Название | Der blaue Strand |
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Автор произведения | Erik Eriksson |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944369112 |
Schau mal, siehst du den kleinen Vogel mit der Goldkrone.
Oh, das sind ja mehrere hundert Goldvögel, die zwitschern.
Und da, die reitenden Indianer mit all den Federn.
Und ganz vorne reitet eine kleine Prinzessin.
Ja, und der Silberfluss da, der vom Himmel kommt.
Aber hast du das gesehen, ein ganzer See mit Limonade aus Walderdbeeren.
Und fliegende Kälber und kleine Hasen mit Flügeln.
Und frisch gebackene Hefeteilchen in großen Haufen.
Von denen man nehmen darf, so viel man will.
Und tausend Geigen, die spielen, und tausend kleine Trommeln.
So machten sie weiter, zeigten und sperrten Mund und Nase auf über all das Merkwürdige, hoben die Augenbrauen und waren so verwundert und überrascht. Aber dann wurden sie plötzlich still, saßen nur da und sahen einander an.
Keinem fiel mehr etwas zu sagen ein. Was war eigentlich geschehen? Sie waren zusammen davongeflogen, sie hatten auf dieselbe Weise gefühlt und erlebt.
Als Josef gegangen war, dachte Kristina, dass er gerne ihr Bruder sein durfte. Er war zehn Jahre alt, sie war zwölf Jahre älter. Der Altersunterschied hatte keine Bedeutung. Ob sie denselben Vater hatten, wusste sie nicht, aber so musste es sein, einen Bruder zu haben. Dessen war sie sich sicher.
An diesem Abend ging sie nach Skatudden. Sie nahm den Weg durch den Wald und dann zum Ufer hinunter. Zwischen zwei Felsplatten gab es einen kleinen Strand mit runden hellblauen Steinen. Jetzt waren sie feucht und glänzten im Licht. Ein Stück weiter gab es einen ähnlichen Strand, aber dort waren die Steine schwach rosa. Sie schimmerten ebenfalls in dem leichten Licht. Eine dünne Wolkenschicht über der Küste dämpfte die Strahlen der Sonne.
Kristina ging weiter bis zur höchsten Klippe bei Skatudden. Dort blieb sie stehen. Der Horizont trat deutlich hervor. Weit drüben im Osten konnte sie die Felseninseln bei Signilskär erkennen. Noch weiter weg erahnte sie die große Landfläche Ålands als eine dunkle Linie.
Ein dünner Streifen schwarzen Rauchs lag im Nordosten über dem Horizont. War das eines der englischen Kriegsschiffe?
Kristina konnte nicht wissen, welches Schiff es war, das sich unter dem schwarzen Rauch verbarg, aber es konnte ja die Hecla sein.
Sie entschied, dass es die Hecla war. Und gerade in diesem Moment war sie es, die die Entscheidungen traf, weil alles möglich war.
Von den Männern an Bord der Hecla kannte sie drei: ihren Vater, Adler und Robert. Jetzt war es Roberts Gesicht, das sie sah; die beiden anderen verblassten und verschwanden. Robert trat hervor, er lächelte sie an und vielleicht dachte er gerade jetzt an sie; es fühlte sich so an.
Konnten Gedanken und Sehnsucht zwei Menschen vereinen? War es so, dass zwei Menschen, die sich beide stark sehnten, gleich dachten? Kamen ihnen ihre Gedanken gleichzeitig?
Kristina fühlte, dass es bestimmt so war. Das Meer lag zwischen ihnen, aber das Meer stellte keine Hindernisse dar. Es war nur reine blaue Oberfläche, die die Gedanken losfliegen ließ.
Kristina stand immer noch da. Die schwache Rauchfahne bewegte sich sehr langsam. Das Schiff war nicht zu sehen, nur der Rauch. Aber Kristinas Gedanken waren so stark, sie hatten weit dort draußen Halt gefunden. Es war eine ganz neue Gewissheit, die sie erlangte.
Neue Düfte
Das warme, stille Sommerwetter hielt an. Der Juni ging in seine dritte Woche. Die Hecla war eines der kleineren englischen Schiffe, die nach Norden gesandt worden waren, um Häfen an der finnischen Küste anzugreifen. Ein paar der Schiffe fuhren weit in die Bottenwiek hinauf, nach Tornio und Kemi, aber die Hecla blieb im Fahrwasser nördlich von Åland liegen, hielt Frachtsegler an und schleppte sie zu einer Sammelstelle; einige wurden versenkt. Dann nahm die Hecla wieder die Bewachung des Küstenabschnitts zwischen Pori und Naantali auf.
Die Nächte waren warm und hell. Die englischen Seemänner hatten noch nie den nordischen Hochsommer erlebt und wunderten sich über die Nacht, die niemals kam, nur eine kurze Zeit der leichten Dämmerung und dann ein neuer Morgen.
Der Krieg war hier fremd und unwirklich. Oft saßen die Männer an Deck und unterhielten sich bis nach Mitternacht, obwohl sie Freiwache hatten und schlafen sollten. Aber die Nacht war so merkwürdig dünn und lieblich und auf dem unteren Deck, wo die Mannschaft schlief, war es stickig und muffig.
Ganz unten im Schiff war die große Hitze, im Kesselraum, wo die Luft kochend heiß und dick vor Kohlenstaub war. Das Licht war schwach, eine Öllampe und dazu der rote Schein der Kohlenfeuer.
Mitten in der hellen Sommernacht konnte ein Heizer sich manchmal mühsam die Leiter auf das obere Deck hochziehen, nach draußen stolpern und umfallen, mit ausgestreckten Armen auf dem Rücken liegen bleiben, wie gekreuzigt von der kräftezehrenden Schufterei, keuchend und hustend. Und wenn er noch die Kraft hatte, den Kopf zur Seite zu drehen und auszuspucken, so war es nie Speichel, der herauskam, sondern zäher schwarzer Schleim.
Robert Blackstone war noch nie zuvor in der Nähe eines Dampfkessels gewesen. Jetzt wurde er jeden Morgen um vier Uhr hinuntergeschickt. Dann begann seine Wache und eine seiner Aufgaben bestand darin, einen Eimer Kohlen für die Kombüse nach oben zu holen und für die Köche Feuer im Herd zu machen.
Es kam vor, dass Robert dort unten warten musste. Die Heizer waren vielleicht damit beschäftigt, Schlacke auszukratzen. Diejenigen, die die Kohle herbeischaufelten, standen oben in den Kohlebunkern. Robert ließ sich nieder und schon nach einer kleinen Weile spürte er die Hitze und den Druck auf der Brust. Das Herz schlug schneller und die Angst kam.
Dann bekam er seinen Eimer mit Steinkohle gefüllt, kletterte nach oben und traf auf die befreiende, frische Meeresluft. Er dachte, dass er es niemals aushalten würde, dort unten zu arbeiten.
Aber wenn er dazu gezwungen wäre? Wenn er als Kohlentrimmer abkommandiert würde?
Und doch gab es noch schlimmere Orte. Er hatte von dem Loch gehört, einer der vielen möglichen Bestrafungen an Bord. Der Unglückliche, der einen Fehler beging oder der schlechten Laune eines Offiziers ausgesetzt war, konnte in den Kielraum unter dem Boden des Schiffes abgesenkt werden, in die Dunkelheit, wo die Höhe nur gut einen Meter betrug. Man musste in die Schmiere kriechen, eine Mischung aus Kohlenstaub, Salzwasser, Urin und Exkrementen, die heruntergelaufen und zusammengeklebt waren, den Gestank des Alters angenommen hatten und ein Heim für Würmer und Ratten boten.
Wie lange konnte man es im Loch aushalten? Robert hatte von jemandem gehört, der einen Tag und eine Nacht dort gewesen und ganz verändert herausgekommen war, still und zitternd, und der als unbrauchbar an Land gesetzt wurde.
Die Sommernacht war das Gegenteil des Lochs; es war wie Himmel und Hölle. Schon der Weg vom Kesselraum hinauf auf Deck reichte Robert. Jedes Mal, wenn er mit dem Kohleneimer an die frische Luft kam, erlebte er Befreiung und Freude. Und er spürte eine starke Sehnsucht, wenn er hinauf an Deck kam. Das Licht und der Meereswind weckten seine Sehnsucht. Die schwachen Düfte vom Land, die weit auf das Wasser hinausreichten, ließen ihn träumen und an das Mädchen denken, das er nicht vergessen konnte.
Mitten auf dem Meer konnte es nach Wald duften, nach Wiese und Beeren. Diese merkwürdigen Düfte kamen plötzlich und schienen in schwachen Schichten über dem Wasser zu liegen. Ihm kam der Gedanke, dass sie wie unsichtbare Ströme in der Luft herumflossen.
Noch wusste er nicht viel über das Meer und das Wasser. Zum ersten Mal war er den Wasserweiten vor der englischen Küste begegnet, in der Nordsee, und dann später den hellen schwedischen Meeren. Er hatte diese Meere mit offenen, neugierigen Augen betrachtet. Es war für ihn etwas Neues und Unfassbares. Kristina und das Wasser des hellen Sommers gehörten zusammen.
Mehrere Tage lang fuhr die Hecla ausschließlich mit Maschinenkraft. Der Wind war viel zu schwach, die Segel zu setzen wäre zwecklos gewesen. Für zehn Tage sollte der Kohlenvorrat des Schiffs reichen, wenn die Maschine