Homilien über den ersten und zweiten Thessalonicher-Brief. Johannes Chrysostomos

Читать онлайн.
Название Homilien über den ersten und zweiten Thessalonicher-Brief
Автор произведения Johannes Chrysostomos
Жанр Документальная литература
Серия Die Schriften der Kirchenväter
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783849660192



Скачать книгу

und unterstützen nur; gerade der Begriff helfen und unterstützen aber setzt schon nothwendig voraus, daß Derjenige, dem Hilfe und Unterstützung zu theil wird, sich nicht ganz unthätig verhält, sondern daß er auch Etwas thut. Wer ganz unthätig bliebe, bei dem bliebe jede sogenannte Hilfe wirkungslos.

       6.

      Wenn die Fürbitten uns ohne unser Zuthun ins Himmelreich befördern könnten, warum werden nicht alle Heiden Christen? Beten wir denn nicht für die ganze Welt? Hat nicht auch Paulus Dieses gethan? Beten wir nicht für die Bekehrung Aller? Warum also werden die Bösen nicht gut? Offenbar darum, weil sie selbst nicht mitwirken wollen. Gar sehr nützlich sind also Fürbitten, wofern wir nur auch das Unsrige beitragen wollen. Willst du wissen, wie mächtig Fürbitten wirken? Denke an Kornelius und Tabitha!19 Höre auch, was Jakob zu Laban sagt: „Hättest du nicht auf meinen Vater Rücksicht genommen, so hättest du mich wohl leer abziehen lassen.“20

      Höre auch, was Gott ein andermal spricht: „Ich will diese Stadt schützen um meinetwillen und wegen meines Dieners David.“21 Wann aber geschah Dieß? Zur Zeit des Ezechias, der gerecht war. Wenn die Fürbitten auch wirken zu einer Zeit, wo die Menschen sehr verderbt sind, warum hat dann Gott zur Zeit, als Nabuchodonosor gezogen kam, nicht auch so gesprochen, sondern die Stadt in seine Hände gegeben? Darum, weil die Ruchlosigkeit noch mächtiger war als die Fürbitte. Derselbe Samuel hat ein anderes Mal für die Israeliten gebetet und Erhörung gefunden. Wann aber geschah Dieß? Damals, als diese ebenfalls Gott wohlgefällig waren, damals trieb er die Feinde in die Flucht.

      „Was brauche ich aber denn,“ entgegnest du, „das Gebet eines Andern, wenn ich selbst Gott wohlgefällig bin?“ Sprich nicht also, o Menschenkind! Ja, du brauchst das Gebet Anderer, und brauchst es gar sehr! Höre, was Gott von den Freunden des Job sagt: „Er soll für euch beten, und es wird euch die Sünde vergeben werden.“22 Diese hatten nämlich gesündigt, wenn auch nicht schwer. Aber der nämliche Gerechte, welcher damals durch sein Gebet seine Freunde rettete, er konnte zur judäischen Zeit die Juden nicht vor dem Verderben schützen. Das wirst du begreifen, wenn du die Worte hörst, welche Gott durch den Mund des Propheten gesprochen: „Und stünden auch Noe, Job und Daniel vor mir, so würden sie ihre Söhne und Töchter nicht erretten, weil die Sünde übergroß geworden.“23 Und ein anderes Mal: „Auch wenn Moses und Samuel vor mir stünden.“24 Und, wohlgemerkt, das spricht Gott zu den beiden Propheten, nachdem beide für das Volk gebetet hatten, ohne Erhörung zu finden, und zwar zu Ezechiel, nachdem dieser gesprochen: „Ach, Herr, willst du ganz vertilgen den Rest deines Volkes Israel!“25

      Um dem Propheten zu zeigen, daß Dieß nicht ungerecht sei, und daß in der Nichterhörung seines Gebetes auch keine Mißachtung seiner Person liege, weist Gott auf die Sünden des Volkes hin, als wollte er sagen: „Dieß wird dich wohl genugsam belehren, daß der Grund, weßhalb dein Gebet nicht erhört wird, nicht etwa in Mißachtung deiner Person liegt, sondern in den Sünden des Volkes.“ Überdieß fügt Gott hinzu: „Auch wenn Noe und Job und Daniel vor mich hintreten würden.“ Und gerade dem Ezechiel sagt er Dieses besonders, weil dieser so Viel gelitten hatte. Dieser konnte sagen: „Du hießest mich auf der Düngerstätte essen, und ich aß.26 Du gebotest mir, das Haupthaar zu scheeren, und ich schor es;27 du befahlst mir, auf einer Seite zu schlafen, und ich that es;28 du verlangtest, ich solle beladen durch eine Maueröffnung gehen, und ich ging;29 du nahmst mir mein Weib und verbotest mir zu klagen,30 und ich klagte nicht, sondern ertrug es mit Geduld. Tausend andere Dinge noch habe ich ihretwegen gethan, und nun bitte ich dich für sie, und du erhörest mich nicht?“ Um nun zu zeigen, daß er nicht aus Mißachtung gegen seine Person so handle, spricht der Herr: „Wenn auch Noe, wenn Job, wenn Daniel es wäre, und sie für ihre Söhne und Töchter bitten würden, so könnte ich mich doch nicht bewegen lassen.“

      Und was spricht er zu Jeremias, der zwar weniger wegen Dessen, was Gott ihm aufgetragen, als wegen der Bosheit des Volkes zu leiden hatte? „Siehst du nicht, was diese thun?“31 „Allerdings,“ antwortet er, „handeln sie also, allein gewähre du die Bitte um meinetwillen!“ Darauf hin spricht der Herr: „Auch wenn Moses und Samuel vor mich hintreten würden;“ — Moses, der erste Gesetzgeber, der die Israeliten so oft aus Gefahren errettet, der gesagt hat: „Willst du ihnen die Sünde verzeihen, so verzeihe; wenn nicht, so vernichte auch mich!“32 Wenn also auch dieser jetzt da wäre und also spräche, auch er würde keine Erhörung finden; oder wenn es auch Samuel wäre, der auch sein Volk errettet hat, der schon von frühester Kindheit an bewundert worden. Von jenem heißt es, daß ich mit ihm wie ein Freund mit dem andern geredet habe, nicht in dunkeln Gleichnissen und Bildern, und von diesem, daß ich ihm in frühester Kindheit erschienen sei, und, durch ihn versöhnt, die verschlossene Weissagung wieder eröffnet habe; „denn das Wort (Gottes) war selten, und es gab kein deutliches Gesicht mehr.“33 Wenn also selbst diese Gerechten vor mich hinträten, sie würden Nichts ausrichten. Und doch heißt es von Noe: „Gerecht und vollkommen in seinem Geschlechte war Noe.“34 Und von Job: „Er war untadelhaft, gerecht, wahrhaftig und fürchtete Gott.“35 Und wenn nun auch diese beiden vor mir ständen und auch Daniel, den die Chaldäer sogar für einen Gott hielten, so vermöchten sie nicht, so spricht der Herr, ihre Söhne und Töchter zu erretten.

      So wir nun Dieses wissen, wollen wir weder die Fürbitten der Heiligen gering achten, noch auch unsere ganze Hoffnung auf dieselbe setzen: das Letztere, damit wir nicht gleichgiltig werden und in den Tag hineinleben, das Erstere, damit wir uns nicht eines großen Gewinnes verlustig machen. Nein, wir wollen sie anrufen, auf daß sie für uns bitten und uns beistehen, wollen uns aber auch selbst der Tugend befleißen, damit wir der Güter theilhaftig werden können, welche Denen verheißen sind, die Gott lieben, durch die Gnade und Liebe unsers Herrn Jesu Christi, dem zugleich mit dem Vater und heiligen Geiste Ehre, Preis und Herrlichkeit sei jetzt und allezeit und in Ewigkeit! Amen.

      Zweite Homilie.

       1.

      

      8. Denn von euch aus erscholl das Wort des Herren nicht nur in Macedonien und Achaia, sondern überallhin ist euer Glaube an Gott gedrungen, so daß wir nicht nöthig haben. Etwas zu sagen. 9. Denn sie selbst verkündigen von uns, welchen Eingang wir bei euch gefunden, und wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen 10. und seinen Sohn vom Himmel zu erwarten, den er von den Todten auferweckt hat, Jesum nämlich, der uns vom zukünftigen Zorne erlöst hat.

      Gleichwie eine wohlriechende Salbe ihren Duft nicht in sich verschließt, sondern ihn ausströmt und die Luft weitumher mit ihrem Wohlgeruche erfüllt, so daß Alle, welche sich in der Nähe befinden, ihn wahrnehmen, so halten edle und bewunderungswürdige Männer ihre Tugenden nicht verborgen, sondern dadurch, daß die Kunde davon sich in weiteren Kreisen verbreitet, wirken sie fördernd und bessernd auf gar viele Menschen ein. Das ist auch hier der Fall gewesen und mit Beziehung darauf sagt der Apostel: „So daß ihr Vorbilder geworden seid aller Gläubigen in Achaia und Macedonien. Denn von euch aus erscholl das Wort des Herrn nicht nur in Macedonien und Achaia, sondern überallhin ist euer Glaube an Gott gedrungen.“ Euer Fortschritt im Glauben, will der Apostel sagen, hat die ganze Umgegend mit Staunen erfüllt, eure wundervollen Thaten aber den ganzen Erdkreis. Denn das bedeutet der Ausdruck „überallhin“ . Und er sagt auch nicht: „Euer Glaube ist bekannt geworden,“ sondern er bedient sich des Ausdrucks „erschollen“ . Gleichwie nämlich von dem Schall einer gewaltigen Posaune die ganze Gegend widerhallt, so ist der Ruf von eurer Glaubensstärke, gleich einer Posaune weithinschallend, im Stande, den ganzen Erdkreis zu durchdringen und mit gleicher Stärke überall an Aller Ohren zu schlagen. Große Thaten werden an den Orten, wo sie geschehen, wohl auch laut gepriesen, in der Ferne aber weniger. Bei euch nun ist dem nicht also: euer Ruf ist mit weitem Schalle über die ganze Erde hin gedrungen. Diese Worte soll Niemand für Übertreibung halten. Denn dieses Volk der Macedonier war schon vor der Erscheinung Christi auf Erden hochberühmt und mehr noch gefeiert als selbst