Bewegungen, die heilen. Harald Blomberg

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Название Bewegungen, die heilen
Автор произведения Harald Blomberg
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783954841400



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veranschaulichten. Das nun vorliegende Buch ist eine aktualisierte Fassung, in der die zivilisatorisch bedingten Ursachen nicht nur bei Autismus, sondern auch bei Aufmerksamkeits- und Lernproblemen stärker betont werden. Ich habe das Kapitel über Autismus ganz neu geschrieben und ergänzende Abschnitte über wichtige Reflexe hinzugefügt.

      KAPITEL 1

      Die traditionelle Behandlung von ADHS

      Kinder, die überaktiv, unaufmerksam und leicht ablenkbar sind, nicht lange bei einer Sache bleiben können oder Probleme damit haben, ihre Aktivitäten zu organisieren und ihre Impulse zu kontrollieren, gelten als „ADHS-Kinder“: Sie leiden unter dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom.

      In den USA werden die Verhaltensmerkmale von Hyperaktivität bereits seit Langem mit zentral wirksamen Stimulanzien behandelt. Das sind Betäubungsmittel mit hohem Suchtpotenzial (die also leicht süchtig machen können), etwa Ritalin und Amphetamine, die seit mehr als 50 Jahren zur Behandlung von Kindern mit Verhaltensstörungen eingesetzt werden. In den 1990er-Jahren verzehnfachte sich die Produktion von Ritalin und nach gegenwärtigen Schätzungen werden 7 bis 10 Prozent der amerikanischen Kinder, vorwiegend Jungen, damit oder mit anderen zentral wirksamen Stimulanzien „behandelt“. Auch lassen sich im Laufe der letzten Jahre immer mehr Erwachsene mit zentral wirksamen Stimulanzien behandeln. Zwischen 2000 und 2004 – so besagt eine Statistik – ist der Umsatz mit diesen Substanzen von 759 Millionen auf 3,1 Milliarden Dollar gestiegen.1

      Zentral wirksame Stimulanzien – das konventionelle Mittel der Wahl

      Hinter dieser Entwicklung stecken hauptsächlich die großen Pharmakonzerne, die diese Medikamente verkaufen, und das American National Institute for Mental Health [NIMH; zu Deutsch etwa: Staatliches amerikanisches Institut für geistige Gesundheit]. Das NIMH wird von Psychiatern geleitet, die entschiedene Befürworter der Behandlung von hyperaktiven Kindern mit zentral wirksamen Stimulanzien sind.

      Zu den Aufgaben des NIMH gehört unter anderem die Verteilung von Forschungsgeldern. Laut einem Artikel in US News & World Report hat das NIMH seine Studien fast ausschließlich auf die Gehirnforschung und die genetische Untermauerung psychischer Krankheiten konzentriert. Die Neuordnung der Forschungsschwerpunkte sei sowohl eine wissenschaftliche als auch eine politische Entscheidung gewesen.2

      Der amerikanische Psychiater Peter Breggin, ein erklärter Kritiker der zunehmenden Praxis des Verschreibens von Stimulanzien für Kinder, sagt, das NIMH habe viele Millionen Dollar für Forschung an zentral wirksamen Stimulanzien bewilligt. Fast das gesamte Geld sei an unermüdliche Befürworter von Ritalin gegangen, die Kritiker hätten keines bekommen.

      Die Theorie von ADHS als biologischer Störung – von amerikanischen Psychiatern widerlegt

      Im Jahre 1998 organisierte das NIMH eine „Konsens-Konferenz“ mit dem offensichtlichen Ziel, dass ADHS als genetisch determinierte biologische Störung anerkannt werden sollte. Bei dieser Konferenz wurde ein Beitrag zur Prüfung der gesamten Bandbreite der Berichte über Gehirnscans vorgelegt, die angeblich für eine biologische Basis von ADHS sprachen. In diesen Gehirnscan-Studien wurde behauptet, dass in bestimmten Gehirnarealen von Kindern mit ADHS-Diagnose Anomalien gefunden worden seien. In vielen dieser Studien waren solche Kinder jedoch mit Stimulanzien behandelt worden. Und keine dieser Studien konnte den Nachweis dafür erbringen, dass sie ausschließlich mit ADHS-Kindern gemacht worden war, die keine zentral wirksamen Stimulanzien erhalten hatten.3

      Demzufolge waren die Unterschiede zwischen den Gehirnen normaler Kinder und denen der Kinder mit ADHS-Diagnose mit größter Wahrscheinlichkeit auf die Wirkung der Medikation zurückzuführen, die dafür bekannt war, dass sie zumindest bei Affen Schädigungen in den fraglichen Gehirnarealen hervorrief.

      In Laufe der Konferenz wurden auch mehrere Beiträge vorgelegt, die ernsthafte Risiken und Nebenwirkungen von zentral wirksamen Stimulanzien hervorhoben. Nachdem eine Reihe von Vorträgen angehört und zahlreiche Beiträge von Wissenschaftlern studiert worden waren, die über ADHS geforscht hatten, zog das Gremium die Gültigkeit der ADHS-Diagnose mit gutem Grund in Zweifel. Sehr enttäuschend für die Medikationsbefürworter vom NIMH war die Schlussfolgerung in der abschließenden einvernehmlichen Erklärung, die an die Presse verteilt und in der festgestellt wurde, es gebe keine Hinweise darauf, dass eine Gehirnstörung Ursache für ADHS sei.

      Im Jahre 2000 gab es eine ähnliche Erklärung der American Academy of Paediatrics [zu Deutsch etwa: Amerikanische Akademie für Kinderheilkunde], die besagte, dass Gehirnscans und ähnliche Studien keine zuverlässigen Aussagen über Unterschiede zwischen Kindern mit ADHS und Kontrollgruppen machten.4

      Die MTA-Studie von 1999

      Obwohl seit über 50 Jahren einer ständig zunehmenden Zahl von amerikanischen Kindern zentral wirksame Stimulanzien verschrieben werden und ungeachtet der Tatsache, dass viele Kinder diese Medikamente fünf Jahre oder länger nehmen, waren bis vor Kurzem keine Fördergelder des NIMH mit dem Ziel bewilligt worden, die Gefahren der Langzeit-Einnahme von Ritalin und anderen Stimulanzien aufzudecken. Im Jahre 1999 wurde die sogenannte MTA-Studie veröffentlicht (Multimodal Treatment Approach = multimodaler Behandlungsansatz), die Kindern galt, die ein Jahr lang mit Stimulanzien behandelt worden waren. Davor wurden die behandelten Kinder bei den meisten Studien höchstens ein paar Monate beobachtet. Einer der an dieser ersten MTA-Studie maßgeblich beteiligten Forscher, Professor Peter Jenson, äußerte sich folgendermaßen:

      „Wir haben die beste Studie gemacht, die es auf unserem Planeten je gegeben und die Eltern und Lehrern dieser Kinder geholfen hat – und was kam dabei heraus? Es kam heraus, dass die medikamentöse Therapie bei diesen Kindern immer noch die wirksamste war.“5

      Laut Eric Tailer, einem renommierten britischen Kinderpsychiater, war die wichtigste Schlussfolgerung der Studie, dass eine sorgfältig durchgeführte Medikation besser sei als jede andere Behandlung; aufgrund dessen sei zu fordern, dass die medikamentöse Therapie allen Kindern mit ADHS zugänglich gemacht werde.

      Diese erste MTA-Studie war ein Triumph für die Pharmaindustrie und für die Befürworter von Ritalin bei ADHS. Gleichzeitig erwies sie sich als Blamage für die weltweite Gemeinschaft der Kinderpsychiater und als Katastrophe für die steigende Zahl von Kindern, die infolge dieser Studie als „ADHS-Kinder“ abgestempelt und mit Stimulanzien behandelt wurden.

      Das Studienergebnis wurde weltweit publiziert und führte dazu, dass immer mehr Kinder auf der ganzen Welt das Etikett „ADHS“ erhielten und mit zentral wirksamen Stimulanzien behandelt wurden. In mehr als zehn Ländern, die ich besuchte, um Kurse in rhythmischem Bewegungstraining zu geben, habe ich Berichte über eine ständig steigende Zahl von Kindern gehört, die seit dem Jahr 2000 mit zentral wirksamen Stimulanzien behandelt werden.

      Die MTA-Nachfolgestudie von 2007

      Im Jahre 2007 wurde vom selben Forschungsteam eine Nachfolgestudie veröffentlicht. Sie hatte die Kinder, die medikamentös behandelt wurden, über drei Jahre beobachtet.

      Das Ergebnis dieser Studie war für das Forschungsteam eine große Enttäuschung. Einer der wichtigsten Beteiligten, Professor William Pelham, trat bei BBC Panorama, einer investigativen TV-Sendung, auf und erklärte, im Gegensatz zu den Erwartungen des Forschungsteams hätten sich auch nach 36 Monaten Behandlung keinerlei positive Wirkungen eingestellt. Laut Professor Pelham gab es keine Hinweise, dass Medikamente auf lange Sicht besser seien als keine Behandlung, und er betonte, diese Information solle man den Eltern eindeutig klar machen.6

      Laut Professor Pelham zeigte der Bericht, dass die anfänglich guten Behandlungsergebnisse bei den Kindern mit den schwerwiegendsten Problemen vollständig verschwanden, als sie älter wurden. Der Bericht stellte außerdem fest, dass zentral wirksame Stimulanzien das normale Wachstum von Kindern hemmten und dass davon auch das noch wachsende Gehirn beeinflusst werde.

      Zudem veranschaulichte die Studie,