Jungsteinzeit. Silviane Scharl

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Название Jungsteinzeit
Автор произведения Silviane Scharl
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783170367425



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Nakano B. Im Lauf der nachfolgenden Jahrtausende lässt sich schließlich eine Vergrößerung der Samen um mehr als 20 % beobachten, die auf deren bewusste Selektion hinweist. Ein Exemplar, das aufgrund des Fundkontextes in das mittlere Jomon (4. Jahrtausend–Mitte 3. Jahrtausend v. Chr.) datiert, weist bereits die Größe kultivierter Arten auf33. Auch für eine der zahlreichen Sojabohnenarten, deren Wildform in Japan heimisch ist, wird aufgrund einer zu beobachtenden Vergrößerung der Frucht eine unabhängige Domestikation vor ca. 4 000 Jahren diskutiert34. Dieser frühe Pflanzenanbau läuft im Kontext einer sesshaften Lebensweise ab, wie die archäologischen Nachweise von Hausbau, Keramikproduktion, Vorratshaltung und Mahlsteinen deutlich zeigen35. Haustiere wurden ähnlich wie Nassreis und diverse Getreidearten von außen eingeführt (z. B. Schwein oder Huhn um 500–300 v. Chr.). Für das Schwein wird jedoch diskutiert, ob eine lokale Domestikation von Wildschweinen stattgefunden haben könnte – letztgültige Belege fehlen derzeit. Erst während der Kofun-Zeit (300–710 n. Chr.) kommen Hausrind sowie Hauspferd hinzu36.

      Neuguinea

      Bereits in den 1930er-Jahren vermuteten einzelne Botaniker und Archäologen, dass Neuguinea wie auch andere Teile Südostasiens aufgrund der Diversität der dort natürlich vorkommenden Wurzel- und Knollenpflanzen zu den globalen Erstdomestikationsgebieten gehörten. Die Belege dafür fehlten jedoch lange Zeit, was u. a. darauf zurückzuführen ist, dass sich im tropischen Klima Samen und Früchte kaum bis gar nicht erhalten37. Forschungsarbeiten der letzten Jahrzehnte lassen nun jedoch konkretere Aussagen zu. Die bestuntersuchte Region ist dabei das Obere Wahgi Tal mit dem Fundort Kuk Swamp im Hochland von Neuguinea. Dort konnte ein schrittweiser Domestikationsprozess dokumentiert werden. Zwischen 8000 und 4600 v. Chr. lässt sich eine durch den Menschen verursachte oder zumindest beeinflusste Entwaldung und die Ausbreitung von Grasland beobachten. Dies beförderte das Wachstum niedrig wachsender Pflanzen wie Banane und könnte auf ein gezieltes »Management« der Landschaft hindeuten38. Um 8000 v. Chr. wurden zudem Taro- und Yams-Pflanzen im Hochland (Kuk Swamp) genutzt. Da das natürliche Habitat von Banane und Taro im Tiefland liegt, ist denkbar, dass diese Pflanzen bewusst ins Hochland verpflanzt worden sind. Dies spiegeln eine erste Zeit intensiver Nutzung der in Neuguinea natürlich vorkommenden Pflanzen wider sowie eine erste Kultivierung am Rand der Feuchtböden. In einer zweiten Phase (um 4600 v. Chr.) wurden künstliche Hügel errichtet, auf denen Pflanzen kultiviert wurden. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten Belege für geschliffene Steingeräte, die zur gut dokumentierten massiven Entwaldung gedient haben könnten. Da sich zudem die Anzeichen für Feuereinsatz zur Waldreduktion mehren, könnte in dieser Zeit bereits Brandfeldbau (swidden cultivation) eine Rolle gespielt haben. In einer dritten Phase (2350–1980 v. Chr.) lassen sich schließlich Feldsysteme fassen, die durch die Anlage von Gräben gekennzeichnet sind. Diese dienten der Entwässerung und damit der zusätzlichen Nutzbarmachung von landwirtschaftlichen Flächen in Feuchtbodenarealen. Hierzu gehören auch die ältesten Belege für hölzerne Spaten und erste Anzeichen einer sesshaften Lebensweise39.

      Indischer Subkontinent

      Die Anfänge der Nahrungsmittelproduktion auf dem Indischen Subkontinent basieren sowohl auf der Domestikation einheimischer Arten als auch auf der Einführung exogener Arten aus benachbarten Erstdomestikationszentren wie Ostasien oder dem Vorderen Orient. Grundsätzlich ist diese Region durch eine hohe Biodiversität an Pflanzen gekennzeichnet, die vor allem diverse Getreide- und Hülsenfruchtarten einschließt. Diese bilden die Basis für die Domestikation einer Reihe von Kulturpflanzen. So wird diskutiert, ob Mungobohne, Pferdebohne sowie Braunhirse und »Quirlige Borstenhirse« im südlichen Zentralindien (Dekkan) im 2. Jahrtausend v. Chr. domestiziert wurden. Eindeutige morphologische Merkmale, die dies belegen könnten, fehlen jedoch bislang. Auffällig ist lediglich ihr häufiges Auftreten in z. T. hohen Anteilen sowie ihr gemeinsames Auftreten mit exogenen domestizierten Arten wie Weizen und Gerste. Daher wird diskutiert, ob die Einführung von Domestikaten wie Getreide, aber auch Schaf, Ziege und Rind (letztere erstmals zwischen 3000 und 2600 v. Chr. belegt) die Domestikation lokaler Arten angestoßen haben könnte. Ähnlich wird für die Domestikation von Reis (oryza indica) im Gangesdelta argumentiert, wo Domestikationsmerkmale für Oryza sativa indica erst fassbar werden, als Oryza sativa japonica aus China über Nordindien auf den Subkontinent gelangte und Hybridisierungsprozesse vermutlich den Anstoß für eine letztgültige Domestikation gegeben haben. Eine intensive Nutzung von Reis lässt sich bereits für das 9. Jahrtausend v. Chr. belegen, der Anbau von domestiziertem Reis erst für das 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. – mit den ältesten Nachweisen (vor 2400 v. Chr.) aus dem mittleren Gangestal. Eine ebenfalls durch äußere Einflüsse angestoßene Domestikation könnte die der Straucherbse im Raum Orissa im östlichen Indien gewesen sein. Die ältesten Belege für diese nahöstlichen Einflüsse datieren an das Ende des 8. Jahrtausends und in das frühe 7. Jahrtausend v. Chr. und kommen aus dem Gebiet des heutigen Pakistan. Am Fundort Mehrgarh ist der Anbau von Einkorn, Emmer und Gerste belegt sowie die Haltung von Ziegen – Arten, die aus dem Vorderen Orient eingeführt wurden. Nur für das Zebu-Rind wird eine lokale Domestikation im Bereich des Industales fassbar, die etwas um 6000 v. Chr. datiert. In den nachfolgenden Jahrtausenden kommen zudem Sesam und Wasserbüffel hinzu. All diese Prozesse scheinen im Kontext mobiler Wildbeutergruppen stattgefunden zu haben, während eine sesshafte Lebensweise erst im späten 3. bzw. frühen 2. Jahrtausend v. Chr. fassbar wird40.

      Afrika

      Auf dem afrikanischen Kontinent finden sich mehrere Regionen, die als Erstdomestikationszentren von Kulturpflanzen betrachtet werden. So wurden im Bereich der westafrikanischen Sahara und der Sahelzone die Perlhirse (zweiten Hälfte 3. Jahrtausend v. Chr.) und wahrscheinlich auch die Wassermelone (um 2000 v. Chr.) domestiziert. In der westafrikanischen Savanne waren es Foniohirse (400/500 n. Chr.), Afrikanischer Reis (ab ca. 500 v. Chr.), die Kuhbohne (ca. 1700 v. Chr.), die Bambara-Erdnuss (ca. 500 v. Chr.) und der Baobab Baum (ca. 1000 v. Chr.). Entlang der Regenwaldgebiete der westafrikanischen Küste zählten Yams, Ölpalme (spätestens ab 1500 v. Chr.) sowie Kolanuss zu den domestizierten Pflanzenarten. In der Savannenregion des östlichen Sudan wurden wahrscheinlich Sorghumhirse (ca. 500 v. Chr.) und möglicherweise auch die sog. Helmbohne (Ägyptische Bohne; erst um/nach Christi Geburt) domestiziert. Aus dem äthiopischen Hochland stammen Kaffee, Ensete und T’ef (ca. 500 v. Chr.)41.

      Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Anfänge der Nahrungsmittelproduktion in Afrika eng mit der Haltung von Haustieren verknüpft waren, insbesondere dem Rind. Während Schaf, Ziege, Schwein und Esel aus dem Vorderen Orient stammen und eingeführt wurden, wird für das Rind diskutiert, ob es einen genetischen Ursprung in Nordostafrika hat. Ausgangspunkt dieser Annahme waren Knochenfunde von großen Rindern in der Region um Nabta Playa und Bir Kiseiba im heutigen Ägypten, die von den Ausgräbern (Fred Wendorf/Romuald Schild) auf ein Alter von 10 000 Jahren datiert und als domestiziert angesprochen wurden mit dem Argument, dass größere Wildtiere in den dort vorgefundenen naturräumlichen Bedingungen nicht ohne menschliche Einflussnahme überlebt hätten. Dies ist jedoch umstritten, auch weil die Größen der dokumentierten Individuen durchaus im Bereich von Auerochsen liegen. Zudem deuten genetische Analysen an afrikanischen Rindern darauf hin, dass ihr Ursprung in Südwestasien liegt. Allerdings wird auch diskutiert, ob es kurz nach Ankunft dieses Haustieres in Afrika zur Einkreuzung einheimischer Rinder kam, da kleinere Unterschiede in den genetischen Signaturen zwischen nahöstlichen und afrikanischen Rindern fassbar sind. Für Schaf (Ende 5. Jahrtausend v. Chr.), Ziege (ab ca. 5000 v. Chr.), Schwein und Esel (Ende 4. bzw. erste Hälfte 3. Jahrtausend v. Chr.) ist ihr nahöstlicher Ursprung hingegen unumstritten. Später kommen Huhn und Dromedar hinzu (1. Jahrtausend n. Chr.). Erstgenanntes stammt aus dem asiatischen Raum, während das Dromedar auf der arabischen Halbinsel domestiziert wurde. Das Perlhuhn wurde hingegen in Afrika, wahrscheinlich dem Sahel, domestiziert (vermutlich 1. Jahrtausend n. Chr.). Und schließlich gelangten über das Horn von Afrika Zebu-Rinder von Indien auf den afrikanischen Kontinent42.

      Insbesondere im Bereich der Sahara und des Sahel bildete sich bereits früh eine spezielle Form der Landwirtschaft heraus, der Agropastoralismus. Dies geschah in einer Zeit, als die Sahara noch eine fruchtbare Savannenlandschaft war (sog. »Grüne Sahara«). Die