Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 28
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399963



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steuerte die Insel vorsichtig an. Die Ausgucks waren doppelt besetzt und suchten mit Spektiven alles ab.

      Als die bezeichnete Stelle vor ihnen lag, war von einer schwarzen Sambuke weit und breit nichts zu sehen.

      „Vielleicht haben sie heute nacht schon alles abgeräumt“, meinte Don Juan. „Oder sie lauern weiter hinten auf uns. Aber sie haben keine Drehbassen mehr, wie der Junge sagte.“

      Hasard nickte flüchtig. Alles an ihm war gespannte Aufmerksamkeit. Er rechnete mit einem blitzartigen Überfall, trotz der fehlenden Drehbassen. Möglicherweise hatte Ali wieder welche.

      Dann hatten sie die Stelle erreicht, und immer noch blieb alles verdächtig ruhig. Nur ein paar Vögel flogen kreischend auf.

      Auf der „Santa Barbara“ war Gefechtsbereitschaft angeordnet. Alle Stücke waren geladen, die Rohre ausgerannt und feuerbereit. Etliche Arwenacks standen sprungbereit da.

      Ahmed zeigte genau die Stelle, wo die Truhen versenkt worden waren. Smoky entdeckte auf dem kristallklaren Grund gleich darauf eine Drehbasse, die zwischen Korallen lag.

      Als er seinen Fund meldete, rief der Ausguck: „Die Sambuke taucht auf!“

      Sie kam fast aus dem Dickicht, und sie erschien von einem Augenblick zum anderen, obwohl vorher nichts zu sehen gewesen war. An Deck sah man sie immer noch nicht.

      „Also doch“, sagte Hasard. „Dann ist der Schnapphahn auch wieder bewaffnet. Weiß der Teufel, wie er das geschafft hat. Feuer frei, sobald sie in Schußweite ist.“

      Ali Ben Chufru tauchte auf, doch er schickte seine heißen Grüße schon los, als er immer noch nicht zu sehen war.

      Drei Drehbassen wurden abgefeuert. Durch das Gestrüpp zuckten Blitze, ein Blei- und Eisenhagel fegte zwischen den Verhau, zerfetzte ihn und siebte durch das Wasser.

      Der Bug der schwarzen Sambuke rundete die Spitze. Das wendige Schiff mußte ein wenig abfallen.

      Hasard sah mit einem Blick, daß es den Schnapphähnen gelungen war, eine der Truhen bereits zu bergen. Jedenfalls stand eine große eisenbeschlagene Truhe wie zum Hohn an Deck. Vielleicht hatten sie die schon in aller Frühe nach oben geholt.

      Ein Siebzehnpfünder donnerte mit Getöse und wildem Donner los. Al Conroy hatte gefeuert, und er traf grundsätzlich das, was er wollte, wenn die See so ruhig war wie jetzt.

      Der Blitz hatte noch nicht richtig das Rohr verlassen, als der Bug der Sambuke splitterte. Eine ganze Ladung Holz flog in hohem Bogen davon und schien noch einmal in der Luft zu explodieren.

      Die Sambuke krängte hart über und lief aus dem Kurs.

      Wütendes Geheul und lautes Gebrüll waren zu hören. Zwei Drehbassen wurden abgefeuert. Zwei kleinere Brocken trafen das Schanzkleid der Galeone und hinterließen faustgroße Löcher.

      Drüben versuchte Ali verzweifelt, seine Sambuke wieder auf Kurs zu bringen, doch das brauchte Zeit, und bis er die gefunden hatte, handelten die Arwenacks.

      Drei Culverinen brüllten gleichzeitig auf. Die „Santa Barbara“ bebte in allen Verbänden. Zwei schwenkbare Drehbassen fielen in das Gebrüll mit ein und schickten einen tödlichen Hagel hinüber. Drüben fielen die Kerle wie umgemäht auf die Planken.

      Alle drei Siebzehnpfünder saßen voll im Ziel. Der Rumpf der Sambuke riß an drei Stellen auf, Holz flog nach innen, ein Wasserschwall folgte.

      Als die Sambuke sich noch weiter zur Seite neigte, feuerte Al Conroy die nächste Culverine ab.

      Die Kugel durchbrach das Schanzkleid, krachte in die Truhe und sprengte sie auseinander.

      Fassungslos sahen die Seewölfe, wie sich ein schimmernder Regen aus Gold und Silber ins Meer ergoß. Ein Teil des Decks zerplatzte wie eine angestochene Seifenblase. Planken wirbelten durch die Luft.

      Pete Ballie zeigte den Schnapphähnen die andere Seite des Schiffes. Dort blitzte es jetzt wieder brüllend auf. Feuerlanzen schienen direkt in die Sambuke zu rasen und sich hineinzufressen.

      Ein Feuer flackerte drüben auf. Schreiende Galgenvögel brachten sich in Sicherheit, doch es gab keine mehr.

      Batuti und Ferris Tucker räumten mit zwei Flaschenbomben das Achterdeck ab, wo die Piraten in die Knie gingen.

      „Das ist er!“ schrie Ahmed. „Das ist er!“ Aufgeregt deutete er auf einen bärtigen Kerl, der den Kopf in den Nacken warf, die Brust rausdrückte und dann aufschreiend über Bord ging.

      Bei den anderen herrschte totale Wuhling. Zwei Kerle versuchten noch einmal, die Drehbassen abzufeuern. Zwei Musketenschüsse holten sie von den Beinen.

      Die Sambuke trieb vorbei. Sie brannte an mehreren Stellen, und ihre Schlagseite wurde immer stärker.

      Goldstücke rutschten über das Deck, ein paar Silberbarren folgten zusammen mit Splittern der Truhe. Es schimmerte und gleißte sekundenlang grell auf, dann verschwand ein Teil der Beute im Meer.

      Von Alis Schnapphähnen trieben die meisten tot im Wasser. Er selbst war untergegangen und verschwand unter seinem brennenden Schiff, das langsam in die Tiefe sackte. Drei oder vier weitere Kerle versuchten, sich auf eine der zahlreichen Inseln zu retten. Bevor sie Land erreicht hatten, flog die Sambuke mit einem brüllenden Donnerschlag auseinander. Ein greller Blitz wirbelte Reste von Planken hoch in die Luft. Die restlichen drei oder vier Kerle würden von dem gewaltigen Druck ins Wasser geschleudert.

      An jener Stelle gurgelte und blubberte noch einmal das Wasser, dann kehrt langsam Ruhe ein.

      Hasard sah sich ernüchtert um. Sie hatten zwei Treffer erhalten, die nicht der Rede wert waren.

      Stunden später bargen sie zwei kleinere Truhen. Den Rest hatte das Meer verschlungen. Aber es lag nicht sehr tief im Wasser. Es war ihnen nur zu mühselig, den „Krempel pfundweise zu holen“, wie der Seewolf das ausdrückte. Vielleicht konnte Ahmed hier später einmal fündig werden.

      Einen Tag später nahmen sie Kurs auf Quatar, und ein paar Stunden später entdeckten sie Selim, den Perlenfischer. Er hatte keine Tartane mehr, der Sturm hatte sie verschlungen, aber er hatte sich an Land retten können.

      Mit Tränen in den Augen schloß er seinen Neffen in die Arme, den er längst totgeglaubt hatte.

      Als Hasard ihm durch seine Söhne übersetzen ließ, daß sie von nun an keine Sorgen mehr zu haben brauchten, erlitt der Onkel einen Anfall, und der Kutscher mußte sich einen ganzen Tag lang um ihn kümmern. Dann war Selim wieder auf der Höhe.

      Die Arwenacks segelten nach einem werteren Tag Aufenthalt weiter. Die beiden winkten ihnen nach, solange sie die Mannen sehen konnten.

      Carberry grinste zum fernen Land hin und sagte: „Wenn ich bei jeder Silbertruhe einen Anfall kriegte, dann wäre ich längst tot.“

      „Bist du auch längst“, sagte Old O’Flynn mit Grabesstimme. „Du bist nur zu faul zum Umfallen – genau wie ich.“

      Die Arwenacks segelten weiter, sie wollten nach Norden …

      ENDE

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      1.

      Es war wie ein Schweben im Nichts.

      Philip Hasard Killigrew öffnete eins der Bleiglasfenster in der Kapitänskammer. Nichts änderte sich. Die Luft stand draußen wie eine unbewegte graue Masse, zum Schneiden dick. Während der ganzen Nacht hatte es keine Abkühlung gegeben, und auch jetzt, am frühen Morgen des 20. April Anno 1597, ließ die Nebelwand nicht einmal einen frischen Lufthauch in die Unterdecksräume der „Santa Barbara“ dringen. Die Feuchtigkeit hatte sich nur noch erhöht.

      Der Seewolf schloß das Fenster wieder.

      Es war still an Bord. Der Sonnenaufgang stand noch bevor, wenn er auch kaum wahrzunehmen