Название | Bleierne Schatten |
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Автор произведения | Erik Eriksson |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783941895522 |
»Genau, ich entscheide selbst, wen ich einstelle. Ich glaube, die Sache geht klar. Willst du mit Verner sprechen?« Margret rief Verner am selben Abend an. Er war nicht zu Hause. Sie rief noch einmal an, keine Antwort. Um halb zwölf erreichte sie ihn.
»Willst du mit mir zusammenarbeiten?«, fragte Margret.
»Erklär, was du meinst«, sagte Verner.
Margret erklärte, Verner hörte zu. Er sagte nichts, stellte keine Fragen. Margret glaubte schon, dass er den Vorschlag zurückweisen würde.
»Wann fangen wir an?«, fragte er.
»Du musst morgen mit Philipsson sprechen, er regelt das mit dem Vertrag und so.«
»Ja, und dann sehen wir uns in der Bondegata.«
»Sollen wir sagen um elf Uhr?«
8.
Sara ging am Montag nicht zur Schule und auch nicht am Dienstag. Sie war in der Stadt, lief herum, aß Hamburger, ging ins Kino. Sie hatte ein bisschen Geld, denn Marika hatte ihr hundertfünfzig Kronen geliehen. Zwei Mal war sie bei PUB und probierte Kleider an. Sie hatte das Teppichmesser in der Hand, schob das Blatt aber nie heraus. Saras Mutter hatte in dieser Woche Nachtdienst. Sie schlief den größten Teil des Tages und schaute dann eine Weile bei ihrer Freundin Ann-Charlotte vorbei. Sie waren Nachbarinnen, kannten sich aus ihrer Jugend, tranken oft ein Glas Wein zusammen und redeten.
Am Mittwoch nach dem Mittagessen ging Sara zur Schule. Sie hatte eine Entschuldigung bei sich, die sie selbst geschrieben hatte. Ihrer Lehrerin waren Zweifel gekommen. Jetzt rief sie Saras Mutter zu Hause an.
War Sara zu Hause geblieben, war sie krank gewesen? Die Mutter schlief, als die Lehrerin anrief. Sie wurde wach, wusste zuerst nicht richtig, welcher Tag es war, hatte einen trockenen Mund. Die Lehrerin wiederholte die Frage.
Denn es war doch wohl Saras Mutter, mit der sie sprach, Christina Larsson?
Ja sicher, ja doch. Sie hatte immer noch einen schrecklich trockenen Mund.
Ja, wie war es denn nun mit Sara?
Ja, also, Sara war wohl einen Tag zu Hause gewesen, oder ein paar Tage.
Ach so, dann hatte also alles seine Ordnng?
Ja, alles war völlig in Ordnung.
Sara kam auch dieses Mal wieder davon. Sie wurde langsam gut darin, Entschuldigungen zu schreiben. Ihre Mutter begriff, dass Sara schwindelte, aber weil sie nun einmal gestresst war und Saras Entschuldigung hatte durchgehen lassen, als die Lehrerin angerufen hatte, fand sie, dass es peinlich wäre, es sich anders zu überlegen. Sara konnte sich weiterhin gefälschte Entschuldigungen schreiben. Es würde noch eine Zeitlang gutgehen.
Der Kerl rief am Mittwochabend an. Er sagte, dass er Sehnsucht nach ihr habe, und dass sie voriges Mal so gut gewesen sei. Er sagte auch, dass es wohl ein Missverständnis gegeben habe; er habe geglaubt, dass sie sich auf zweihundert geeinigt hätten.
Könnte Sara noch einmal zu ihm kommen?
»Ich will dreihundert haben«, sagte Sara.
»Selbstverständlich, meine Kleine«, sagte der Kerl.
Sara gefiel es nicht, wie er das sagte. Sie murmelte etwas Unverständliches und legte auf.
Aber sie ging hin. Und nun lagen drei Hunderter unter der Zeitung auf dem Küchentisch.
Sie fühlte sich eklig, als sie von ihm wegging. Als sie nach Hause kam, wusch sie sich lange die Hände, dann duschte sie und wusch sich noch mehrere Male die Hände.
Ihre Mutter kam gegen zehn Uhr nach Hause. Sara saß vor dem Fernseher. Die Mutter sagte, dass sie sich etwas zu essen nehmen könne, und fragte, ob Sara ihr Gesellschaft leisten wolle. Sie habe eingekauft, es gebe Coca Cola und Zimtschnecken.
Sara sagte, dass sie nicht hungrig sei.
Sie wusch sich wieder die Hände, zum siebten Mal, seit sie nach Hause gekommen war. Aber als sie ins Bett kroch, fand sie trotzdem, dass ihre Hände rochen. Seife half nicht. Sie ging zurück ins Badezimmer und schraubte den Deckel einer Flasche Eau de Cologne ab. Sie spritzte etwas auf die eine Hand und verrieb es. Der Duft war stark.
Am Morgen hing der Geruch noch im Zimmer. Ihre Mutter war wach; es war einer der seltenen Tage, an denen sie gleichzeitig aufstanden.
»Du riechst nach irgendwas«, sagte ihre Mutter.
»Ich habe ein bisschen aus deiner Flasche genommen«, antwortete Sara.
»Das darfst du.« Sara antwortete nicht. Sie hätte ihrer Mutter gerne von dem Kerl erzählt, aber sie tat es nicht. Eine Sekunde lang war sie ganz kurz davor, die Worte lagen ihr auf der Zunge, aber sie ließ sie nicht hinaus.
Am Donnerstagvormittag hatten sie eine Foto-Übung; das war Teil des Kunstunterrichts. Sara und zwei andere Mädchen hatten die Aufgabe bekommen, einige Porträtaufnahmen von Menschen im Gewühl der Straße zu machen. Sie hatten eine Stunde Zeit. Dann sollten sie den Schwarzweiß-Film entwickeln und Abzüge machen. Eine Kamera durften sie sich von der Schule leihen.
Sie gingen hinunter ins Zentrum von Älvsjö. Es war zehn Uhr, der Himmel war bedeckt, aber das Licht war trotzdem ziemlich stark.
Sie wechselten sich mit dem Fotografieren ab. Zuerst fotografierten sie sich gegenseitig, dann fotografierten sie eine ältere Frau, die an der Bushaltestelle vor dem Konsum auf einer Bank saß.
Als Sara an der Reihe war zu fotografieren, kam ihr ein Mann auf dem Bürgersteig entgegen. Er war eher groß, ging schnell, hatte keine Kopfbedeckung, trug eine halblange, dunkelblaue Jacke.
Es war Verner Lindgren. Sara richtete die Kamera auf ihn. Er sah, was sie machte, lächelte sie leicht an, verlangsamte seine Schritte und wartete darauf, dass sie mit dem Zeigefinger auf den Auslöser drückte.
»Ist es was geworden?«, fragte er.
»Ich glaube schon«, sagte Sara. »Aber ich mache noch ein Bild«.
»Tu das«, sagte Verner.
Er blieb stehen und lächelte immer noch. Sara knipste drei Mal, sicherheitshalber.
»Kommt das in die Zeitung?«, fragte Verner.
»Nein, das ist für die Schule«, sagte Sara.
Verner ging. Sara und die Mädchen blieben noch vor dem Konsum stehen, um einige weitere Fotos zu machen.
Verner ging weiter zum Bahnhof, um den Pendelzug zu nehmen.
Er dachte darüber nach, wo er dieses schwarzgekleidete Mädchen schon mal gesehen hatte. Als er an der Rolltreppe ankam, fiel ihm ein, dass er sie vor einiger Zeit gesehen hatte, als sie in den Pendelzug einstieg. Er nahm an, dass sie in der Nähe wohnte.
9.
Als Margret in die Bondegata kam, hatte die Turmuhr der Sofiakirche gerade neun geschlagen. Verner würde gegen elf kommen, aber Margret hatte einiges zu erledigen, bevor er kam, wollte einige Dinge herausfinden.
Waren Lasse Bergmans Verwandte benachrichtigt worden?
Wie lange konnten sie noch in der Wohnung bleiben?
Margret nahm an, dass Verner vielleicht nicht in ein Büro im Polizeigebäude auf Kungsholmen einziehen wollte. Aber irgendwo mussten sie sich aufhalten, wenn sie eine längere Zeit zusammenarbeiten wollten. Konnten sie in der Wohnung bleiben, auch nachdem sie untersucht worden und nicht länger als Tatort abgesperrt war?
Denn Margret betrachtete die Wohnung als einen Tatort, nicht als einen Unfallort. Sie war sich ziemlich sicher, dass es sich um ein Verbrechen handelte, einen Mord.
Aber sie wusste es noch nicht, es war mehr ein Gefühl.
Und dann die Verwandten. Sie wollten vielleicht in die Wohnung, wenn die Polizei ihre Arbeit erledigt hatte, den Nachlass des Toten durchgehen, das Erbe aufteilen.