Seewölfe Paket 26. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 26
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399949



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Bootsmann mit einer heftigen Handbewegung. Er hatte sich in Eifer geredet. „Wir liegen mit der Galeone an der neuen Position, das heißt, auch in Musketenreichweite. Ob Zufallstreffer oder nicht – wir müssen dann dauernd damit rechnen, daß uns Blei um die Ohren fliegt.“

      Morro schüttelte den Kopf.

      „Dann setzen wir eben auch Musketenschützen ein.“

      „Wo willst du denn so viele Leute hernehmen? Wir brauchen eine Geschützbedienung, normalerweise mindestens zwei Mann für jede Kanone. Dann vier Mann für das Floß. Macht zwölf. Bleiben nur noch drei Mann und unser Kapitän.“

      Beide warfen einen Seitenblick zu Acosta, der die Kuppen der gespreizten Finger aneinandergelegt hatte und interessiert zuhörte.

      „Na und?“ sagte der Dürre brummend. „Das reicht doch für die Musketen, oder?“

      „Dann haben wir niemanden mehr für das Schiff!“ schrie Prado unbeherrscht. „Und für Unvorhergesehenes erst recht nicht.“

      „Ruhig Blut, Señores, ruhig Blut“, mahnte der Schwarzbärtige mit einer dämpfenden Handbewegung. „Vorläufig sind das alles noch ungefangene Fische. Ich meine, wir sollten zunächst einmal die Position einnehmen, die unsere Floßbesatzung entdeckt hat. Daß wir mit Musketenschüssen rechnen müssen, wissen wir. Wir werden entsprechend vorsichtig sein. Andererseits glaube ich nicht, daß die Bastarde ihre Munition sinnlos verschwenden. Die wissen doch genauso wie wir, daß sie mit Zufallstreffern kaum etwas ausrichten können.“

      „Und unsere Kanonen?“ wandte Prado ein. „Wenn sie nun nicht ausreichen, um die Insel sturmreif zu schießen?“

      Acosta tat, als überlege er.

      „Wir werden unsere Floßbesatzung nicht sofort losschicken“, sagte er schließlich. „Erst mal erproben wir die Wirkung der Geschütze. Erst wenn wir wissen, mit welcher Taktik wir die Bastarde am besten in Schach halten, wird unser Landetrupp in Marsch gesetzt.“

      Prado zog anerkennend die Augenbrauen hoch.

      „Sehr gut. Bist du bereit, das Ganze auch abzublasen, wenn sich herausstellt, daß es keinen Zweck hat?“

      „Natürlich“, erwiderte der Schwarzbärtige sofort. „Dann müssen wir uns eben etwas anderes einfallen lassen. Wer einen vernünftigen Vorschlag hat, soll sich bei mir melden. Gebt das an die Männer weiter.“

      Der Bootsmann und sein dürrer Gefährte nickten beeindruckt.

      „Ich denke“, sagte Prado, „so kriegen wir es hin.“

      „Müßte mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht klappt“, fügte Morro hinzu.

      „Den Teufel laßt lieber aus dem Spiel“, sagte Acosta und füllte die Becher noch einmal zur Hälfte mit Rum. „Der verflixte Kerl könnte sonst noch auf die Idee verfallen, uns einen Streich zu spielen.“

      Die Männer prosteten sich zu und lachten. Es klang eine Spur übertrieben, mit einem deutlichen Hauch von Unbehagen angereichert. Völlig abwegig, den Eindruck hatten sie alle drei, war die Furcht vor dem Teufel nicht.

      Indessen wußten sie nur zu gut, daß ihr Vorhaben noch eine Menge Unwägbarkeiten in sich barg. Das hing auch mit der Tatsache zusammen, daß die Kerle auf der Insel ziemlich gewiefte Burschen waren, die sich nicht so leicht überrumpeln lassen würden.

      Mit Schaudern dachten Acosta und seine beiden neuen Vertrauten daran zurück, wie ihnen nachts die Beiboote gestohlen und die Ankertrosse gekappt worden war. So etwas durfte nicht noch einmal passieren. Nein, wer auch immer zur Ankerwache eingeteilt wurde, er würde es sich nicht erlauben, während seiner Wache sanft zu schlummern.

      Das abschreckende Beispiel der standrechtlichen Erschießung hatten alle noch in bester Erinnerung. Und schließlich, so sagte sich Acosta, brauchten sie nicht zu wissen, daß er sich hüten würde; ein weiteres Mannschaftsmitglied ohne triftigen Grund zu erschießen.

      Nachdem sie ihre Rumbecher geleert hatten, begaben sie sich gemeinsam an Deck. Acosta erteilte den Männern Order, sich im Halbkreis zu versammeln. In einer salbungsvollen Ansprache ließ er die Kerle wissen, auf welchen Entschluß sich die „Schiffsführung“ geeinigt habe.

      Prado und Morro, die sich nicht zuletzt dank des Rums zu durchaus freundschaftlichen Gefühlen für Acosta durchgerungen hatten, nickten zu jedem Satz beipflichtend.

      Der Schwarzbärtige nahm es mit stiller Freude zur Kenntnis. Seine Taktik hatte sich als richtig erwiesen. Andererseits war er sich darüber klar, daß man bei Burschen wie Prado und Morro jederzeit mit einem Stimmungsumschwung rechnen mußte.

      Im Augenblick aber bestimmte allein die Goldgier ihr gemeinsames Handeln. Acosta begab sich auf das Achterdeck und beobachtete zufrieden, wie Prado und Morro die Männer einteilten. Dann übernahm der Bootsmann das Ruder, während sich Morro an der vorderen Balustrade der Back postierte, um ihm mit Handzeichen genaue Anweisungen für den richtigen Kurs zu geben.

      Lediglich mit dem Focksegel tastete sich die „San Jacinto“ der Stelle entgegen, die von der Floßmannschaft mit der Boje markiert worden war. Der Nordostenwind wehte mit mäßiger Kraft, was der Behutsamkeit der Männer an Bord der Galeone sehr entgegenkam.

      Acosta behielt mit dem Spektiv nahezu ununterbrochen den Strand im Auge. Zwar rührte sich dort nichts, aber er war dennoch überzeugt, daß ihn die Bastarde genauso aufmerksam beäugten wie er sie.

      Schließlich bargen die Männer das Tuch. Der Steuerbord-Buganker rauschte auf Tiefe und faßte sofort – vermutlich irgendwo in einer bizarren Korallenformation. Acosta dachte an den Backbordanker, der irgendwo in der Nähe des bisherigen Liegeplatzes für immer auf Grund bleiben würde. Die verfluchten Goldräuber waren dafür verantwortlich. Noch einmal sollte ihnen so etwas nicht gelingen.

      Er ließ das Spektiv sinken, klemmte es unter den Arm und rieb sich voller Vorfreude die Hände. Gleich würde es den Bastarden an den Kragen gehen. Dann sollten sie zum ersten Male die Sprache der Bordgeschütze verstehen lernen.

      Acosta konnte nicht ahnen, daß ihm erneut ein Strich durch die Rechnung gemacht werden sollte – diesmal allerdings nicht von den Goldräubern, sondern von einer Macht, auf die niemand Einfluß hatte.

       4.

      Die Naturgewalten hatten sich zu einem launischen Spiel entschlossen.

      Dieser Meinung war jedenfalls Old Donegal Daniel O’Flynn, als er sah, was kurz nach der Mittagsstunde geschah. Carberry und die anderen waren nicht weniger entgeistert, aber der alte O’Flynn verzichtete darauf, ihnen seine Mutmaßungen mitzuteilen. Natürlich würden sie wieder herumalbern, wenn er ihnen seine Theorien über das Eigenleben gewisser Mächte auseinandersetzte, die sich außerhalb menschlicher Kontrolle befanden.

      Zunächst war es eine kaum merkliche Veränderung.

      Old Donegal beobachtete Plymmie, die dösend bei den Zwillingen hinter der Felsendeckung lag. Ohne erkennbaren Grund hob die Wolfshündin plötzlich den Kopf und schnupperte. Dabei blähte sie die Nasenflügel, und es sah aus, als hätte sie eine Witterung aufgenommen. Doch weder auf der Wasserfläche der Bucht noch am Strand gab es irgend etwas Erkennbares, was sich dem Versteck der Männer genähert hätte.

      Dem alten O’Flynn fiel indessen auf, daß sich die Hündin nicht wieder zur Ruhe bettete. Sie richtete sich auf und strich mit sichtlicher Unruhe um die Zwillinge herum.

      „Platz, Plymmie!“ rief Hasard junior halblaut.

      „Sonst fängst du noch eine verirrte Kugel ein“, sagte Philip, „zuzutrauen ist den Dons alles.“

      Old Donegal grinste. Die Jungen wußten schon verdammt gut, auf was es ankam. Er war überzeugt, daß sie Sir John bei ihrem kurzen Aufenthalt in der Felsengrotte befreit hatten. Aber es spielte keine Rolle mehr. Sein Groll war geschwunden, nachdem sich die Fronten geklärt hatten. Mit dem Versteckspiel war es seit diesem Morgen ohnehin vorbei.

      Die