Tatort Alpen. Michael Gerwien

Читать онлайн.
Название Tatort Alpen
Автор произведения Michael Gerwien
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783734994869



Скачать книгу

ihm das jetzt einfallen durfte.

      »Ich überlege, ob die Schwierigkeiten, in denen du steckst, wirklich so tief reichen. Sind es Millionen?«

      »Ach wo. Woher denn? Bernd, der Depp, hat sich einen Fahrradladen eingebildet, weil er doch so gern fährt. Und ich hab gedacht, der wird schon eine Ahnung haben – hat er auch, aber halt auch nur von den Fahrrädern – fachlich top. Dann hab ich ihm gegeben, was ich mir gespart hab und das, was die mir als Kredit geben auf der Bank, als MTA.« MTA, dachte Birne. »Und Bernd hat den Laden ein halbes Jahr gehabt und dann zugemacht, weil er zu blöd dafür war, und jetzt hängen wir zusammen, als ob er den Laden nur aufgemacht hätte, damit ich nie wieder von ihm loskomme.«

      »Blöd, so was«, sagte Birne, dem keine passende Antwort einfiel.

      »Und kurz – und das muss jetzt wirklich unter uns bleiben – hab ich mich gefreut, dass dem Bernd seine Oma gestorben ist. Aber wieder nichts: Die hatte auch kein Geld, nur ein bisschen Rente. Scheiße.«

      Wieder ein Schweigen, in dem Birne sie sehr genau musterte und schön fand trotz der verweinten Augen und des verschmierten Make-ups. »Jetzt weißt du alles.«

      »Ich weiß eventuell auch, woher man ein Geld kriegen könnte.«

      »Woher?«

      »Sagen wir so: Es ist nicht direkt was Illegales, aber es müsste unter uns bleiben, und du dürftest nicht fragen, woher es kommt.«

      »Komisch.«

      »Vieles ist komisch, vielleicht verrat ich’s dir, wenn wir, verheiratet, das zweite oder dritte Kind bekommen.«

      Dieser letzte Satz Birnes brachte sie zum Lachen: »Du bist einer, aber ich hab es gleich gewusst, als ich dich sah, da wusste ich: Du bist ein Guter.«

      »Mir fällt da was ein. Ehrlich, du kannst dich auf mich verlassen.«

      »Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen.«

      »Das machst du nicht, höchstens ohne dich.«

      »Was?«

      »Höchstens ohne dich bin ich in Trouble. Frag meine Freunde, die werden dir sagen: Der Birne, frag den Birne, wenn du …«

      Sie küsste ihn lange und mit Zunge. Birne war glücklich. Er hatte wieder was im Leben.

      Er nahm ihren Kopf in die Hand und vergrub seinen tief darin, er packte sie an ihrem Hintern und hoffte, dass jetzt ein Programm ins Rollen gekommen sei, doch sie machte sich noch ein Mal von ihm los.

      »Danke, vielen Dank«, sagte sie.

      »Schon in Ordnung.«

      »Bist du mir böse, wenn ich jetzt gehe? Ich bin wirklich schon ziemlich angetrunken, da geht nicht mehr viel. Ehrlich.«

      »Schon in Ordnung.«

      »Nicht böse sein, ja?«

      »Passt schon.«

      Sie ging davon und zeigte Birne ihren Rücken, den ein weißes Top nur am Rande bedeckte. »Darf ich dich begleiten?«, rief er ihr nach.

      »Geh noch was trinken, und denk dann an mich. Das ist besser für uns beide, glaub mir«, rief sie zurück und ließ ihn ihr Profil kurz sehen, ihr entzückendes.

      »Ciao«, sagte er leicht perplex.

      »Ciao«, hauchte sie und verschwand langsam unter seinen Blicken die Straße hinauf.

      Birne stand und durch den Nebel in seinem Kopf geisterte ein leichter Zweifel. Hatte er wieder mehr versprochen als eine keimende Liebe erlaubt? Riskierte er Gefängnis, wenn er noch mal schnell eindrang? Andererseits suchte er diesmal nicht, er wäre wirklich gleich draußen. Sollte er Simone einweihen? Die war sowieso dort zugange. Aber er konnte das alles fix erledigen, solange Bernd noch im Urlaub war, die volle Punktzahl kassieren und diese umgehend sexuell umsetzen. Das klang gut im Nebel des Gehirns, und Birne beschloss, das zu tun und jetzt, wie Simone ihm geheißen hatte, noch eine Halbe zu trinken. Er wankte los Richtung Korbinian und wunderte sich, dass er wankte. Jetzt schon.

      Er hatte sich getäuscht. Bruno war nicht mehr da. Dafür Werner, Hans und Erwin. Die schauten, wie er so daherkam, so als vierter Mann zum Schafkopfen vielleicht.

      »Wo kommst du her?«, wollte Werner wissen.

      »War noch ein bisschen aus«, antwortete Birne wie einer, der heimkehrt zum Herd.

      »Ach so«, nickte Werner die Antwort ab.

      »Ich hab gedacht, hier wird gefeiert.«

      »Gefeiert? Wieso wird hier gefeiert?«

      »Na, weil der Bruno doch so groß in der Zeitung war – schnellster Krimikommissar Deutschlands und so weiter.«

      »Ja, der Bruno, leck mich am Arsch.«

      Jetzt lachten die anderen beiden, die bislang still waren.

      »Was ist mit dem Bruno, leck mich am Arsch?«

      »Ja, der Bruno, der war schon da, der ist aber schon wieder weg.«

      »Der hat’s nicht mehr machen können«, sagte leise und schüchtern Hans.

      »Was?«, brüllte Werner.

      »Der hat’s nicht mehr machen können«, sagte Hans lauter und selbstbewusster.

      »Ja, der hat’s nicht mehr machen können«, brüllte Werner, lachte und nahm einen Schluck aus seinem Weizen.

      »Hat er so feiern müssen?«, fragte Birne, während er sich zu ihnen setzte, auf den freien Stuhl neben Werner, sodass sie hätten loskarten können, wenn jemand Karten gehabt hätte.

      »Feiern? Ja, der hat feiern müssen – eher im Gegenteil«, sagte Werner noch unter Lachen und indem er sein Glas abstellte. Die andern grinsten zurück.

      »Was war denn?«

      »Einen rechten Rausch hat er sich angesoffen und dann hat er das Politisieren angefangen.«

      Birne wusste schon, dass man auch politisieren konnte, ohne über Politik zu sprechen.

      »Von den Weibern hat er’s wieder gehabt«, sagte Hans wieder so leise und grinste.

      »Was?«, brüllte Werner.

      »Von den Weibern hat er gesprochen«, mischte sich Erwin ein, und es klang irgendwie ungelenk aus seinem Mund.

      »Zum Teufel hat er sie mal wieder gewünscht«, sagte Werner und griff wieder zum Glas. »Aufgeführt hat er sich wie schon lang nicht mehr.«

      »Das sind die Nerven«, wusste Erwin. »Unser Bruno wird alt langsam, das sag ich euch.«

      »Und auf die Jugend hat er geschimpft, dass sie nichts mehr im Kopf hat, und seinen armen Bub hätt er am liebsten auf der Stelle erschlagen, wär er da gewesen.«

      »War er da? Hat der Bruno einen Sohn?«, fragte Birne.

      »Durchfliegen wird er wahrscheinlich, weil er in der Schule nichts mehr hinbringt.«

      »Ja, schon scheiße.«

      »Und dann hat er auch noch auf die Türken geschimpft«, sagte Hans, um den Bericht zu vervollständigen. Er redete immer noch leise, aber Werner verstand ihn diesmal: »Ah, das hat er immer.«

      »Was hat er gegen Türken?« Birne war aufmerksam geworden, sein Bier stand vor ihm.

      »Dem ist die Frau davon mit einem Ali«, lachte Werner schadenfreudig.

      »So so«, lautete Birnes Kommentar.

      Sie soffen noch ein bisschen Bier.

      »Hat er was gesagt von dem Mord?«

      »Passt schon, die haben den jetzt halt. Fertig.«

      »Auf die Bürokratie hat er geschimpft, dass das alles Wichser sind, hat er gesagt«, ergänzte Hans.

      »Was?«, brüllte Werner, wurde