhaddons, Fribourg/Göttingen.

       Simone Paganini

      Chaoskampf

      1 Der Begriff Chaos

      Das aus dem Griechischen stammende Wort „Chaos“ wird bei Hesiod und den Vorsokratikern im thematischen Kontext von → Schöpfung und Weltentstehung verwendet. Hesiod (Theogonie 116–125.700, vgl. Ovid, Metamorphosen I,7) stellt anschaulich dar, wie sich aus dem Chaos als einer ungeordneten, sich bewegenden, formlosen Masse der Kosmos und die Götter entwickeln (BAUKS 1997, 2–4; WATSON 2005, 13f.). Im Hebräischen fehlt ein Wort für Chaos. Wortfelduntersuchungen zu dem den Urzustand der Erde qualifizierenden tohû wāḇohû (Gen 1,2: „und die Erde war wüst und leer“, Übersetzung nach M. Luther) ergeben, dass es sich um die Formalbeschreibung eines Noch-Nicht-Seins handelt und nicht um eine Materiebestimmung (BAUKS 1997, 88–92). Die Septuaginta verwendet den Begriff „Chaos“ nicht im Kontext von Schöpfungsaussagen, sondern nur in Mi 1,6 und Sach 14,4 als Übersetzung für hebr. gî/gîʾ „Tal/Kluft“. Der Begriff hat in die bibelwissenschaftliche Forschung seit dem Ende des 19. Jh.s Einzug genommen. Ihr zufolge wird er vor allem im Schöpfungskontext verwendet, um einen anfänglichen Urzustand zu umschreiben und von diesem die gegenwärtige Weltordnung abzuheben (GUNKEL 1910; 1921). Deshalb gerieten vor allem das babylonische Weltschöpfungsepos Enuma Elisch, Gen 1, Gen 2, Spr 8, einige Psalmentexte (z.B. Ps 18; 29; 46; 74; 89; 93), Prophetentexte (Jes 34,11; Jer 4,23) und das Hiobbuch als Belege für die Chaos(kampf)thematik in den Blick. MOWINCKEL (1922) hingegen stellt den Begriff des „Chaos“ in einen kultischen Rahmen, indem er ihn auf ein alljährlich am babylonischen Neujahrsfest stattfindendes Thronbesteigungsritual bezieht.

      2 Das Chaoskampfmotiv

      Die Rede vom Chaos wird in der biblischen und altorientalischen Literatur von Mesopotamien bis Ägypten mit einem Kampfmotiv verbunden. Im weiteren Schöpfungskontext handelt das Chaoskampfmotiv von der Erhebung eines Gottes gegen das sogenannte Chaos, um die Weltordnung zu retten bzw. zu erhalten. Das Chaos wird in zweierlei Gestalt dargestellt: als Meer bzw. Flut oder personifiziert durch Chaoswesen. Umstritten ist, in welchen