Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941. Группа авторов

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Название Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941
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Жанр Историческая литература
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Издательство Историческая литература
Год выпуска 0
isbn 9783534720613



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behauptet, früher mit einem weißruthenischen Parteiführer Akincyk zusammengearbeitet zu haben, der sich jetzt in Warschau oder Krakau aufhalten soll und seinerseits Beziehungen zu Dr. v. Mende, Berlin, unterhält. Die Stimmung der Bevölkerung ist gut und den Deutschen gegenüber freundlich. Die litauische Bevölkerung lebt in der Erwartung, daß ihr vom Führer eine etwa der Slowakei ähnliche Selbständigkeit genehmigt wird. Die Weißruthenen sind noch sehr eingeschüchtert und zurückhaltend, die Polen befürchten, daß sie bei einer Lebensmittelverknappung durch die litauischen Stadtbehörden besonders benachteiligt werden. Die Ernährungslage in Wilna ist keineswegs befriedigend, die Fleischvorräte reichen angeblich nur noch für wenige Tage. Da Wilna und Umgebung als landwirtschaftliches Zuschußgebiet gilt und durch die Stockung des Bahnverkehrs mit dem Heranbringen von Lebensmitteln aus den anderen litauischen Gebieten z. Zt. nicht zu rechnen ist, wird mit einer Verschlechterung der Ernährungslage gerechnet. Vor den wenigen Lebensmittelausgabestellen stehen lange Menschenschlangen, woran die Wilnaer Bevölkerung jedoch seit der sowjetrussischen Besetzung gewohnt sein soll. Eine Erhöhung der Zahl dieser Lebensmittelausgabestellen ist seitens des in Wilna befindlichen Einsatzkommandos veranlaßt worden. In Wilna erscheint neben einer deutschen Frontzeitung „Panzerfaust“ eine unter der Zensur der Feldkommandantur stehende litauische Zeitung „Neues Litauen“ (Auflage ca. 10000). Seit der Besetzung dieses Gebietes durch die deutschen Truppen ist ein verstärkter Kirchenbesuch festzustellen. Die katholische Geistlichkeit soll nach litauischen Angaben stark unter polnischem Einfluß stehen und deutschfeindlich eingestellt sein, insbesondere der Erzbischof Jelsykowski, während der Weihbischof Reinis Nationallitauer ist, die litauischen Belange wahrnimmt und deutschfreundlich sein soll.

      2) Es sind eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet worden, zum Teil in Zusammenarbeit mit der Feldkommandantur Wilna, um die politische Aktivität der Litauer einzuschränken und um zu verhindern, daß durch Schaffung von Tatsachen einer späteren Entscheidung litauischerseits vorgegriffen wird: a) Das litauische Stadtkomitee wird etwa als provisorischer Magistrat dem Feldkommandanten unterstellt (der selbst den Vorsitz übernehmen will) und durch Weißruthenen ergänzt. b) Öffentliche Bekanntmachungen litauischer Stellen, die bisher nur in deutscher und litauischer Sprache erfolgten und vielfach den litauischen Text an erster Stelle hatten, fallen fort. Bekanntmachungen werden in Zukunft nur noch vom Feldkommandanten bezw. in sicherheitspolizeilichen Angelegenheiten vom Führer des EK gezeichnet und in deutscher, litauischer, weißruthenischer und polnischer Sprache abgefaßt. c) Die demonstrative Beflaggung der Stadt mit litauischen Fahnen wird beendet mit dem Hinweis, daß „die litauische Bevölkerung nunmehr genügend ihrer Freude über die Befreiung Ausdruck gegeben habe“. d) Die litauische Polizei, die ebenso wie die übrigen Polizeisparten auf Anordnung der Feldkommandantur arbeitsmäßig dem Einsatzkommando unterstellt worden war, wird nunmehr als Behörde aufgelöst, die fachlich guten Kräfte derselben zur Verfügung des Einsatzkommandos gestellt.13 e) Die Feldkommandantur veranlaßt ihrerseits, daß die litauische Kommandantur und der litauische Befehlshaber verschwinden. Soweit litauisches Militär für Bewachungszwecke benötigt wird, wird es den einzelnen deutschen Truppenteilen unterstellt, ohne zentrale litauische Spitze. Ferner wird das litauische Militär daraufhin untersucht werden, ob sich in seinen Reihen noch Polen befinden. Diese werden entwaffnet und aus ihrer Militärpflicht entlassen. f) Die vielfach von der Flucht zurückkehrenden Litauer, die zum Teil an den russischen Grenzbefestigungen gearbeitet haben, werden auf Anordnung des AOK IX durch die GFP abgefangen und als Arbeitskräfte gesammelt.

      3) Polizeiliche Angelegenheiten: Die dem Einsatzkommando unterstellten litauischen Polizeisparten in Wilna sind beauftragt worden, laufend Namenslisten der Wilnaer Juden, zuerst die Intelligenzschicht, politische Aktivisten und wohlhabende Juden aufzustellen.14 Daraufhin sind laufend Durchsuchungs- und Festnahmeaktionen durchgeführt [worden] und am 4.7. wurden 54, am 5.7. 93 Juden liquidiert,15 das greifbare Judenvermögen wurde sichergestellt. Mit Hilfe der litauischen Polizeibeamten wurde eine Fahndung nach Kommunisten und NKWD-Agenten eingeleitet, die jedoch zum großen Teil geflohen sein sollen. Gleichfalls ist eine Fahndung nach den Waffenlagern der polnischen geheimen Militärorganisationen eingeleitet worden, worüber noch nicht überprüfte Angaben von der litauischen Polizei gemacht wurden. Die Errichtung eines Judenviertels wird vorbereitet. Auf Vorschlag des EK wird das hauptsächliche Judenviertel von der Feldkommandantur als Sperrgebiet für die Wehrmachtsangehörigen erklärt werden.16

      III) Militärische Ereignisse:

      Gegner zieht sich unter heftigen Nachhutkämpfen weiter zurück, verfolgt von unseren schnellen Truppen. An manchen Stellen leistet Gegner Widerstand bis zur Vernichtung. Unsere Truppen haben Brückenköpfe am Pruth, Dnjepr und Düna verbreitert und befestigt. Die Wirkung unserer Flugblattpropaganda ist sehr gut. Abgeworfene Passierscheine haben zahlreiche Russen zum Ergeben gebracht.

      Verteiler:

      RFSS und Chef der Deutschen Polizei

      Chef der Sicherheitspolizei und des SD

      Chef der Ordnungspolizei

      Alle Amtschefs I, II, III, V, VI, VII

      SS-Oberstubaf. Rauff

      IV D, IV D 1, IV D 2, IV D 3, IV D 4

      IV E, IV E 5

      II A 2

      Pol.Rat Pommerening

      IV-GSt. (3 Stück)

      IV A l d (5 Reserve)

       Aus: BAB, R 58/214

      1 Vgl. Bericht Vormarsch EG B v. 19.7.1941, NARB, 655–1–3.

      2 Max von Schenckendorff (1875–1943) war von 1941 bis Anfang Juli 1943 Berück Rußland-Mitte; vgl. Hasenclever: Wehrmacht und Besatzungspolitik in der Sowjetunion, S. 73–95, 206ff., 474–522.

      3 Nebe hob kurze Zeit später hervor, daß die HGr. Mitte unter ihrem OB, GFM Fedor von Bock, seinen „Maßnahmen das vollste Verständnis entgegenbrachte“: „Durch persönliche Fühlungnahme u. sachliche Arbeitsleistung habe ich erreicht, dass die Tätigkeit meiner Einsatzgruppe von sämtlichen Wehrmachtstellen in jeder Weise anerkannt u. gefördert wird. Ich war von Anfang an bemüht zu erreichen, daß zumindest die Sonderkommandos Anschluß an die kämpfende Truppe fanden, um rechtzeitig eine umfangreiche u. vollständige Objektsicherung vornehmen zu können.“ Da die im Heydrich-Wagner-Abkommen zwischen RSHA u. OKH festgelegten Bestimmungen „nach Auffassung der Heeresgruppe nur formelle Bedeutung haben“, seien auch Beschwerden über dessen Nichteinhaltung durch zu schnelles Vorgehen der EK u. SK nichtig. Mehr noch: „Die Zusammenarbeit der EKs mit den Sicherungsdivisionen, den Feld- u. Ortskommandanturen ist ausgezeichnet. […] Die Zusammenarbeit mit der GFP u. den Abw. III-Trupps, die im Bereich der Heeresgruppe Mitte unter Führung von Major Tarbuk stehen, ist die denkbar beste. […] Die GFP stellt sogar Trupps zur Unterstützung unserer Liquidierungen ab“, alle Zit. Tätigkeitsbericht EG B für 23.6.–13.7. v.14.7.1941, NARB, 655–1–3.

      4 Am 8.7.1941 erschien Himmler in Bialystok. Während er mit den Kdr. der PB 316 u. 322 tafelte, erschossen deren Männer sowie ein Kdo. des EK 8 auf einem offenen Feld nahe Pietraszek mindestens 1000, möglicherweise 4000 jüdische Männer; Urteil LG Karlsruhe v. 21.7.1961, BAL, B 162/14193; dto. LG Freiburg v. 12.7.1963, BAL, B 162/14155; dto. LG Bochum v. 6.6.1968, BAL, B 162/14431; vgl. Konrad Kwiet: Auftakt zum Holocaust. Ein Polizeibataillon im Osteinsatz, in: Wolfgang Benz/Hans Buchheim/ Hans Mommsen (Hrsg.): Der Nationalsozialismus. Studien zur Ideologie und Herrschaft, Frankfurt/M. 1993, S. 191–208; Andrej Angrick/Martina Voigt/Silke Ammerschubert/Peter Klein: „Da hätte man schon ein Tagebuch führen müssen“. Das Polizeibataillon 322 und die Judenmorde im Bereich der Heeresgruppe Mitte während des Sommers und Herbstes 1941, in: Grabitz/Bästlein/Tuchel: Die Normalität des Verbrechens, S. 325–385; Mallmann/Rieß/Pyta: Deutscher Osten 1939–1945, S. 136–143; Martin Hölzl: Walter Nord – Polizeisoldat und Weltanschauungskrieger, in: Mallmann/Paul: Karrieren der Gewalt, S. 166–175. Es liegt nahe, daß dies im Einvernehmen mit dem Berück Mitte erfolgte, der in seiner 10-Tagesmeldung an das OKH v. 9.7.1941 berichtete, daß „unter Zuhilfenahme der dem Befehlshaber zur Verfügung stehenden Kräfte der Ordnungspolizei u. des Sicherheitsdienstes (SD) […] mit dem systematischen