Название | Buchstäblichkeit und symbolische Deutung |
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Автор произведения | Matthias Luserke-Jaqui |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772002151 |
GoetheGoethe, Johann Wolfgang Die Leiden des jungen WerthersDie Leiden des jungen Werthers (1774 / 1786 / 1787)
Die EntstehungsEntstehungsgeschichte- und DruckgeschichteDruckgeschichte von GoethesGoethe, Johann Wolfgang Roman Die Leiden des jungen WerthersDie Leiden des jungen Werthersist bekannt. Um berufliche Erfahrungen zu sammeln, geht der junge Dichter von Mai bis September 1772 an das Reichskammergericht in Wetzlar. Der Sekretär des Gerichts Christian KestnerKestner, Johann Christian (1741–1800) wird Goethes Freund. Mit dessen 19-jähriger Braut Charlotte BuffBuff, Charlotte (1753–1828) verbindet ihn eine enge Freundschaft. Sie wird das Vorbild für die Lotte im Roman. GoetheGoethe, Johann Wolfgang lernt sie am 9. Juni 1772 auf einem Ball kennen. Auch Karl Wilhelm JerusalemJerusalem, Karl Wilhelm (1747–1772), der Goethe schon aus der Leipziger Studienzeit kannte, hält sich in Wetzlar auf. Er wird das Vorbild für die Figur des Werther. Nach seinem Weggang aus Wetzlar geht Goethe nach Koblenz und trifft sich dort bei der Familie von La Roche mit seinem Darmstädter Freund Johann Heinrich MerckMerck, Johann Heinrich (1741–1791). Die älteste Tochter der La Roches ist die 16-jährige Maximiliane von La RocheLa Roche, Maximiliane von (1756–1793). Goethe verliebt sich in sie. Während Kestner den Umgang seiner Braut mit Goethe geduldet und auch gefördert hatte, stößt Goethe nach Maximilianes Heirat auf brüske Ablehnung ihres Ehemanns Peter Anton BrentanoBrentano, Peter Anton (1735–1797). Das Bild Lottes im Roman setzt sich also aus Goethes Erfahrungen mit Charlotte Buff und mit Maximiliane Brentano, geb. von La Roche, zusammen.
Karl Wilhelm Jerusalem hatte große Schwierigkeiten mit seinem Vorgesetzten. Außerdem liebte er die Frau des Pfalz-Lauternschen Gesandtschaftssekretärs, ohne dass diese Liebe aber erwidert wurde. Jerusalem lieh sich von Kestner Pistolen und erschoss sich in der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober 1772. Kestner berichtet kurz danach am 2. November 1772 Goethe in einem Brief ausführlich über Jerusalems Selbstmord.1 Im Werther überlagern sich also eigene Erfahrungen und Sehnsüchte des Autors mit Beobachtungen und Berichten Dritter und konstituieren so die fiktiven Figuren von Werther, Albert und Lotte. Im Roman selbst ein ausschließlich autobiografisches Zeugnis sehen zu wollen, erklärt nicht die enorme Resonanz, die der Werther-Roman nach seinem Erscheinen erfahren hat.
Anfang Februar 1774 beginnt GoetheGoethe, Johann Wolfgang mit der Arbeit am Roman. Will man seiner Darstellung in Dichtung und WahrheitDichtung und Wahrheit Glauben schenken, dann hat er das Manuskript innerhalb von vier Wochen niedergeschrieben (vgl. Goethe: WA, Abt. I, Bd. 28, S. 224). Von der Handschrift der ersten Fassung sind lediglich zwei einzelne Blätter erhalten, die Entstehungszeit wird auf Februar bis Mai 1774 datiert. Im Mai 1774 schickt er das Manuskript an den Verleger WeygandWeygand, Johann Friedrich in Leipzig. Schon zur Michaelismesse im September 1774 erscheint der WertherDie Leiden des jungen Werthers. In der Forschung wird vermutet, dass für die „zweyte ächte Auflage“2 des Romans von 1775 nochmals das heute nicht mehr erhaltene Druckmanuskript zu Rate gezogen werden konnte. In dieser Ausgabe finden sich auch erstmals die zusätzlichen Zeilen in Werthers Brief vom 13. Juli 1771: „Mich liebt! – Und wie werth ich mir selbst werde, wie ich – dir darf ich’s wohl sagen, du hast Sinn für so etwas – wie ich mich selbst anbethe, seitdem sie mich liebt!“3 Diese Zeilen, die im Erstdruck also fehlen, sind möglicherweise unabsichtlich weggelassen worden. Eventuell handelt es sich um einen Abschreibfehler des Kopisten der Handschrift oder um ein Versehen des Setzers. Der Begriff der Haplografie, der in diesem Zusammenhang von Fischer-Lichte und ihr folgend von der Frankfurter Ausgabe verwendet wird, ist allerdings irreführend. Letztlich sind diese Plausibilitätsüberlegungen nicht zu belegen. „Ganz ausgeschlossen ist es jedoch nicht, daß die Zeilen absichtlich getilgt wurden; jedenfalls liegt die Vermutung nahe, daß Lavater bei der Lektüre der Druckbogen […] Anstoß an der Formulierung nahm: ‚wie ich mich selbst anbete‘ [!]“4. Am 30. Dezember 1781 bittet Goethe Charlotte von SteinStein, Charlotte von (1742–1827) um ein Exemplar seines Romans, er selbst ist nicht mehr im Besitz des Buches (vgl. die Briefe vom 21. November 1782 an KnebelKnebel, Karl Ludwig von, vom 2. Mai 1783 an KestnerKestner, Johann Christian, vom 24. Juni 1783 an Charlotte von Stein, vom 15. August 1785 an den Herzog und vom 25. Juni 1786 an Charlotte von SteinStein, Charlotte von).
Seit 1781 überlegt sich GoetheGoethe, Johann Wolfgang also eine Überarbeitung des Werthers, die erst 1786 abgeschlossen ist. Als sein Verleger Georg Joachim GöschenGöschen, Georg Joachim (1752–1828) eine Ausgabe von Goethes Werken plant, soll der WertherDie Leiden des jungen Werthers als erster Band diese Ausgabe eröffnen. Somit ist der äußere Anlass, sich mit dem Werther im Hinblick auf eine erneute Drucklegung nochmals zu beschäftigen, für Goethe durchaus gegeben. In das Lotte-Bild der Zweitfassung fließen denn auch Goethes Erfahrungen mit Frau von Stein während dieser Umarbeitungsphase ein.
Die Überarbeitung bedeutet auch eine Reaktion des Autors auf die intensive und äußerst kontroverse Rezeption seines ersten Romans. Als Textgrundlage für die Überarbeitung verwendet Goethe einen Raubdruck von HimburgHimburg, Christian Friedrich und lässt ihn abschreiben.5 Himburg hatte bereits korrigierend in den Text eingegriffen, so dass Goethe also eine durchaus korrupte Vorlage für seine Überarbeitung wählt. Am 2. September 1786 teilt Goethe Göschen mit, dass das Manuskript bereits unterwegs sei. Diese Handschrift ist erhalten und wird in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek der Stiftung Weimarer Klassik, Goethe- und SchillerSchiller, Friedrich-Archiv aufbewahrt.6 Sie ist erheblich korrigiert, die Korrekturen stammen von den Schreibern Seidel und Vogel und von Goethe selbst. Johann Gottfried HerderHerder, Johann Gottfried korrigiert Interpunktion und Orthografie. Bernhard Seuffert spricht in seinem Editionsbericht in der Weimarer Ausgabe von insgesamt „vielleicht fünferlei Correcturhände[n]“ (Goethe: WA, Abt. I, Bd. 19, S. 331)7. Ob auch WielandWieland, Christoph Martin und Frau von Stein an den Korrekturarbeiten teilhatten, ist umstritten. Obwohl die Handschrift, die ja immerhin als Druckvorlage für die Werther-Ausgabe von 1787 diente, intensiven Verbesserungen unterzogen wurde, sind doch noch zahlreiche „grössere und kleinere Mängel“ (Goethe: WA, Abt. I, Bd. 19, S. 331) stehen geblieben, so wird es von der Goethe-PhilologiePhilologie umschrieben. Trotz der aus der Vorlage übernommenen Fehler besitze diese Handschrift aber „den höchsten Anspruch auf Echtheit und dauernde Geltung“ (Goethe: WA, Abt. I, Bd. 19, S. 334), so Bernhard Seuffert. Nach dieser Handschrift wird die Zweitfassung des WerthersDie Leiden des jungen Werthers gedruckt: Goethe’s Schriften. Erster BandGoethe’s Schriften (Leipzig: bey Georg Joachim GöschenGöschen, Georg Joachim 1787, S. 1–310). Für die Drucklegung autorisiert GoetheGoethe, Johann Wolfgang den Setzer und den Korrektor, denn er selbst hält sich in diesem Jahr in Italien auf, die Orthografie selbstständig nach den Richtlinien AdelungAdelung, Johann Christophs zu verbessern. Insgesamt gibt es ca. 1330 Abweichungen zwischen Handschrift und Druck (die Angaben nach Seuffert), davon entfallen über 1040 auf Interpunktionskorrekturen. Etwa 900 Kommata werden ergänzt, rund zwölf Kommata der Handschrift werden gestrichen. Komma oder Semikolon werden häufig durch Punkt ersetzt. Die orthografischen Verbesserungen sind im Ganzen minimal, beispielsweise Gebirge statt Gebürge, hob statt hub, darin statt darinne etc. Aus den Endungen -len und -ren werden -eln und -ern. Über die eigentlich problematischen Veränderungen berichtet der Editionsbericht der Weimarer Ausgabe. 1806 korrigiert Goethe den Werther nochmals, da er als Band elf der Ausgabe Goethe’s WerkeGoethe’s Werke (Tübingen 1808) erscheinen soll. Waltraud Hagen verzeichnet bis zum Jahr 1832 insgesamt 26 Einzelausgaben (ohne die sog. Titelauflagen, bei denen also nur das Titelblatt verändert wurde), von denen vier Ausgaben heute nicht mehr zu ermitteln sind.8
In KräutersKräuter, Friedrich