Seewölfe Paket 26. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 26
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399949



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Und ein dumpfes Pochen in seinem Holzbein ließ vermuten, daß dieses Unvorhergesehene etwas mit dem Wetter zu tun hatte.

      Er warf den Männern in seiner Nähe einen Seitenblick zu. Sie unterhielten sich über belangloses Zeug – wie üblich. Sinnlos, ihnen verklaren zu wollen, daß sich etwas zusammenbraute. Sie würden es eben erst mitkriegen, wenn es soweit war.

      Old Donegal empfand sich wieder einmal voller Stolz als jemand, der in die Zukunft sehen konnte – und wenn es auch nur ein kleines Stück war.

      Minuten später wurde es auch den anderen aus dem Bund der Korsaren klar – wenngleich sie nach Old O’Flynns fester Überzeugung die Tragweite beileibe noch nicht kannten.

      Der Wind frischte auf.

      Old Donegal meinte, gleichzeitig zu spüren, daß sich auch der salzig-frische Geruch der Luft veränderte. Was da von Nordosten handiger herangefächert wurde, roch nach Unrat.

      Wiederum nach Minuten geschah etwas, was selbst den, alten O’Flynn verblüffte.

      Der Wind begann zu drehen.

      Während er noch weiter auffrischte, drehte dieser verrückte Wind doch tatsächlich unablässig – langsam und im Uhrzeigersinn. Es hatte fast den Anschein, als wollten die launischen Naturgewalten dies zu einer ständigen Einrichtung werden lassen.

      Die Gespräche der Männer verstummten. Voller Spannung spähten sie nun zur „San Jacinto“, wo der sich anbahnende Wetterumschwung mit noch größerer Aufmerksamkeit verfolgt wurde.

      Grinsend linste Old Donegal durch seinen Kieker und stellte fest, daß der verrückte Schwarzbart und seine Kerle erst einmal das Klarieren der Geschütze einstellten.

      Nervös klingende Befehlsfetzen wehten zum Strand herüber.

      Carberry schüttelte verständnislos den Kopf.

      „Diese Armleuchter haben doch wohl alle eine Planke vorm Gehirn, was, wie? Wenn ich an deren Stelle wäre, würde ich schleunigst aus den Riffs verschwinden.“

      Daß der Wind ernsthaften Verdruß bereiten würde, war inzwischen keine bloße Vermutung mehr. Er hatte von Nordosten über Osten bis nach Süden gedreht und stabilisierte sich noch immer nicht.

      „Du bist aber nicht an ihrer Stelle, Ed“, sagte Stenmark. „Anscheinend kannst du dir nicht vorstellen, zu was die Gier nach Gold einen Menschen treiben kann.“

      „Zum größten Blödsinn“, entgegnete der Profos und nickte. „Das haben wir ja oft genug erlebt. Aber begreifen kann ich’s trotzdem nicht.“

      Old Donegal lachte leise meckernd.

      „Da sieht man mal wieder, was dir so alles an Vorstellungsvermögen fehlt, Mister Carberry. Ich habe dir und den anderen oft genug gesagt, daß es zwischen Himmel und Erde …“

      „… Dinge gibt, von denen wir armseligen Menschenkinder nicht die leiseste Ahnung haben“, beteten die Männer seinen altbekannten Spruch im Chor zu Ende.

      Mit einem wütenden Ruck setzte Old Donegal sein Spektiv an und spähte auf die Bucht hinaus. Seinem Gesichtsausdruck sahen die anderen an, daß sie ihn mal wieder gernhaben konnten.

      „Das ist nicht zu fassen!“ schrie Acosta und stampfte mit dem linken Fuß auf die Achterdecksplanken, daß es krachte. „Das kann doch einfach nicht wahr sein!“

      „Ist es aber“, sagte Prado trocken. „Dieser Wind spielt verrückt.“

      Morro lief über die Kuhl auf den Steuerbordniedergang zu und meldete Vollzug. Die Männer hatten sämtliches Tuch überprüft und die Geitaue noch einmal sorgfältig festgezurrt. Es fehlte noch, daß ein etwaiger Sturm ihnen die Lappen aus dem Gei fetzte und zerriß. Bei der Nachlässigkeit der Kerle wäre auch so etwas kein Wunder gewesen. Daran zweifelte Acosta nicht.

      „Und was jetzt?“ fragte der Dürre vom Niedergang her. „Nehmen wir die Halunken am Strand jetzt endlich unter Feuer?“

      Acosta benagte seine Unterlippe und suchte nach einer Antwort. Der Wind drehte noch immer und wehte jetzt aus südwestlichen Richtungen. Die „San Jacinto“ schwojte beträchtlich an der langen Ankertrosse. Auf die Dauer war das kein Zustand. Wenn der verdammte Wind so weiterdrehte, konnten sie bald die Backbordgeschütze verwenden, ohne daß sie dafür selbst ein Manöver durchführen mußten.

      Prado erlöste den Schwarzbärtigen von seiner Antwortsuche.

      „He, he, seht euch das mal an!“ rief der Bootsmann von der Heckbalustrade her.

      Acosta folgte der Aufforderung bereitwillig. Morro enterte auf und lief ihm nach wie ein hechelnder Hund.

      Der Wind hatte mittlerweile bis fast nach Westen gedreht und noch mehr aufgefrischt.

      Was Prado in Aufregung versetzte, sahen Acosta und der Dürre, ohne zweimal hinschauen zu müssen. Zum Greifen nahe ragten scharfkantige Riff-Formationen aus dem schäumenden Wasser. Das Achterschiff war einer Grundberührung gefährlich nahe. Wie es aussah, war es nur noch eine Frage der Zeit, wann die „San Jacinto“ mit dem Heck aufbrummte.

      Damit war das Beschießen des Strandes vorerst in weite Ferne gerückt. Das sah auch Morro ein.

      Acosta scheuchte die Kerle an das Ankerspill, und das seewärtige Verwarpen ging einigermaßen zügig vonstatten. Das mußte er zugeben, obwohl ihm vor Nervosität die Haarwurzeln kribbelten. Er verfluchte die Goldräuber dafür, daß er jetzt ohne einen zweiten Buganker auskommen mußte.

      Angesichts der Schaumkronen auf den heranrollenden Wogen und der zunehmend düsteren Färbung der See war jedoch das Schlimmste zu befürchten. Prado und Morro teilten Acostas Meinung, daß sie ohne einen zweiten Anker in zu große Gefahr gerieten. Deshalb gab es nur eine einzige Lösung, die eigene Sicherheit auszubauen.

      Alle Hände wurden eingesetzt, um den Heckanker an Deck zu hieven. Verglichen mit der anschließenden Plackerei war das noch eine beinahe leichte Übung. Den Kerlen lief der Schweiß in Strömen über die Gesichter, als sie den schweren Stockanker über Poop, Kuhl und Back nach vorn schleppten und ihn schließlich an Backbord mittels einer neu angeschlagenen Trosse abfierten.

      Drei Mann hatten unterdessen das Floß besetzt und nahmen den Anker in Empfang. Der Wrigger hatte höllische Mühe, das plumpe Wasserfahrzeug überhaupt in Bewegung zu bringen. Die beiden anderen unterstützten ihn mit Riemen, die sie etwa mittschiffs in behelfsmäßigen Dollen führten. Dennoch erreichte das Floß mit seiner schweren Last nur behäbige Fahrt, die Wellen spülten immer wieder über die tiefliegenden Rundhölzer hinweg.

      Acosta und die anderen beobachteten, wie sich die Floßbesatzung Yard um Yard buchstäblich erkämpfen mußte. Der Wind war ihr größter Gegner, und die Zeit verrann rasend schnell.

      Als es endlich gelungen war, den zweiten Anker in passabler Entfernung auszubringen, brach bereits die Dämmerung herein. Triefend naß und keuchend kehrten die Kerle vom Floß an Bord zurück. Acosta ließ die Laternen anzünden und Extrarationen Rum ausgeben. Der Wind heulte um das Schiff und ließ die Wogen in entnervendem Rhythmus gegen die Außenbeplankung klatschen.

      Irgendwann, in der Behaglichkeit der Kapitänskammer, dachte Acosta daran, daß die seemännische Vernunft eigentlich geboten hätte, ankerauf zu gehen und sich von dieser gefährlichen Riffküste freizukreuzen.

      Aber an erster Stelle stand das Gold. Der Schwarzbärtige war überzeugt, daß man in einem solchen Fall nicht nur mit Vernunftmaßstäben handeln konnte.

      Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, dachte er siegesgewiß.

      Auch nach Einbruch der Dunkelheit ließ der Wind nicht nach, sondern legte eher noch etwas zu.

      Ungefährdet hatten der Kutscher und die Zwillinge über die Jakobsleiter in die Felsengrotte auf entern und Verpflegung herbeischaffen können. Zum Hinunterspülen von Hartbrot, Pökelfleisch und gedörrten Früchten gab es spanischen Rotwein aus handlichen Fässern.

      Old Donegal hatte die Männer hinter einem der größeren Uferfelsen zusammengerufen,