Homilien über den ersten und zweiten Thessalonicher-Brief. Johannes Chrysostomos

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Название Homilien über den ersten und zweiten Thessalonicher-Brief
Автор произведения Johannes Chrysostomos
Жанр Документальная литература
Серия Die Schriften der Kirchenväter
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783849660192



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Lande hervorgehend, hat er die ganze Welt bezwungen. Darum sah ihn auch der Prophet als geflügelten Panther,36 indem er durch dieses Bild seine Schnelligkeit, seine Thatkraft, seinen Siegesmuth bezeichnete, mit dem er unter lauter Siegen und Trophäen den Erdkreis durchzog.

      Von ihm wird erzählt, er habe einst, als ein Philosoph behauptete, es gebe unzählige Welten, schmerzlich geseufzt, daß er noch nicht einmal eine einzige Welt erobert habe. So hochstrebenden Sinnes war dieser Mann und in Sage und Sang ward er allüberall gefeiert. Und zugleich mit dem Ruhme des Königs stieg auch das Ansehen des Volkes; jener Macedonierkönig nämlich war Alexander. Da nun dessen Ruhm überallhin drang, so wurde auch Alles, was in seinem Lande vorging, in der weiten Welt bekannt. Denn was mit hervorragenden Männern in Verbindung steht, kann nun einmal nicht in Verborgenheit bleiben. Die Thaten der Macedonier aber standen denen der Römer nicht nach.

      „Euer Glaube an Gott,“ heißt es weiter, ist überallhin gedrungen.“ Der Apostel drückt sich aus, wie wenn er von einem lebenden Wesen sprechen würde und gebraucht den Ausdruck „überallhin gedrungen“. Das thut er im Hinblick auf ihren heiligen Eifer. Und um zu bezeichnen, daß sie ihren Glauben lebendig und thatkräftig gezeigt hätten, fügt er bei: „So daß wir nicht nöthig haben, Etwas zu sagen, denn sie selbst verkünden von uns, welchen Eingang wir bei euch gefunden.“ Sie warten es nicht ab, Etwas von euch zu hören, sondern Diejenigen, welche weder Augenzeugen noch Ohrenzeugen waren von euren Leistungen kommen mit deren Lobe den Augenzeugen derselben zuvor. So weit hat sich euer Ruhm verbreitet.

      Darum brauchen wir auch ihnen gar nicht von eurem Verhalten zu erzählen, um sie zur Nacheiferung anzuspornen. Denn was sie erst aus unserm Munde vernehmen sollten, das erzählen sie als etwas längst Bekanntes. Sonst hängt sich bei derartigen Dingen Mißgunst an. Aber die Größe eurer Tugenden hat diese überwunden, und so sind sie selbst die Herolde eurer Trefflichkeit. Und obwohl sie euch nachstehen müssen, so schweigen sie doch nicht, sondern verkünden vor mir euer Lob. Bei dem Vorhandensein einer solchen Gesinnung nun können sie gewiß auch meinen Worten den Glauben nicht verweigern.

      Was will der Apostel nun sagen mit den Worten: „Welchen Eingang wir bei euch gefunden?“ Das will heißen: Gefahrvoll war er, voll Todesnöthen, allein von all Dem hat euch Nichts wankend gemacht, ihr hieltet zu uns, wie wenn gar Nichts geschehen wäre. Wie wenn euch gar nichts Schlimmes widerfahren wäre, sondern wie wenn ihr tausend Wohlthaten empfangen hättet, also habt ihr uns dann später wieder aufgenommen. Das war nämlich der zweite Besuch. Als sie (nämlich Paulus und Silas) von ihnen weg nach Beröa gegangen waren,37 brach Verfolgung über die Gläubigen herein. Als dieselben später zurückkehrten, wurden sie von den Gläubigen so ehrenvoll aufgenommen, daß diese sogar ihr Leben für sie einsetzten. In den Worten nun: „Welchen Eingang wir bei euch gefunden“ ist ein doppeltes Lob ausgesprochen, das des Apostels und der Thessalonicher. Paulus aber deutet das Wort lediglich zu ihrem Lobe.

       2.

      

       „Und wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen.

      Das will heißen: Leicht und mit großem Eifer habt ihr euch zu Gott bekehrt, und es kostete euch keine große Mühe, dem Dienste des lebendigen und wahren Gottes euch zu widmen. Mit diesen Worten ertheilte er ihnen auch zugleich eine Ermahnung in milder Form.

       Und um seinen Sohn vom Himmel herab zu erwarten, den er von den Todten erweckt hat, Jesum nämlich, der uns vom zukünftigen Zorn erlöst hat.

      Der Apostel will sagen: Um seinen Sohn vom Himmel herab zu erwarten, der gekreuzigt wurde und begraben ward, den aber, wie er erklärend beifügt, Gott von den Todten auferweckt hat. Hier ist nun Alles beisammen: Auferstehung, Himmelfahrt, zweite Ankunft, Gericht, Belohnung der Gerechten, Bestrafung der Bösen.

       Jesum, der uns vom künftigen Zorne erlöst hat?

      Diese Worte enthalten einen Trost, eine Ermahnung, eine Aufmunterung für Jene. Denn wenn Gott ihn von den Todten auferweckt hat, wenn er im Himmel ist und von dannen wieder kommen wird, (und ihr glaubt ja, daß Dem also sei; wo nicht, dann hättet ihr nicht so Viel gelitten;) ist das doch wohl eine reiche Quelle des Trostes. Und wenn die Verfolger sicher ihre Strafe treffen wird, wie der Apostel in dem zweiten Briefe sagt,38 so ist das euch ein Trost, und zwar kein geringer. „Und um seinen Sohn vom Himmel herab zu erwarten,“ fährt er fort. Damit will der Apostel andeuten, daß das Schlimme ihnen jetzt widerfahre, die Seligkeit ihnen aber in der Zukunft zu Theil werde, dann nämlich, wenn Christus vom Himmel herabkomme. Erwäget also, wie fest die Hoffnung des Christen sein muß, weil der Gekreuzigte auferstanden, weil er in den Himmel aufgefahren ist, weil er wieder kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Todten.

       3.

      Kap. II.

      1. Denn ihr selbst wisset, Brüder, daß unser Eingang bei euch kein fruchtloser war, 2. sondern, da wir vorher, wie ihr wisset, in Philippi Leiden und Schmach erduldet, faßten wir im Vertrauen auf unsern Gott den Muth, euch das Evangelium Gottes zu verkünden unter vielen Kämpfen.

      „Groß fürwahr und herrlich ist Das, was ihr gethan habt; allein wir haben auch nicht menschliche Worte zu euch gesprochen.“ Wie schon oben, so weist der Apostel auch an dieser Stelle darauf hin, daß der göttliche Charakter des Evangeliums sich in zweifacher Beziehung zu erkennen gebe: einmal in den Wundern und Zeichen und in der Begeisterung Derer, die es verkünden, und dann aus dem Eifer und Glaubensmuthe Derjenigen, die es aufnehmen.

      „Denn ihr selbst wisset, daß unser Eingang bei euch kein fruchtloser war.“ Fruchtlos will hier so Viel sagen als bloß menschlich, ganz gewöhnlich und alltäglich. Denn, soeben großen Gefahren, dem Tode und Elend entronnen, stürzte ich mich sofort aufs Neue in Gefahren.

      „Sondern da wir vorher, wie ihr wisset, in Philippi Leiden und Schmach erduldet, faßten wir im Vertrauen auf Gott den Muth, — Seht ihr, wie der Apostel wieder alles Verdienst Gott zuschreibt? — euch das Evangelium zu verkünden unter vielen Kämpfen.“ „Es läßt sich nicht behaupten, daß ich nur dort Gefahren bestanden, bei euch aber nicht; denn ihr selbst wisset es wohl, wie groß die Gefahr bei euch gewesen ist, und in welcher Angst ich immer schweben mußte.“ In ähnlicher Weise schreibt der Apostel an die Korinthier: „Wir waren in Schwachheit, in Mühsal, unter Furcht und Zittern bei euch.“39

      3. Denn unser Unterricht geschah nicht aus Trug, noch aus Unlauterkeit, noch mit List; 4. sondern wie wir von Gott bewährt erfunden worden, daß er uns das Evangelium anvertraut hat, so reden wir, nicht um Menschen, sondern um Gott zu gefallen, der unsere Herzen prüfet.

      Seht ihr, daß der Apostel, wie ich schon vorher bebemerkte, den Eifer Derer, die das Wort Gottes verkünden, als einen Beweis für die Göttlichkeit des Evangeliums erklärt? Wäre es nicht göttlich, will er sagen, so wäre es Trug, und nimmermehr hätte ich für dasselbe so viele Gefahren bestanden, daß ich kaum zu Athem kommen konnte. Wenn mich nicht die Hoffnung auf die künftige Seligkeit aufrecht erhalten würde, wenn ich nicht von der unerschütterlichen Überzeugung beseelt wäre, daß diese Hoffnung nicht eitel sei, nimmermehr könnte ich so frohen Muthes sein in Bedrängnissen und Gefahren. Denn wer möchte wegen irdischer Güter so viel Leiden auf sich nehmen, wer ein so mühevolles und gefahrenreiches Leben führen! Welchen Menschen könnte man dazu vermögen! Wäre nicht der Umstand allein schon hinreichend, die Jünger abzuschrecken, wenn sie sehen müssen, wie der Meister in Gefahr schwebt? Allein euch hat Das nicht abgeschreckt.

       „Denn unser Unterricht, d. h. die Lehre, geschah nicht aus Trug.“

      „Meine Lehre ,“ will der Apostel sagen, „ist nicht Trug und Täuschung, so daß ich darob (früher oder später) zu Schanden werden müßte. Meine Wunder haben Nichts zu schaffen mit den fluchwürdigen Werken der Zauberer.“ Denn in diesem Sinne steht hier Unlauterkeit, d. h. Verkehr mit unlauteren Geistern. „Auch habe ich nie,“ fährt