Название | Trips & Träume |
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Автор произведения | Klaus Fischer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862870196 |
Aber halt, dachte ich plötzlich, die Idee, Fürst zu kontaktieren, war vielleicht doch nicht so abwegig. Dons Engagement hatte es verdient, sich das mal durch den Kopf gehen zu lassen.
Sein Talent zum Manager war nicht von der Hand zu weisen. So schnell, wie er Mark davon überzeugt hatte, dass nur er Dreamlight zum Erfolg verhelfen könne, und dass der Erfolg sich nur unter ihm einstellen würde. Denn er glaube an die Truppe. Er plane übers Festival hinaus, Konzerte, Plattenproduktionen. Das waren seine Worte gewesen. Ich hatte Mark interessiert zugehört, als er mir die Geschichte schilderte. Und dann hatte Don einen richtigen Vertrag aufgesetzt, den alle in der Band unterschrieben.
Er war nun offiziell für die Belange von Dreamlight zuständig. Und das musste ich ihm lassen, für die erste Probe hatte er einiges auf die Beine gestellt. Don hatte mit Köfers Willi geredet, einem Typen um die fünfzig, mit blondem, angegrautem Haar und Buddy-Holly-Brille. Köfers Willi unterhielt direkt neben dem Rats einen Laden für Elektrobedarf. Vorn gab es Lampen, Fernseher und Kühlschränke. Doch weiter hinten, außer Sichtweite seiner Hausfrauenkundschaft, hatte er eine Ecke mit Instrumenten eingerichtet.
Köfers Willi verkaufte keine Gitarren von Fender oder Gibson. Das waren die Marken, die die großen Stars spielten. Auch hatte er keine namhaften Verstärker wie die von Marshall, Vox oder Orange vorzuweisen. Aber er konnte gut erhaltene, gebrauchte Teile besorgen. Gitarren und Bässe wie die von Framus und Ibanez eben, Verstärker wie die von Dynacord und Echolette. Auch wenn es nicht das Profi-Equipment war, handelte es sich dennoch um solide Ware, und was das Wichtigste war – sie war bezahlbar.
Seit dem Ausbruch des Musikfiebers liefen Wills Geschäfte bestens. Laut Don prahlte er damit, dass er kaum mit den Lieferungen hinterherkomme, da schon ein paar andere Bands bei ihm vorstellig geworden seien.
Don und Will hatten schließlich einen Deal getroffen. Und der ging so: Will stellte Dreamlight Instrumente und Verstärker zur Verfügung – auf Kommission. Als Gegenleistung verpflichtete sich die Band, für ihren Gönner Werbung zu betreiben und bei ihren Auftritten (welche Auftritte? Die Band hatte noch nicht mal ein Programm) zwanzig Prozent der Einnahmen an Will abzudrücken, als sogenannten Schuldenabtrag.
Dons Vorgehensweise faszinierte mich. Seine Methoden waren nichts Neues, er hatte sie sich bei den großen Bands abgeguckt. Aber dass er die Chuzpe besaß, diese Strategien in unserem Kaff anzuwenden, imponierte mir.
Led Zeppelin oder die Rolling Stones bekamen ihr Equipment auch kostenlos von den Herstellern. Jimmy Page hatte nie im Leben auch nur einen Dollar für seine Gibson und den Marshall-Turm hingelegt. Wenn Keith Richards eine neue Gitarre brauchte, ließ er bei Fender anrufen und bekam sie persönlich in die Garderobe geliefert. Danke, Herr Richards, es ist uns eine Ehre, dass Sie unsere Instrumente benutzen. So lief das.
Dreamlight waren aber nichts weiter als vier Typen mit Flausen im Kopf. Doch sie hatten Don, und der hatte alles clever eingefädelt.
Selbst Mark profitierte von der Vereinbarung. Er hatte einen Satz neuer Felle bekommen, dazu Trommelstöcke, einen komfortableren Hocker, zwei zusätzliche Becken und eine zweite Hängetom. Nicht zu vergessen die neue Fußmaschine.
Außerdem hatte Don sich verpflichtet, die Gesangsanlage für das Festival sowie das nötige Zubehör bei keinem anderen als Köfers Willi zu leihen.
Für den Anfang war das, was Don geleistet hatte, beachtlich. Er hatte was bewegt. In diesem Licht betrachtet, erschien mir mit einem Mal sein Plan, Pop-Fürst für das Festival zu begeistern, doch nicht so blöd.
»Ich denk darüber nach«, sagte ich. »Ich komm bei dir vorbei, wenn ich diesen Artikel fürs Lokalblatt fertig habe. Dann reden wir über alles, einverstanden?« Er kratzte sich grinsend die Fünftagestoppeln. »Dann muss ich mir also doch keine Matte wachsen lassen und Sartre lesen, damit du mich ernst nimmst.«
Er brummelte noch was von wichtigen Angelegenheiten, rief »Ciao« in die Runde und war durch die schwere Eisentür verschwunden.
»Hey, alle mal herhören«, meldete sich Mark zu Wort, »wenn die Managergespräche beendet sind, kann es weitergehen. Wir wollen das Stück noch einmal probieren. Ich hoffe, ihr seid so weit.«
Ach ja, die gab es ja auch noch. Die Herren Künstler wollten wieder zur Tat schreiten. Würden sie nun endlich die Kuh zum Fliegen bringen?
*
Ich hatte mit meiner Einschätzung gar nicht so falschgelegen.
Wenn Mark das rhythmische Herz von Dreamlight war, dann war Gero das musikalische Hirn der Gruppe.
Er beherrschte ein paar Sachen aus Béla Bartóks »Mikrokosmos«. Aber immer nur die ersten acht Takte, mehr hatte er aus dem Klavierunterricht nicht behalten. Da Skip und Paul in puncto Notierung schwach waren, hatte er ihnen eine Art Tabulatur aufgeschrieben, aus der genau ersichtlich war, wie viele Takte Paul sein Riff und welchen Lauf Skip spielen musste, wann ein Tonart- oder Tempowechsel anstanden.
Sie hatten sich mit ihren Instrumenten und Verstärkern kreisförmig um Marks Schlagzeug aufgebaut. Gero links, Skip und Paul rechts davon. Ich trat in ihre Mitte, sodass mich alle sehen konnten.
»Wollt ihr nur eine Coverband sein, oder was?«, rief ich, bevor sie erneut loslegten. Vorsichtig näherte ich mich Paul und seinem Gitarrenturm.
»Was soll das, seit wann sagst du, wo es langgeht«, knurrte er, »du bist doch hier nur der Tintenquäler!«
»Soll ich in meinen Artikel etwa schreiben, dass ihr nur eine lausige Nachspieltruppe seid?«, provozierte ich.
Mark schaute mich entgeistert an. »Wir spielen ›Atom Heart Mother‹ bloß deshalb, weil es uns allen gefällt.«
»Aber warum keine eigenen Stücke? Euer Krach, den ihr vorhin fabriziert habt, der war eigentlich gar nicht schlecht. Wenn es euch gelingt, den in die richtigen Bahnen zu lenken, dann seid ihr Avantgarde.«
»Mit der Zeit kommen eigene Stücke ganz von selbst«, erwiderte Mark.
Ich kapierte sofort. Der Boss hatte keinen Bock mehr auf Diskussionen. »Okay, ich wollte das nur mal klargestellt haben, dass ich dann auch nichts Falsches in die Zeitung setze«, sagte ich und zog mich aufs Sofa zurück.
Ich zündete mir eine Kippe an, kramte mein Schreibzeug hervor und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Bereit, die Sensation zu notieren. Dass Dreamlight das kommende große Ding des Musikfiebers seien.
Mark hielt die Stöcke in die Höhe. »Können wir weitermachen?«, fragte er in die Runde und zählte, ohne abzuwarten, die ersten vier Takte an.
Dieses Mal funktionierte es.
Da das Stück hauptsächlich auf Orgelharmonien basierte, übernahm Gero die Dirigentenrolle. Jetzt unterbrach er das Spiel, wenn er es für nötig hielt, korrigierte hier, veränderte dort, sprach Lob und immer weniger Tadel aus.
Skip war aus der Kiffergalaxie zurückgekehrt. Er konzentrierte sich, seine schlanken Finger flitzten plötzlich gekonnt über den Hals des Basses und fanden die richtigen Noten.
Paul übertraf sich selbst. Der Knoten hatte sich gelöst, fehlerfrei schlug er das Gitarrenriff auf seinem Brett an. Beim Solo, das noch ausbaufähig war (aber immerhin gelang ihm nun eines), hielt er sich sogar an die vorgegebenen sechzehn Takte.
Mark ließ kurze Wirbel und Paradiddles über die Toms rollen, die Einsätze kamen punktgenau auf die Eins, die Becken krachten im richtigen Moment, sein Kantenschlag war präzise und knackig.
Nach zwei weiteren Stunden und völliger Erschöpfung hatten sie eine Version von »Atom Heart Mother« drauf, die sich hören lassen konnte.
Als der letzte Ton verklungen war, platzte es aus mir heraus. »Wow, wenn ihr so weitermacht, spielt ihr alle an die Wand.«
*
Ich schob die Kreidler auf dem Heimweg und ging neben Mark her. Obwohl fast Mitternacht, war zu dieser fortgeschrittenen Stunde die